Stadtvater Uli Burchardt ist besorgt um den Ruf seiner Heimat. Es tut dem Oberbürgermeister weh, was er auf Konstanz zulaufen sieht. Der 28. Juni dürfte eine Qual für den CDU-Mann werden, denn an jenem Tag wird das Torture Ship in den Bodensee stechen – mit einer Besatzung voller Fetischfreunden.
Konstanz' Image könnte durch die Sadomasosause Schaden nehmen, so Burchardt. Fürchtet er eine Flut von flagellierenden Freaks, die fortan die Ufer des heimeligen 80'000-Einwohner-Orts füllen? Vielleicht, denn auf die Peitschenparty im Juni folgen zwei weitere Erotikereignisse im August: Dann stechen zwei Swingerschiffe in See.
Schuster, bleib bei deiner Leiste, möchte der Veranstalter dem Bürgermeister Burchardt da wohl zurufen. Von einer Verunstaltung des guten Rufs der Stadt könne keine Rede sein, sagt der Verantwortliche mit Blick auf das Torture Ship der Nachrichtenagentur DPA. «Wir fahren seit 17 Jahren mit dem Schiff und jetzt tun alle so, als hätten sie noch nie was davon gehört.»
Auch die Swinger sind nicht zum ersten Mal mit an Bord, versichert Thomas Sigmund. «In den drei Jahren, in denen wir das gemacht haben, gab es keine einzige Beschwerde. Da hat sich nie einer dran gestört.» Dann jedoch bekam eine CDU-Politikerin aus dem nahen Friedrichshafen Wind von der frivolen Veranstaltung und rümpfte die Nase: «Unanständig», lautete ihr Urteil.
Das ist Wasser auf den Mühlen von Parteikollege Burchardt, der gar nichts gegen Sadomaso hat, sondern nur gegen kommerzielle Ausbeutung. Sagt er. In einer Pressemitteilung. «Gegen reine Partyveranstaltungen, gleich welcher sexueller Gesinnung oder Orientierung, habe ich weder jetzt noch künftig in irgendeiner Weise etwas einzuwenden.»
Aber weil die Betreibergesellschaft der MS Schwaben der Stadt gehört, sorge er sich um das «Geschäftsmodell eines der grössten Touristikanbieter in Baden-Württemberg». Kopfschmerzen bereite ihm auch gar nicht das Torture Ship, sondern bloss die Swingerschiffe. Der Betreiber konnte dem Politiker seine Wünsche aber nicht erfüllen: Die Verträge für dieses Jahr müssten eingehalten werden.
Zumindest dieses Jahr heisst es also: Leinen los, Lustmolche! Wer nun aber erwartet, in den Untiefen der Sinnlichkeit zu stranden, könnte Schiffbruch erleiden. Zumindest das Torture Ship ist laut Veranstalter eher eine Party mit «erotischem Charakter». Die meisten der 600 Gäste kämen zum Tanzen, nicht zum «Tätschen». Liegeflächen gebe es keine, so der Organisator, der sich aber auch nicht darauf festnageln lassen will, dass es an Bord nicht doch mal zum Verkehr kommt.
Verkehr hin, Vertrag her: Uli Burchardt und Thomas Sigmund werden wohl keine Busenfreunde mehr werden. Letzterer nimmt dem CDU-Mann beispielsweise übel, dass er gegen seinen Swingerstrom schwimmt, gleichzeitig aber Schirmherr des CSD sei. «Dann müsste man auch fragen: Ist der Christopher Street Day eine Sexveranstaltung? Da kommen die Leute auch in Tangas und knapp bekleidet.»
Eigentlich ist weder das eine noch das andere der Untergang der abendländischen Kultur und der geneigte Genussmensch wird sich trotzdem fragen, ob die eigentlich alle noch auf dem richtigen Dampfer sind. Welcher Kurs in so einer Lage eingeschlagen werden sollte, weiss Friedrich der Grosse: «Jeder soll nach seiner Façon selig werden». Auch wenn's weh tut.