Zwei 21-jährige Studenten wollen in Sachen Ausgang im Zürich etwas anderes machen? Ist das nicht eigentlich Blasphemie? Fragen Sie mal, lieber Leser: Ich bin 38 Jahre alt, der Stammbeiz-Typ und kann es kaum beurteilen.
Dennoch haben mich diese beiden Jungspunde neugierig gemacht. David Vuckovic und Jeya Sinnarasa haben das Partylabel «sin90» gegründet und wollen es etwa vier Mal im Jahr krachen lassen. Premiere ist am 3. Oktober (siehe Infobox).
Was bitteschön ist so anders an ihrem Konzept? David Vuckovic stand Rede und Antwort.
Die Club-Dichte in Zürich ist ja nun nicht gerade gering. Wieso also ein weiteres Partylabel?
Es gibt so viele verschiedene Clubs und Bars, die aber nur ihre eigene Szenen repräsentieren. Man geht in einen Club um Elektro, Hip-Hop oder Deep-House zu hören, wobei man eigentlich immer weiss, was man von dem Abend etwa erwarten kann. Die Leute sind dann meistens nur in einer Szene, zu einer Vermischung kommt es nicht. Man sieht immer die gleichen Gäste. Das finden wir schade.
Geht das auch konkreter?
Du hast Musik, den DJ und die Leute, aber nicht viel Deko und kaum Special Effects. Bei wenigen Partys wird Wert auf Show gelegt.
Woher habt Ihr Eure Ideen?
Ich bin auf eine Weltreise gegangen und war unter anderem in Hongkong und Peking, wo der Ausgang überraschend gut war. Zuletzt bin ich mit einigen Freunden mit einem Interrail Ticket durch Europa gereist, wobei wir den Ausgang in mehreren europäischen Städten vor Ort erleben konnten. Dabei haben wir festgestellt, dass in jeder Stadt das Nachtleben etwas Besonderes zu bieten hatte – was wir aus Zürich nicht kannten.
Wie feiert man denn so auf der Welt?
In Peking ist mir vor allem aufgefallen, dass der Alkoholpegel sehr hoch war. Es wird viel mit Licht gearbeitet, die Einheimischen selbst sind sehr aufgestylt und nicht so verschlossen wie tagsüber. Viele Partygäste sind aus der Oberschicht und werfen in den Clubs mit Geld nur so um sich. Dabei gehören Champagnerduschen und Ähnliches zum Standardprogramm
Und in Europa?
In Budapest haben sie eine Spa-Party veranstaltet, was man hier so nie sehen würde. Oder in Wien, wo wir den besten Ausgang hatten – an einem Dienstag. Es gab Lichtshows, eine Tanzfläche mit Hip-Hop und eine mit Schlager, also völlig verschiedene Musikrichtungen. Die Veranstalter sind offener und wollen den Leuten etwas bieten. Ausserdem haben wir noch Prag, Köln und Paris besucht.
Waren denn die Partys in Nachbars Garten immer besser?
Es gab fast keine schlechten Partys, aber uns sind auch einige negative Kleinigkeiten aufgefallen. In Paris zum Beispiel wird extrem auf weibliche Begleitung und angemessenes Schuhwerk geachtet. Natürlich gibt es in Zürich auch Clubs und Events, bei denen ein möglichst grosser Frauenanteil angestrebt wird oder ein gepflegtes Aussehen der Gäste wichtig ist. Aber man kann das unserer Meinung nach auch übertreiben.
Und wie macht Ihr es?
Wir achten darauf, dass nicht nur eine bestimmte Szene Einlass findet und wenn der Türsteher denkt, dass jemand nicht hineinpasst, erklärt er ihm, warum er drinnen wohl keinen Spass haben würde. Und wenn sie dann noch rein wollen, ist das auch okay.
Bei der Musik habt Ihr Euch ein Vorbild an Wien genommen und spielt Verschiedenes?
Das Warm-Up machen wir mit Reggaeton und R'n'B. Zur Stosszeit spielen wir eher bekannte House- und Elektro-Stücke, enden wird es mit Hip-Hop-Classics.
Ein Wort zum Ort des Geschehens, dem Club Enge?
Wir wollten einen Club ohne einen Stempel, und die Location ist wichtig für unsere special effects. In Zürich-Enge können wir wegen der Raumhöhe nicht mit Feuer arbeiten, aber dafür gibt es mehrere Beamer, die wir einsetzen. Für kleine Filme, aber auch für unseren Countdown.
Worum geht's?
An den Partys werden wir einen Countdown mit viel Vorlauf an die Wand projizieren. Wir wollen Spannung aufbauen. Wenn der Countdown nach vielleicht 40 Minuten vorbei ist, passiert etwas.
Und zwar ... ?
Das geht von Showelementen bis zu Verpflegung. Wir finden, dass so etwas in Zürich fehlt und ich glaube, dass deshalb die Leute auch immer später in den Ausgang gehen. Es fängt schon mit kleinen Dingen an – so wie dem Begrüssungsdrink, den wir in Prag bekommen haben.
Ihr habt Euch ja ganz schön hohe Ziele gesetzt!
Es ist natürlich ein Prozess. Wir fangen mit der ersten Party und special effects an, aber es wird jetzt sicher keiner sagen: «Das ist Las Vegas!» Was wir im Programm haben, ist schon sehr gut – und danach wollen wir immer ein bisschen besser werden.
Ist das Ganze auch ein finanzielles Wagnis?
Auf jeden Fall. Wir sind Newcomer, haben von niemandem Geld bekommen und unsere eigenen Ersparnisse hineingesteckt. Aber wenn du dir sicher bist, dass es funktioniert, machst du das auch gern.
Transparenz: Der Autor hat keine persönlichen Verbindungen zu Vuckovic oder Sinnarasa.