Wie uns Hollywood mit immer mehr Superhelden-Filmen zu therapieren versucht – und wir die Medizin willig schlucken
Hat es denn nie ein Ende?
Soeben lief der Superhelden-Streifen «Avengers: Age of Utron» an. Kurz zuvor erschien auf Netflix die Serie «Daredevil».
Alleine im Jahre 2014 wurden mit «Captain America: The Winter Solder», «The Amazing Spider-Man 2»,«X-Men: Days of Future Past»,«Guardians of the Galaxy» und «Teenage Mutant Ninja Turtles» fünf der immergleichen Comic-Verfilmungen veröffentlicht. 
2015 drohen uns mit «Ant-Man» und «Fantastic Four» zwei weitere. 2016 werden es gar deren neun sein.
Neun!
Hinter vorgehaltener Hand wird es schon lange gemunkelt: Leidet die amerikanische Volksseele, boomen zwei Dinge: die Kosmetikindustrie und Filme mit Superhelden. Wertet man die Daten der Wikipedia-Seite «List of American superhero films» aus, wird wenigstens das zweite Gerücht durchaus gestützt:
Während nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York die Trümmer des World Trade Centers weggeräumt wurden, kümmerte man sich im fernen Hollywood um die Verletzungen der amerikanischen Volksseele: die Studios kurbelten die Produktion von Superhelden-Streifen an – ein altbewährtes Mittel, das man bereits gegen den Vietnam-Kriegs-Kater eingesetzt hatte:
Wer nun an einen selbstlosen Akt aus Hollywood glaub, der irrt. Die Filmstudios schlagen enormen Profit aus der Therapie auf Zelluloid. Seit 2002 blieben die Einnahmen mit dem Genre nur gerade in den Jahren 2009 und 2010 unter der Milliardengrenze.
Im Rekordjahr 2012 spielten die fiktiven Helden gar mehr als 3.5 Milliarden ein. «The Avengers» wurde erfolgreichster Film des Jahres, «The Dark Knight Rises» erreichte weltweit Platz drei.
Weltweit?
Ja. Weltweit. Denn es scheint, als würde Hollywood in dieser verwirrenden und verunsichernden weltpolitischen Lage langsam auch global zum akzeptierten Therapiezentrum avancieren.
Im vergleich zu «normalen» Hollywood-Filmen wie «Avatar», «Titanic» oder «Furious 7» erzielen die Comic-Verfilmungen zwar immer noch einen deutlich höheren Anteil des Umsatzes im Heimmarkt, die letzten beiden Jahre haben aber gezeigt: Captain America und Co. sind auch im Ausland sehr beliebt.
Es gibt durchaus Zeichen, dass die Superheldenmania schon bald zu Ende sein könnte. Stimmt die Superhelden-Therapie-Theorie allerdings, dann ist aufgrund der politischen Weltlage zu befürchten, dass uns der Zenit dieses mit der Zeit doch etwas langweiligen Genres noch bevorsteht.
