Stopfleber: Warum die Schweiz über ein Importverbot diskutiert
Der wahre Preis von Foie gras ist Tierleid
Die Herstellung von Foie gras ist in der Schweiz seit über vierzig Jahren verboten. Dennoch findet importierte Stopfleber auch hierzulande weiterhin ihren Weg auf den Teller, vor allem zu besonderen Anlässen und rund um die Feiertage zum Jahresende. Was dabei oft ausgeblendet wird, ist die grausame Realität der Produktion: Tiere leiden unter tierschutzwidrigen Haltungsbedingungen, werden zwangsweise gestopft und nach nur wenigen Monaten getötet.
Beim Stopfen werden Enten oder Gänse mehrmals täglich zwangsgefüttert. Dabei wird ihnen gewaltsam ein Rohr in die Speiseröhre gestossen, durch das in kurzer Zeit grosse Mengen energiereichen Futters in den Magen gepresst werden – bis zu sechsmal mehr als ihre natürliche Futterration.Die Folgen sind gravierend: innere Verletzungen, Atemprobleme und dauerhaftes Leiden. Die Tiere leben oft in engen Käfigen, unfähig sich zu bewegen, mit leerem Blick. Ein Anblick, der kaum mit der Vorstellung eines festlichen Essens vereinbar ist. Das Stopfen endet erst, wenn die Leber krankhaft angeschwollen ist und ihr natürliches Mass um ein Vielfaches übersteigt.
«Foie gras ist kein Festtagsprodukt. Es ist das Ergebnis eines zutiefst grausamen Prozesses, der jegliches Tierwohl negiert», erklärt Nicolas Röschli, Kampagnenleiter bei VIER PFOTEN in der Schweiz.
Gibt es ethisches Foie gras?
Kurz gesagt: nein. Ethisches Foie gras gibt es nicht. In Frankreich ist das schmerzhafte Stopfen gesetzlich vorgeschrieben, wenn ein Produkt als «Foie gras» verkauft werden soll. Auch biologisches Foie gras existiert nicht, denn die Bio-Regelungen der EU verbieten das Stopfen ausdrücklich.
Trotzdem wirbt die Foie-gras-Industrie mit Labels. Zu den bekanntesten gehören «Label Rouge», eine französische Zertifizierung für Produktqualität, sowie die geschützte geografische Angabe «Canard à foie gras du Sud-Ouest», die lediglich die Herkunft aus Südwestfrankreich garantiert. Beide Labels sagen nichts über das Tierwohl aus – im Gegenteil: Sie setzen das Stopfen voraus.
Für Feste ohne Leid: Traditionen neu denken
Feiern ohne Grausamkeit ist möglich. Wer auf Foie gras verzichten möchte, findet heute zahlreiche Alternativen. Dazu gehören pflanzliche Varianten wie «Faux gras» oder «Noix gras» ebenso wie Produkte von nicht gestopften Tieren, etwa «Foie fin», «Happy foie» oder «Foie d’oie».
Was sie gemeinsam haben: Geschmack entsteht hier nicht durch Leid, sondern durch sorgfältige Zubereitung, typische Gewürze und hochwertige Fette. «Eine Alternative zu wählen, bedeutet Empathie zu zeigen und sich gleichzeitig etwas Gutes zu tun. Es ist ein positiver Schritt, der verbindet statt trennt», betont Nicolas Röschli.
Doch individuelle Entscheidungen allein reichen nicht aus - auch die Politik ist gefordert
Mit der eidgenössischen Volksinitiative «Ja zum Importverbot für Stopfleber (Stopfleber-Initiative)», die im Dezember 2023 eingereicht wurde, soll die Einfuhr von Foie gras in die Schweiz verboten werden.Als Reaktion darauf hat das Parlament einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet, über den derzeit beraten wird. Dieser Gegenvorschlag setzt zunächst auf Transparenz statt auf ein sofortiges Verbot. Seit dem Sommer gilt eine Deklarationspflicht für Produkte aus «Stopfen». Konsumentinnen und Konsumenten sollen damit klar erkennen können, wie Foie gras hergestellt wird. Der Gegenvorschlag sieht vor, die Entwicklung der Importmengen zu beobachten und bei Bedarf weitergehende Massnahmen bis hin zu einem Importverbot zu prüfen.
VIER PFOTEN unterstützt diesen Ansatz grundsätzlich, fordert jedoch klare und verbindliche Regeln. Tierschutz darf sich nicht mit halben Lösungen zufriedengeben. Notwendig sind ein transparentes Monitoring mit jährlichen Berichten sowie eine messbare Reduktion der Importe. Abgelehnt werden wirkungslose Massnahmen wie zeitlich begrenzte Importausnahmen, etwa vor Weihnachten, oder Labels, die das Tierleid nicht reduzieren, sondern legitimieren. Stattdessen setzt sich VIER PFOTEN für umfassende Informationskampagnen, gut sichtbare Deklarationen und die gezielte Förderung tierfreundlicher Alternativen ein.
Es ist Zeit, Traditionen neu zu denken. Genuss muss nicht auf Kosten von Tierleid gehen. Traditionen verändern sich – und sie können mit Respekt wachsen. Wer sich für Alternativen entscheidet, zeigt, dass Feiern auch mit Mitgefühl möglich ist.
