Viele Kantone versteigern tiefe oder ganz besondere Auto- und Töff-Kontrollschilder, zum Beispiel 11'111 oder 303'303. Diese sind heiss begehrt, wie ein Blick auf die Auktionsplattform des Kantons Aargau beim Strassenverkehrsamt zeigt. Derzeit sind dort 11 Auto- und acht Töff-Nummernschilder im Angebot. In der Auktion, die bis zum 14. Juli läuft, wurden (Stand 17 Uhr am 9. Juli) für die Autonummer AG 1702 bereits 10'600 Franken geboten.
In der letzten Auktion, die am 30. Juni zu Ende ging, erzielte die Nummer AG 2012 stolze 15'200 Franken. Dieses Geld kommt der Kantonskasse zugut. Ob das so bleibt, ist aber unklar, wie ein sympathischer, aktueller Vorstoss deutlich macht.
Dabei geht so eine Nummer damit nicht ins Eigentum des Steigerers über. Er oder sie bekommt sie (wie alle Nummernschilder) nur leihweise, sie bleiben im Besitz des Kantons. Das ist auch der Grund, dass Private eine besonders tiefe Nummer nicht einfach verkaufen dürfen. Hingegen darf man sie in der Familie (aber nur in direkter Linie) oder innerhalb des Geschäfts weitergeben.
Weil jedes Jahr Menschen aus dem Aargau wegziehen, ohne Nachkommen versterben oder das Auto aufgeben, hat der Kanton immer von neuem eine fast unerschöpfliche Quelle an tiefen Nummernschildern. Wer mitsteigern will, beispielsweise weil sein Jahrgang angeboten wird, kann sich – wenn er oder sie mindestens 18jährig ist – auf der Plattform des Kantons registrieren (mit Name und Adresse). Man kriegt dann eine 6-stellige Pin-Nummer und kann sich einen Auktionsnamen geben. Mitbietende sehen übrigens nur den Auktionsnamen des erfolgreich Bietenden.
Kann es da schon mal passieren, dass jemand in der Hitze des Gefechts zu viel bietet und die Nummer dann nicht bezahlen kann? Ja, das gebe es, bestätigt Johannes Michael Baer, Leiter des kantonalen Strassenverkehrsamtes in Schafisheim. Allerdings mache man allen Interessenten von Anfang an klar, dass ihr Gebot rechtsverbindlich ist und sie das ersteigerte Schild bezahlen müssen. Allfällige Spassbieter sollten sich also sehr warm anziehen.
Nur in Ausnahmesituationen suche man eine Lösung, etwa, als ein junger Erwachsener unbedingt die Nummer mit den Geburtsdaten seines Vaters wollte. Der Preis stand am Schluss so hoch, dass er nicht mehr zahlen konnte. Da schaute man, ob der Zweitbietende die Nummer noch wollte.
Baer: «Eine Umtriebsentschädigung und die Differenz zum Nächstbietenden (sofern dieser das Schild nimmt) muss der Steigerer auf jeden Fall bezahlen. Aber eben, ein Gebot ist rechtsverbindlich, deshalb machen wir sowas nur in absoluten Ausnahmesituationen.»
Auktionen finden im Aargau im Internet alle zwei Wochen statt. Baer freut sich jetzt schon auf eine Auktion nach den Sommerferien. Da hält er zwei Filetstücke bereit: AG 555'555 und AG 55. Ob daraus eine neue Rekordsumme resultiert?
Wer ein Fahrzeug anmeldet, bekommt halt einfach irgendeine Nummer. Derzeit die höchste Nummer, die im Aargau zu vergeben ist, ist AG 571'500. Mehrere tausend neue Autonummern werden pro Jahr hier in Umlauf gebracht. Anders als beispielsweise der Kanton Genf, der die Schilder fortlaufend austeilt und deshalb bereits über 800'000 angelangt ist, vergibt das Aargauer Strassenverkehrsamt zurückgebrachte Nummern erneut.
Alle paar Monate vergibt das Strassenverkehrsamt einfach so Nummern unter 500'000. Baer: «Wer so eins bekommt, hat jeweils eine Riesenfreude, und es spricht sich sofort herum. Innerhalb von wenigen Stunden bilden sich dann lange Schlangen vor unseren Schaltern mit Leuten, die ihr Schild gegen eine tiefere Nummer eintauschen wollen. Sie sind bereit, dafür auch das Geld für einen neuen Fahrzeugausweis und neue Schilder auszugeben.»
Diese Aktionen bringen allerdings dem Strassenverkehrsamt nicht nur Freude. Denn in den letzten Jahren musste es Personal reduzieren. Wenn jetzt vorab wegen Corona (wo viele Menschen vom öffentlichen auf den Privatverkehr umgestiegen sind) wieder deutlich mehr Leute ein Fahrzeug einlösen, kann es vor den Schaltern zu Wartezeiten bis 50 Minuten kommen.
Das erlebte vor einigen Tagen gar ein Regierungsrat, der korrekt in der Schlange stand wie alle anderen auch. In solchen Situationen könne er aber nicht mehr tun, so Baer, als alle Schalter zu öffnen.
Die Einnahmen aus der Versteigerung von Nummernschildern für Autos und Motorräder fliessen seit jeher vollumfänglich in die Kantonskasse. Damit sind jetzt aber nicht mehr alle einverstanden. Künftig soll dieses Geld in einen eigenen Fonds einbezahlt werden, um damit Projekte für die Sicherheit der Kinder im Strassenverkehr zu finanzieren. Das fordern mehrere Grossrätinnen und Grossräte von SVP, FDP und Die Mitte in einer in der letzten Sitzung vor der Sommerpause eingereichten Motion.
Roland Vogt (SVP), Sprecher der Motionäre, verweist darauf, dass in den meisten Kantonen diese Einnahmen wie im Aargau in die allgemeine Staatskasse fliessen. Damit nehme allein der Aargau jährlich mehrere 100'000 Franken ein. Dieses Geld stamme aus dem Strassenverkehr und solle dorthin zurückfliessen, wie es in den Kantonen Thurgau und Solothurn geschehe. Jenes Geld geht zweckgebunden in Strassenprojekte.
Der Aargau soll noch einen Schritt weitergehen und gezielt einen Fonds einrichten, fordern die Motionäre. «Von dem Geld sollen die Jüngsten und Schwächsten im Strassenverkehr, die Kinder, profitieren können. Die Einnahmen sollen gezielt in den Ausbau von sicheren Strassenüberquerungen, Beleuchtungen, sichere Schulwege, Veloverkehrsgärten, in die Prävention an den Schulen oder in ähnliche Projekte investiert werden.»
Von Regierungsseite habe er noch kein Signal aufgefangen, wie diese zum Vorstoss steht, sagt Roland Vogt. Ansonsten habe er schon viele positive Reaktionen erhalten, auch von politisch linker Seite. Er hofft, dass der Vorstoss im Kantonsparlament mehrheitsfähig ist.
Der Aargau hat vor einigen Jahren zusätzlich bisher im Kantonsbesitz befindliche, besonders tiefe Nummern verkauft, um einen Beitrag zur Sanierung der Kantonsfinanzen zu leisten. Die 10 tiefsten Nummern – also auch AG 1 – gehören aber immer noch dem Kanton. Angesichts dessen, dass jemand für «ZG-10» 233'000 Franken bezahlt hat, könnte doch auch der Aargau seinen Steigerungserlös noch verbessern?
Da winkt Vogt – von Beruf Polizist – ab: «Wir müssen nicht alles verkaufen. Die tiefsten Nummern sollen beim Kanton und bei der Polizei bleiben. Es reicht, wenn der Kanton regelmässig drei- und vierstellige Nummernschilder versteigert, das finde ich gut.»
Nicht selten würden ja für ein tiefes oder ein bestimmtes Kontrollschild von Interessierten freiwillig mehrere tausend Franken bezahlt. Tiefe Kontrollschilder oder auch spezielle Zahlenkombinationen stossen bei den Automobilisten denn auch auf grosses Interesse und Beliebtheit, weiss Vogt: «Das dürfte so bleiben. Es wäre doch schön, wenn die Kinder als schwächste Verkehrsteilnehmer künftig davon profitieren könnten.
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El Vals del Obrero
Der Steuerzahler oder Staatshaushalt profitiert ja davon. Von dem her trotzdem begrüssenswert.
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