Ein Schuh sorgt für Wirbel – genauer: der neue Kampfstiefel der Schweizer Armee. Dieser wird laut Recherchen der «Rundschau» in Rumänien genäht, die Arbeiterinnen der Fabrik erhalten hierfür allerdings gerade einmal 300 Franken pro Monat oder weniger als zwei Franken die Stunde. Viele nehmen Kredite auf, um sich und die eigene Familie über Wasser halten zu können.
Für Adrian Amstutz (SVP) ist klar: «Es sind die politischen Mehrheiten im Land, die den Beschaffungsbehörden diese widersinnige und für die Inlandproduktion schädliche WTO-Beschaffungs-Perfektion vorschreiben.»
Die Politik der Schweiz wolle Musterknabe sein bei der Umsetzung der WTO-Regeln, wodurch die Beschaffungsbehörden zu diesem Vorgehen gezwungen würden, so Amstutz.
Auch kritisiert er jene, die sich nun über den Beschaffungsprozess ärgern: «Es sind genau die gleichen Kreise, die jetzt aufheulen, die das Armeebudget immer mehr kürzen wollen.»
Dem widerspricht SP-Nationalrat Matthias Aebischer: «Die Bürgerlichen haben das Armee-Budget gegen unseren Willen auf fünf Milliarden Franken im Jahr erhöht. Geld ist also genug vorhanden. Dass unsere Soldaten Stiefel tragen, welche von Arbeiterinnen mit einem Stundenlohn von zwei Franken zusammengenäht werden, ist ein Skandal.»
Grundsätzlich wolle er weder Holzfenster aus Tschechien im Bundeshausteil des VBS noch Stiefel in der Schweizer Armee, welche in Rumänien mit Hungerlöhnen hergestellt werden. «Die obersten Armeeverantwortlichen müssen endlich handeln und die Beschaffung auch im Detail überprüfen lassen», so Aebischer.
Auch in den Kommentarspalten auf watson wurde heftig gestritten. Viele Kommentare kritisierten jene, die sich über die tiefen Löhne ärgerten, selbst aber billige Sneakers oder Kleider tragen.
So etwa auch Kommentator «Beanie»: «Jeder kauft seinen Elektronik-Mist aus China und das Hühnerfleisch auch. Hauptsache billig, billig, billig ... und jetzt hier einen auf dicke Hose machen, wenn die Armee die Schuhe in Rumänien fertigen lässt ... eine Heuchelei sondergleichen ...»
«Entenmann» sieht gar kein Problem in der Beschaffung der neuen Schuhe: «Mindestlohn eingehalten, Steuergelder wirtschaftlich eingesetzt. Problem wo?»
Anders sieht dies User «Chu di nume!»: «Es gibt in der Schweiz viele kleine Schuhmanufakturen.» Den Bürgern wolle man vorschreiben, wo sie einzukaufen haben, aber Militärschuhe lasse man in einem der ärmsten Länder in Europa herstellen. «Einfach nur widerlich.»
Weiter geht «Benot». Er warnt vor einem Krieg im Umland: «Was machen wir im Kriegsfall, wenn die Rumänen nicht mehr liefern? Barfuss in den Kampf?»
«thierry_haas» sieht Handlungsbedarf: «Die Armasuisse muss dringendst reformiert werden, genau wie die Beschaffungsgesetze.» Selbst in den USA – einem liberalen Staat – müssten nahezu alle militärischen Einkäufe über amerikanische Firmen abgewickelt werden, die zu einem hohen Teil in den USA produzieren müssen.
In vielen Kommentaren drückte sich auch das Dilemma aus, in dem sich die Armee bei der Beschaffung womöglich befunden haben könnte. So habe sie laut «Too Scoop» in diesem Fall nichts richtig machen können.
«Wären die Schuhe teurer beschafft worden, wäre die Kritik in die andere Richtung geschossen. Man gäbe zu viel Geld aus etc. Was nun besser ist, kann ich nicht beurteilen, es ist ein Dilemma.» Seiner Argumentation stimmten viele watson-User zu. (blu)