«7 Biere, 82 Einheiten Spirituosen, 10 Flaschen Weisswein, 12 Flaschen Rotwein, 9 Zigarren»: Es waren eindrückliche Mengen, die 22 Berufsmilitärs und 6 Gäste an einem Abend im Sommer 2014 im Panixerstübli in Elm GL konsumierten. Die Rechnung visierte Daniel Baumgartner, der damalige Chef der Logistikbasis der Armee (LBA), der ebenfalls am Anlass teilgenommen hatte. Dies geht aus einer Administrativuntersuchung hervor, welche der Tages-Anzeiger im vergangenen November publik machte.
Ein Disziplinarverfahren gegen Baumgartner kam danach zum Schluss, dass dieser sich im Zusammenhang mit Spesenabrechnungen zwar «ungeschickt», «sorgfaltswidrig» und in einem Fall sogar «rechtswidrig» verhalten hat. Doch zu einem Strafverfahren kam es nicht. Der damalige Verteidigungsminister Guy Parmelin (SVP) sprach dem 2016 zum Korpskommandanten beförderten Baumgartner im vergangenen Jahr sein Vertrauen aus.
Anfang April 2019 gibt der Bundesrat bekannt, dass sich Baumgartner aus der Armeeführung zurückzieht. Nach der Spesenaffäre galt seine Autorität armeeintern als angeschlagen. Kurz darauf ernennt ihn die Regierung zum Verteidigungsattaché in Washington DC, wo er der Schweizer Botschaft angeschlossen sein wird. Dort erhält Baumgartner mit Verweis auf eine Sonderbestimmung der Personalverordnung weiterhin seinen bisherigen Korpskommandanten-Lohn von jährlich knapp 300'000 Franken. Normalerweise verdient ein Verteidigungsattaché 189'635 Franken im Jahr.
Nach der sechsmonatigen Ausbildung zum Verteidigungsattaché wird der 57-jährige Baumgartner am 1. Juli 2020 seinen Posten in Washington antreten. Verbleibt er die für einen Verteidigungsattaché üblichen vier Jahre in den USA, wird Baumgartner danach direkt in Pension gehen. Als Berufsmilitär gilt für ihn grundsätzlich das Pensionsalter 60 Jahren. 2017 hob der Bundesrat diese Frühpensionierungsregel zwar auf – Baumgartner ist von dieser Änderung jedoch aufgrund seines Alters nicht betroffen.
Der Bundesrat macht sich mit der Personalie Baumgartner nicht nur beim Lohn angreifbar, sondern auch wegen der Pensionierung direkt nach dem Einsatz in Washington. Sie steht in direktem Widerspruch zu Zusicherungen, welche der Bundesrat 2007 nach massiver Kritik am System der Verteidigungsattachés durch die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats (GPK-N) abgegeben hatte.
Die GPK hatte im Mai 2006 nach einer ausführlichen Inspektion festgehalten, dass VBS und Armeeführung «die Notwendigkeit des Systems der Verteidigungsattachés nicht überzeugend aufzeigen» konnten. Die GPK stellte «den konkreten Mehrwert der Tätigkeit der Attachés» in Frage. Das System in der heutigen Form werde den Herausforderungen der Schweiz auf sicherheitspolitischem Gebiet nicht gerecht, so das Fazit.
Positiv hob die GPK das Rekrutierungs- und Ausbildungssystem hervor, das von «sehr guter Qualität» sei. Einige Jahre zuvor seien häufig Berufsoffiziere am Ende ihrer Laufbahn auf Verteidigungsattachéposten versetzt worden, «als Dank für geleistete Dienste oder weil man keinen anderen Einsatz für sie fand», rief die GPK in Erinnerung. Diese «Politik der Abstellgleise erster Klasse» sei «dem Ruf der Verteidigungsattachés abträglich» gewesen und «lebe in der öffentlichen Wahrnehmung nach wie vor weiter».
Obwohl sie die Fortschritte hervorstrich, stellte die GPK fest:
2007 lieferte der Bundesrat einen ausführlichen Bericht als Antwort auf die Kritik der GPK ab. Der Verteidigungsattaché-Dienst erbringe einen wichtigen Nutzen, der nicht durch andere Stellen erbracht werden könne, hielt er fest. Doch er ging auch auf die Kritik ein und verwies auf «umgehend eingeleitete Massnahmen».
Der Bundesrat unterstrich, dass die Rekrutierung bei allen angehenden Verteidigungsattachés ungeachtet von Rang, vorhergehender Funktion und Erfahrung gleich ablaufen müsse. Der Bundesrat nahm Abstand von erstmaligen Ernennungen von Berufsoffizieren zu Verteidigungsattachés kurz vor der Pensionierung:
Entsprechend sei «auf den Ersteinsatz von Personen kurz vor der Pensionierung zu verzichten, da ihre Erfahrungen nach der Rückkehr der Bundesverwaltung nicht mehr zur Verfügung stehen.» Genau das trifft bei Baumgartner aber zu.
«Es wirft natürlich Fragen auf, wenn der Bundesrat der GPK gegenüber das eine verspricht, und dann bei einer schwierigen Personalentscheidung das Gegenteil davon tut» sagt GPK-Mitglied und SP-Nationalrat Cédric Wermuth. Die Versetzung Baumgartners nach Washington stehe im Widerspruch zu den Zusicherungen des Bundesrats von 2007.
Zu den Aufgaben der GPK gehöre die Oberaufsicht über die Personalführung in der Bundesverwaltung: «Wir haben die Pflicht, dem Bundesrat auf die Finger zu schauen. Wir werden uns das sicher anschauen.» An einer der nächsten GPK-Sitzungen soll Verteidigungsministerin Viola Amherd (CVP) erklären, wie der Entscheid zustandegekommen ist.
Einer, der Amherd bereits zum Thema befragt hat, ist Grünen-Nationalrat Balthasar Glättli, Mitglied der Sicherheitspolitischen Komission (SiK). Dass der Bundesrat sein Versprechen von 2007 bricht, empfindet er als «problematisch ». In diesem Fall hätten zwar auch teilweise nachvollziehbare, andere Überlegungen eine Rolle gespielt: «Aber ich hoffe sehr, dass das Beispiel keine Schule macht», sagt Glättli.
An der Kommissionssitzung vom Montag habe Viola Amherd Auskunft zum Fall Baumgartner gegeben, etwa zur Entscheidfindung im Bundesrat und zu den im Personalrecht vorgesehenen Möglichkeiten. Viele offene Fragen hätten geklärt werden können, fasst Glättli den Auftritt Amherds mit Verweis aufs Kommissionsgeheimnis zusammen.
Auf Anfrage von watson verteidigt man beim Verteidigungsdepartement VBS die Versetzung Baumgartners als regelkonform. Das Auswahlverfahren sei gemäss den «Weisungen des VBS für die Vorbereitung von Ernennungen von höheren Stabsoffizieren zuhanden des Bundesrates», sagt VBS-Sprecher Lorenz Frischknecht. Baumgartner durchlaufe ordnungsgemäss die halbjährige Ausbildung zum Verteidigungsattaché.
Nur ausweichend beantwortet wird die Frage, weshalb Baumgartner nach Washington beordert wurde, obwohl er danach nicht mehr in die Verwaltung zurückkehrt. «Im vorliegenden Fall zählen die Erfahrungen, die Korpskommandant Baumgartner in seiner neuen Funktion zur Geltung bringen kann», erklärt Frischknecht. Er verweist auf das speziell anspruchsvolle Anforderungsprofil für den Attachéposten in Washington: «Herr Baumgartner bringt unter anderem aufgrund seiner Aus- und Weiterbildung, seiner Leistungen und seiner Erfahrung die besten Voraussetzungen und Kompetenzen in diese Funktion mit.»
Bei der Ernennung Baumgartners hätten politische Überlegungen keine Rolle gespielt: «Die Versetzung erfolgte im Interesse des Arbeitgebers VBS und im Einvernehmen mit Korpskommandant Daniel Baumgartner.»
Also Spesenexzesse betreiben und mit absurd hohem Lohn noch den Steuerzahler abzocken? Stimmt schon, unter Trump könnten solche Qualitäten einem quasi Diplomaten schon helfen.
Ansonsten ist Baumgartner leider komplett inkompetent. Ein borniertes Relikt aus den 80iger Jahren, das es leider besonders in der Armee zu Hauf gibt.