Herr Neuhaus, Ihr Dorf ist in Aufruhr. Was ist so schlimm an einem Bundesasylzentrum in Giffers?
Othmar Neuhaus: Das kann ich noch nicht abschätzen. Wir wissen noch nicht einmal, was genau in dem Asylzentrum vorgesehen ist, ein Verfahrens- oder ein Ausschaffungszentrum. Mich stört vor allem die Informationspolitik der kantonalen Behörde und des Bundes. Wir wurden regelrecht übertöpelt. Der Gemeinderat wurde am 9. Februar informiert, kurz bevor die Presse über das neue Bundes-Asylzentrum informiert wurde. Das geht so nicht. In den Dokumenten des Bundes steht klar, dass die Standortgemeinden in solche Prozesse frühzeitig miteinbezogen werden müssen. Der grosse Unmut in der Bevölkerung ist eine Folge davon.
Noch mal die Frage: Was wäre denn so schlimm, wenn ein Asylzentrum ins Dorf käme?
Gegenfrage: Kennen Sie Giffers?
Ich habe vorher noch nie im Leben davon gehört.
Sehen Sie! Und jetzt ist der Name unseres Dorfes vor allem mit einem verknüpft: Mit einem grossen Bundesasylzentrum. Das ist imageschädigend!
Sie befürchten, dass weniger Leute nach Giffers ziehen könnten?
Ja sicher. Stellen sie sich die Auswirkungen für unser Dorf vor: Wir haben 1500 Einwohner mit einem bis anhin kleinen Ausländeranteil. 300 Asylanten entsprechen 20 Prozent der Einwohner von Giffers.
Sie haben an der Informationsveranstaltung gestern von einem «Asylanten-Tsunami» gesprochen.
Ja, dieser Ausdruck verfolgt mich jetzt.
Finden Sie ihn gelungen?
Ich finde den Ausdruck «Asylanten-Tsunami» treffend. Es wäre schon eine sehr grosse Welle von Asylanten, die unser Dorf überrollen würde.
Stimmt es, dass es auch Warnfeuer gab in der Nacht?
Ja, auf den umliegenden Hügeln hat das Komitee, dass sich gegen das Asylzentrum wehrt, mehrere Feuer auf den Hügeln entzündet.
Gibt es nicht auch Positives am Asylzentrum? Ihr Dorf würde Direktzahlungen vom Bund erhalten.
Das ist noch überhaupt nicht klar. Nach meinen bisherigen Informationen fliessen die Gelder vom Bund zum Kanton und für unsere Gemeinde bleibt wohl nichts mehr übrig. Ausserdem konnten wir dem Bund seit dem Kauf der Liegenschaft keine Liegenschaftssteuer mehr verrechnen.
Immerhin würden neue Arbeitsplätze geschaffen und die Asylbewerber würden im Dorf konsumieren.
Das Gebäude ist heute ein Institut, dass Integrations- und Förderprogramme für Jugendliche durchführt. Es werden also nur Arbeitsplätze verlagert.
Was fordern Sie von den Behörden?
Zunächst einmal klarere Informationen. Der Bund ist uns viele Fragen schuldig geblieben. Wir wissen nicht, ob nun ein Durchgangs- oder ein Ausschaffungszentrum geplant ist. Und wir wollen wissen, ob auch Giffers finanziell entschädigt wird. Ausserdem müssen auch die umliegenden Gemeinden in den Prozess miteinbezogen werden. Der Dorfkern der benachbarten Gemeinde Rechthalten liegt sogar näher am Institut als derjenige von Giffers.
Giffers befindet sich momentan in Fusionsverhandlungen. Werden diese durch das Asylzentrum beeinflusst?
Ja natürlich. Mit dem Asylzentrum hat der Bund den Fusionsgegnern einen Trumpf in die Hand gespielt.
Ihr Dorf hat am 9. Juni 2013 die Asylgesetzrevision mit 81,33 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Effektivere Bundesasylzentren waren darin vorgesehen.
Ja, aber dies ist kein Freipass, um über die Köpfe der Gemeindebehörde und der Bevölkerung hinweg den Standort eines Bundes-Asylzentrums zu definieren.
Werden Sie sich bis zum Ende gegen das Asylzentrum wehren?
Das kann ich noch nicht sagen. Zunächst werden wir den Handlungsspielraum ausloten.
Würde man immer so handeln, wäre kaum je irgendeine Lösung möglich.
Art. 26a Nutzung von Anlagen und Bauten des Bundes zur Unterbringung Asylsuchender
1 Anlagen und Bauten des Bundes können ohne kantonale oder kommunale Bewilligungen zur Unterbringung von Asylsuchenden für maximal drei Jahre genutzt werden, wenn die Zweckänderung keine erheblichen baulichen Massnahmen erfordert und keine wesentliche Änderung in Bezug auf die Belegung der Anlage oder Baute erfolgt.
Sprich der Bund tut genau dass, was die Bürgerlichen, vom Volk abgesegnet, im NR beschlossen haben!