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Basel: Dreister Wahrsage-Betrüger muss vier Jahre hinter Gitter

Basel: Dreister Wahrsage-Betrüger muss vier Jahre hinter Gitter

Ein Wahrsager aus dem Senegal muss wegen gewerbsmässigen Betruges für vier Jahre ins Gefängnis – vorerst.
30.01.2017, 18:1731.01.2017, 07:19
Patrick Rudin / bz Basel
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Wenig ist bekannt über den 59-jährigen Mann aus dem Senegal, angeblich ist er Analphabet und hat in einem Aussenquartier von Paris eine Ehefrau und sechs Kinder. Seine vorläufige Zukunft sieht aber wenig rosig aus: Das Basler Strafgericht verdonnerte ihn gestern zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen gewerbsmässigen Betruges. Damit gingen die drei Richter deutlich weiter als von der Anklage verlangt: Staatsanwältin Anita Allenspach hatte letzte Woche eine Strafe von 3,5 Jahren beantragt.

Der Mann hatte vor allem im Zeitraum zwischen 2012 und 2013 in Basel eine reiche 80-jährige Frau umworben. Nach einem Streit mit ihren Kindern besuchte die Frau den Senegalesen jeweils mit dem Taxi im Hotel im Elsass. Dabei brachte sie immer wieder Geld mit, insgesamt transportierte sie knapp über eine Million Euro über die Grenze. Das Geld ist futsch, mindestens 100'000 Euro investierte der Mann in zwei Mercedes.

Blanker Hass von der Familie

Verteidiger Alain Joset hatte letzte Woche in seinem Plädoyer argumentiert, viele Leute hätten damals bei der erfahrenen Geschäftsfrau um Geld geschnorrt und sie als Honigtopf betrachtet. «Freunde schilderten sie als grosszügige Person. Vielleicht wollte sie ihrem Liebhaber einfach ein Geschenk machen». Seinem Mandanten sei von der Familie blanker Hass entgegengeschlagen, auch sei er rassistisch beschimpft worden. «Sie waren ein Liebespaar, es gab grossen Widerstand. Dass sich eine Frau mit einem jüngeren Afrikaner einlässt, das darf nicht sein», so Joset. Er hatte einen Freispruch verlangt, von einem Betrug könne keine Rede sein.

Das Gericht ging allerdings von einem grossen Betrug aus: Als Beweis dienten hauptsächlich die überwachten Telefongespräche zwischen der 80-Jährigen und dem Wahrsager. Gerichtspräsident René Ernst begründete das Urteil während über zwei Stunden detailliert und zitierte dabei auch ausgiebig aus den Protokollen der Telefonüberwachung. So dirigierte der 59-Jährige die völlig überforderte Frau zur Bank, isolierte sie von ihrer Familie und liess gar Pflegerinnen austauschen. «Du wirst wie ein Engel weiterleben», versprach er ihr. Er selber hingegen ging angeblich in den Wald und sprach dort zu den Engeln.

Jetzt auf

«Aus der Telefonüberwachung geht hervor, dass Sie die Frau wie eine Marionette dirigiert haben. Es war kein gegenseitiges Liebesverhältnis, sondern ein sehr einseitiges. Die Frau hat Sie offenbar sehr geliebt, sie war Ihnen regelrecht hörig. Sie haben ihr vorgemacht, Sie könnten ihr mit dem Hokuspokus helfen», sagte Ernst. Das Gericht ging davon aus, dass die Frau wohl bereits an Demenz erkrankt war, dies spielte für den Betrug allerdings nicht die zentrale Rolle: Wesentlich sei die Abhängigkeit gewesen. Durch die Auswechslung von erfahrenem Pflegepersonal durch «unfähige Personen» habe der Mann auch die Gesundheit der 80-Jährigen gefährdet.

Beinahe zwei Jahre der Strafe hat der Mann bislang bereits in Untersuchungshaft abgesessen, laut Gerichtsentscheid muss er wegen Fluchtgefahr weiterhin in Haft bleiben. Die Entscheide kann er noch weiterziehen. Weitere Vorwürfe betreffen eine Überweisung von 2.4 Millionen Franken an die Tochter des Beschuldigten nach Senegal: Dieser Teil der Anklage ist vorläufig sistiert, weil noch Dokumente der Rechtshilfe aus dem Ausland fehlen. An einer späteren Verhandlung droht dem Mann damit noch ein höheres Strafmass. (bzbasel.ch)

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