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Bedingte Gefängnisstrafe für Baselbieter Regierungsrat beantragt

Bedingte Gefängnisstrafe für Baselbieter Regierungsrat beantragt

02.06.2021, 14:56
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Thomas Weber, Regierungsrat und Vorsteher der Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektion BL, spricht waehreend einer Medienkonferenz, am Donnerstag, 3. Dezember 2020, in Muttenz. Bundesrat Berset besu ...
Thomas WeberBild: keystone

Der Baselbieter Regierungsrat Thomas Weber (SVP) hat sich am Mittwoch vor dem Strafgericht seines Kantons verantworten müssen. Ihm wird im Zusammenhang mit Zahlungen an die ehemalige Zentrale Arbeitsmarktkontrolle (ZAK) ungetreue Amtsführung vorgeworfen. Der Beschuldigte äusserte sich vor Gericht nicht zu den Vorwürfen.

Die Staatsanwaltschaft beantragte für Thomas Weber eine bedingte Gefängnisstrafe von 12 Monaten wegen ungetreuer Amtsführung. Das Verschulden sei zwar nicht allzu schwer, die hohe Summe spreche aber gegen den Angeklagten. Für den mitangeklagten Leiter des Kantonalen Amts für Industrie, Gewerbe und Arbeit (Kiga) beantragte der Staatsanwalt wegen Gehilfenschaft eine bedingte Geldstrafe von zehn nicht bezifferten Tagessätzen.

Konkret ging es um die Summe von zweimal 100'000 Franken, die der Kanton der ZAK in den Jahren 2014 und 2015 gemäss Anklageschrift der Baselbieter Staatsanwaltschaft zu viel ausbezahlt hat. Volkswirtschafts- und Gesundheitsdirektor Thomas Weber habe die von der ZAK beantragten Unterstützungsbeiträge vom Regierungsrat freigeben lassen, ohne «auch nur die rudimentärsten Abklärungen vorzunehmen».

Der Kanton habe quasi unbesehen bezahlt, was die ZAK beantragt hatte, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer. Zudem habe die ZAK die Regelungen des Vertrags aus ihrer Sicht diktieren können. Der Staatsanwalt warf Weber vor, dass er der ZAK vorsätzlich oder zumindest eventualvorsätzlich einen Vorteil habe verschaffen wollen.

Die ZAK hatte als aus den Gewerkschaften und der Baselbieter Wirtschaftskammer zusammengesetzte Organisation die Aufgabe, im Baugewerbe Schwarzarbeitskontrollen durchzuführen. In den Jahren 2011 bis 2013 bezog sie vom Kanton Unterstützungsbeiträge von jährlich 380'000 Franken. Ab 2014 beantragte die ZAK nun aber plötzlich 650'000 Franken, also 71 Prozent mehr als zuvor. Diese Summe erhielt sie denn auch.

Weber und sein mitangeklagter Amtsleiter wollten an der Verhandlung keine Aussagen machen. Der vorsitzende Richter der Dreiergerichts bedauerte die Inanspruchnahme des Schweigerechts. Es wäre «im Sinne des Interesses der Öffentlichkeit» gewesen, wenn sich der Regierungsrat zu diesem Fall geäussert hätte, sagte er.

Geldmaschine der Wirtschaftskammer

Bei der weiteren Beweisaufnahme wurde vor allem das Gebaren der Wirtschaftskammer kritisiert. Sie war als politisch einflussreiche Organisation treibende Kraft hinter der ZAK.

Als Zeuge äusserte sich der damalige Geschäftsleiter der ZAK sehr kritisch zum Konstrukt der Kontrollstelle und zum intransparenten Verhalten der Wirtschaftskammer, die Ausgaben falsch deklariert und Gelder hin- und hergeschoben habe. Die ZAK sei für die Wirtschaftskammer vor allem ein Vehikel gewesen, um an Geld zu kommen, sagte er. Die beantragte Erhöhung der Beiträge sei nicht durch eine Änderung der Kontrolltätigkeit gerechtfertigt gewesen.

Es habe ihn erstaunt, dass Regierungsrat Weber und sein Amtsleiter diesen Erhöhungsantrag ohne wirklich kritisches Nachfragen geschluckt hätten, so der Zeuge weiter. Er wertete dies nicht zuletzt als Zeichen einer grossen politischen Nähe Webers zur Wirtschaftskammer, die sich ihrerseits auf die Verbundenheit mit dem Regierungsrat gestützt habe.

Der Prozess am Baselbieter Strafgericht ist auf drei Tage angelegt. Das Urteil soll am Freitag verkündet werden. (aeg/sda)

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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Walter Sahli
02.06.2021 15:56registriert März 2014
Söihäfeli-Söidecheli...und wieder ist's ein SVPler.
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fidget
02.06.2021 16:27registriert Dezember 2018
Keine Aussage ist auch eine Aussage.

Was da seit Jahren in Zusammenhang mit der Wirtschaftskammer gemauschelt wird, ist unvorstellbar. Die Basler Zeitung versuchte mal diese Konstrukte zwischen WiKa und Kanton aufzudröseln. Da liegt noch so einiges im Argen.
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