Gesundheitspersonal demonstriert in Bern für starke Pflege
«Klatschen holt uns nicht in den Beruf zurück», war auf einem der zahlreichen Transparente zu lesen. Vier Jahre nach der Abstimmung über die Pflegeinitiative kritisierten die Demonstrierenden, dass anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen noch immer nicht gegeben seien. Vielmehr falle das Gesundheitswesen immer tiefer in eine Krise.
Schätzungsweise 3000 Menschen aus allen Landesteilen waren vor Ort. Die Organisatorinnen und Organisatoren sprachen von mindestens 5000 Teilnehmenden. Eine bunte Gruppe von Personen demonstrierte auf dem Bundesplatz, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichtete – darunter auch viele Familien mit Kindern.
«Ich bin wütend»
Zu Wort kamen in erster Linie Menschen, die selber im Gesundheitswesen arbeiten. Sie brachten ihren Frust zum Ausdruck, würdigten aber auch die Arbeit ihrer Kolleginnen und Kollegen. «Ich bin wütend», sagte eine Teilnehmerin. Daran Schuld sei nicht ihr Chef, sondern das System.
Zudem wurde die Regisseurin Petra Volpe aus Berlin zugeschaltet. Mit ihrem vielfach ausgezeichneten Film «Heldin» beleuchtet sie das Personal in den Spitälern. Sie begleitet darin eine Pflegefachfrau während einer hektischen Spätschicht. «Wir wollten mit diesem Film die Stimme der Pflegenden verstärken», sagte Volpe.
Zur Kundgebung aufgerufen hatte das Bündnis des Gesundheitspersonals. Dazu gehören etwa der Berufsverband der Pflegefachpersonen, der Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte sowie die Gewerkschaften VPOD, Unia und Syna.
Zweite Etappe steht an
Die Schweizer Stimmberechtigten nahmen die Pflegeinitiative im November 2021 mit einem Ja-Anteil von 61 Prozent an. Der Bund will sie in zwei Etappen umsetzen. In der ersten ging es unter anderem um eine Ausbildungsoffensive, in der zweiten steht die berufliche Entwicklung von Pflegenden im Fokus.
Die zweite Etappe ist derzeit im Parlament hängig. Das Bündnis des Gesundheitspersonals bemängelt, dass im Gesetzesentwurf weder sichere Stellenschlüssel noch eine ausreichende Finanzierung vorgesehen seien. Ohne diese Punkte seien die besseren Arbeitsbedingungen «nichts als Schall und Rauch».
Zahlreiche Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier teilten diese Ansicht und demonstrierten mit. «Es ist wichtig, dass die Menschen an der Front weiterhin Druck ausüben», sagte die Berner SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen zu Keystone-SDA. Nun brauche es verbindliche Vorgaben vom Bund. (sda)
