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Auswertung der E-Mails von Berset-Kommunikationschef rechtswidrig

Auswertung der E-Mails von Berset-Kommunikationschef rechtswidrig

07.06.2024, 11:3207.06.2024, 11:52
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Die Auswertung der Kommunikation zwischen dem Chef des Verlagshauses Ringier und dem ehemaligen Kommunikationschef des früheren Bundesrats Alain Berset war rechtswidrig. Dies hat das Berner Zwangsmassnahmengericht entschieden. Das Urteil betrifft die sogenannte «Corona-Leaks»-Affäre.

Bundespraesident Alain Berset nimmt eine Frage zum Elektronischen Patientendossier EPD entgegen, an der Wintersession der Eidgenoessischen Raete, am Donnerstag, 14. Dezember 2023 im Nationalrat in Ber ...
Alain Berset im Nationalrat in Bern.Bild: keystone

Diese erschütterte 2022 und 2023 das Land. Der Vorwurf stand im Raum, dass Schweizer Topbeamte Medien während der Pandemie über geplante Regierungsmassnahmen vorab informiert hatten. Besonders ins Visier nahm der damalige Sonderermittler Peter Marti den seinerzeitigen Kommunikationschef des Innendepartementes und Berset-Vertrauten Peter Lauener.

Das Bundesamt für Informatik hatte dem Sonderermittler für seine Untersuchungen Laueners berufliche Mail-Box geöffnet. Marti und die Zürcher Kantonspolizei werteten die Daten aus und fanden unter anderem einen regen Mail-Kontakt mit Ringier-Chef Marc Walder.

Die Auswertung sei nicht rechtens gewesen, kommt nun das Berner Zwangsmassnahmengericht zum Schluss. Der Sonderermittler hätte den Betroffenen zuvor das Recht einräumen müssen, eine Siegelung zu verlangen.

Eine solche verlangten die Betroffenen, nachdem sie von der Auswertung erfahren hatten. Die Bundesanwaltschaft stellte wiederum ein Entsiegelungsbegehren, das das Gericht nun abgelehnt hat. Der Mail-Verkehr ist damit für die Ermittler tabu.

Quellenschutz und Redaktionsgeheimnis

Das Zwangsmassnahmengericht berief sich in seinem Urteil vor allem auf den journalistischen Quellenschutz und das Redaktionsgeheimnis, wie Gerichtspräsident Beat Brechbühl eine Meldung der Tamedia-Blätter vom Freitag bestätigte.

Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig. Die Bundesanwaltschaft kann dagegen Strafrechtsbeschwerde beim Bundesgericht führen. Ob sie dies tut ist offen.

Weitverzweigte Affäre

Die «Corona-Leaks»-Affäre ist mittlerweile eine weit verzweigte Angelegenheit. Peter Marti, früher Oberrichter im Kanton Zürich, war 2021 als ausserordentlicher Staatsanwalt eingesetzt worden. Dies, um in einem anderen Fall mutmassliche Verletzungen des Amtsgeheimnisses zu prüfen. Dieser Fall wurde wieder eingestellt.

Im Zuge seiner Ermittlungen stiess Marti auf weitere Informationslecks im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Er leitete gegen den damaligen Informationschef von Bundesrat Alain Berset, Peter Lauener, ein Verfahren ein. Auch gegen Marti wurde Strafanzeige eingereicht. Letzterer stand in der Kritik, seine Kompetenzen überschritten zu haben. Die «Corona-Leaks»-Affäre war geboren.

Lauener trat im Sommer 2022 von seinem Posten zurück. Auch Marti ist nicht mehr Sonderermittler. Er trat im Mai 2023 ab. Eine Untersuchung kam zum Schluss, dass er sich keine Kompetenzüberschreitungen im strafbaren Rahmen habe zuschulden kommen lassen. Heute ist die Bundesanwaltschaft für den Fall zuständig.

Das Urteil des Berner Zwangsmassnahmengerichts ist ein Teil im gesamten Mosaik der Affäre. (saw/sda)

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16 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Gina3
07.06.2024 15:32registriert September 2023
bon, meine erste Reaktion auf diesem Satz im Artikel:
"Diese (Affäre) erschütterte 2022 und 2023 das Land"
Ach was-
Es war nur ein Sturm im Wasserglas der HerrlibergQuelle.

Für die Mehrheit der Schweizer war klar, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelte... denn das "Geschäft", um das sich Marti hätte kümmern sollen, wäre für die FDP/SVP weitaus peinlicher gewesen.

"Sonderermittler Peter Marti stellt die Strafuntersuchung zu den Crypto-Leaks ein – und ermittelt weiter gegen Peter Lauener-" NZZ 30.03.2023
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