Im Sommer sind es 15 Jahre her, dass sich die Schweiz in einem historischen Entscheid das Öffentlichkeitsprinzip auferlegte. Seither gilt – zumindest auf Bundesebene: Jede Person hat das Recht, amtliche Dokumente einzusehen und von den Behörden Auskünfte über den Inhalt amtlicher Dokumente zu erhalten.
Dieser Grundsatz hatte eine grosse Bedeutung, weil es die altertümliche Vorstellung von Behördenarbeit um 180 Grad drehte: Früher konnten Beamte teilweise nach eigenem Ermessen darüber entscheiden, wie weit sie der Bevölkerung durch Transparenz politisch Rechenschaft schuldig sein will. Mit dem Öffentlichkeitsprinzip wollten Bundesrat und Parlament nichts weniger als das Vertrauen in die Amtsstuben fördern. Dies war auch nötig: Zahlreiche «Affären» lösten in den Jahren davor immer wieder Misstrauen aus.
Das Öffentlichkeitsprinzip hatte jedoch Makel. Und zwar erhebliche. Eines von ihnen sorgte in zahlreichen Fällen dazu, dass es Transparenz nur gegen Cash gab. Konkret: Wollte eine kritische Journalistin heikle Dokumente einsehen, so konnten Behörden ihr den bürokratischen Aufwand in Rechnung stellen.
So verlangte das Bundesamt für Rüstung (Armasuisse) von einer Bürgerinitiative rund 16'500 Franken für einen 90-seitigen Bericht. Die Behörde rechtfertigte das mit der notwendigen Anonymisierung und Übersetzung des Dokuments. Transparenz-Experte Daniel Dedeyan sagte im «Tages-Anzeiger» zu solchen Fällen: «Das entspricht ganz und gar nicht dem Geist des Öffentlichkeitsprinzips und zeugt von einer gewissen Willkür.»
Bestätigt wird dieser Eindruck durch die Statistik: In den vergangenen Jahren kassierten alle Bundesbehörden zusammengerechnet nie mehr als 23'000 Franken in einem Jahr. SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher sagt dazu: «Ganz offensichtlich werden Gebühren von einigen Verwaltungsstellen gezielt als Zugangshindernis eingesetzt.»
Dieser Praxis will nun ein Teil des Parlaments an den Kragen. Die Kommission des Nationalrats für Staatspolitik möchte im Gesetz zum Öffentlichkeitsprinzip einen neuen Grundsatz festhalten. Galt bis jetzt, dass beim Dokumente-Zugang «in der Regel eine Gebühr erhoben» werde, soll's künftig grundsätzlich kostenlos sein.
«Grundsätzlich» deshalb, weil eine Ausnahme gefordert wird: Bereiten Schwärzungen, Anonymisierungen und andere Anpassungen einen besonders grossen Aufwand, so könnten maximal 2000 Franken in Rechnung gestellt werden. Ein Teil der Kommission will gar nichts ändern, ein anderer Teil will die Kostenverrechnung davon abhängig machen, ob der Aufwand im Verhältnis zum «öffentlichen Interesse» steht.
Am Montagnachmittag wird der Nationalrat über diese Fragen entscheiden. Kommt die Kostenlosigkeit durch, so wäre zumindest ein gröberer Makel im Öffentlichkeitsgesetz behoben. Journalistinnen und Journalisten forderten zuvor, auch auf die Ausnahmen bei den Gebühren zu verzichten.