Seit Mitte Februar spricht auch das BAG von der dritten Corona-Welle. Trotz strikten Massnahmen sind die Fallzahlen in der Schweiz wieder angestiegen – wenn auch langsamer als bei der ersten und zweiten Welle, wo man einen exponentiellen Anstieg sah.
Mit einigen Tagen bis Wochen Verzögerung folgten im letzten Frühling und Herbst auf die steigenden Fallzahlen die Hospitalisierungen und später mehrten sich Todesfälle.
Und das ist genau der Unterschied zur aktuellen Lage: Wär die Ausgangslage die gleiche wie im Herbst, müssten die Todesfälle inzwischen seit einigen Tagen steigen. Obwohl in diesen Tagen die traurige Grenze von 10'000 Covid-Toten überschritten wurde, steigt die Kurve der Todesfälle diesmal nicht an.
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Oder zumindest noch nicht – laut der Basler Virologin Emma Hodcroft im Interview mit der Republik ist nämlich beides möglich: Dass wir endlich die Früchte des Impfprozesses ernten dürfen – oder dass wir uns zurzeit nur in der Ruhe vor der Sturm befinden.
Zumindest teilweise verantwortlich für diesen Unterschied dürften die inzwischen über 10 Prozent der Schweizer Bevölkerung sein, die durch zwei Impfdosen vor Covid-19 geschützt sind. Viele davon gehören der Risikogruppe an – mit ihrem Schutz ist ein grosses Ziel der Schweizer Pandemiebekämpfung in Reichweite.
🇨🇭💉 Vaccination Progress in Switzerland*
— Manuel Mondal (@ManuelRMondal) April 27, 2021
Der Impf-Fortschritt nach Altersgruppe.
Es hat noch etwas Luft nach oben.
La population vaccinée selon la classe d'âge.
Further visualizations on https://t.co/amGL33szvP.
*Considering only the 17 cantons reporting data by age. pic.twitter.com/fzWKEvGrNM
Doch «ältere Menschen zu schützen, reicht nicht», hält Hodcroft fest. Denn jüngere Menschen können sich noch immer schnell mit dem Coronavirus anstecken – insbesondere seit die sich schneller verbreitenden Virenvarianten im Umlauf sind. In einigen Fällen sind auch sie auf medizinische Unterstützung angewiesen oder tragen länger anhaltende Schäden davon – Stichwort «Long Covid». Menschen zwischen 10 und 30 Jahren weisen in der Schweiz aktuell die höchste Inzidenz auf.
Smartphone-User: Scrolle nach rechts, um die aktuellsten Daten zu sehen.
Nach einem Anstieg seit Mitte Februar haben sich die Fallzahlen in der Schweiz in den letzten zwei Wochen etwas stabilisiert. Doch eigentlich sollten sie sinken, schliesslich wird die Gruppe der «potenziellen zukünftigen Covid-Positiven» dank Immunität durch Impfung oder Genesung immer kleiner.
Interessant ist in diesem Zusammenhang die sogenannte «impfbereinigte Inzidenz». Sie beantwortet die Frage, wie sich die Fallzahlen unter den Nicht-Geimpften in der Schweiz entwickeln.
Bleiben die täglichen Fallzahlen also trotz Impffortschritt auf gleichem Niveau, bedeutet das nichts anderes, als dass sich Corona unter den verbleibenden Personen wieder schneller ausbreitet.
Deutlicher erkennbar wird dieser Effekt in Deutschland. Die Idee für die «impfbereinigte Inzidenz» stammt vom Deutschen Twitter-User Bernd Knust. Seine vergleichbare Berechnung mit den Daten des Robert Koch Instituts zeigt, dass die Inzidenz unter den Nicht-Geimpften in Deutschland weiterhin klar ansteigt – auch wenn die Inzidenz für ganz Deutschland stagniert.
Zwar hat das BAG eine erhöhte Dunkelziffer befürchtet, weil sich immer weniger Leute mittels PCR- oder Antigen-Schnelltests auf das Virus testen lassen. Begründet wurde das von BAG-Experte Patrick Mathys unter anderem durch die hohe Abweichung der gefundenen Sars-CoV-2-Gensequenzen im Zürcher Abwasser im Vergleich zu den bestätigten Infektionen im Einzugsgebiet. Inzwischen hat diese Diskrepanz wieder abgenommen – nach einigen Ausreissern zeigen die Kurven wieder ungefähr eine gleich hohe Inzidenz an.
Wir sind auf dem richtigen Weg...