Am Donnerstag wurde publik, dass der Kanton Zürich sein Contact Tracing gerne auslagern würde. Dieser Schritt war bereits seit längerem vorgesehen, ist jedoch erst ab September geplant. Nun beschleunigt der Kanton sein Vorhaben und möchte bereits ab Ende Sommer eine externe Organisation mit dem Contact Tracing beauftragen. Das Problem: Die Fallzahlen bringen die Virenjäger schon jetzt ans Limit.
Wieso der Kanton so lange braucht, darüber möchte Lina Lanz, Kommunikationsleiterin der Gesundheitsdirektion, keine Auskunft geben. Nur so viel: «Wir haben unser Contact-Tracing-Team bereits auf 47 Personen aufgestockt. Dies erlaubt es uns, mit den momentanen Fallzahlen klarzukommen.»
Setzt sich der gegenwärtige Trend jedoch fort, dürften diese 47 Tracer bereits in wenigen Tagen nicht mehr ausreichen. Die Grüne Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber hat kein Verständnis für das Vorgehen der Zürcher Behörden: «Ich begreife nicht, warum der Kanton nach der ersten Welle einfach abgewartet und nicht frühzeitig Personal für Contact-Tracing rekrutiert hat.»
Die Kantone sollten nicht nur nach mehr Verantwortung schreien, sondern auch liefern. «Sonst kriegen wir bald die Quittung.» Prelicz-Huber glaubt, dass die Jobs als Contact-Tracer begehrt wären: «Wegen Corona haben viele Leute ihre Arbeit verloren. Viele suchen noch immer einen neuen Job.»
Tatsächlich drängt sich die Frage auf, wieso die Mühlen im Kanton Zürich so langsam mahlen. Die Adecco Gruppe Schweiz, Marktführer im Bereich Human Resources, gibt auf Anfrage zu verstehen, dass es kein Problem wäre, innert weniger Tage hunderte Tracer vermitteln zu können: «Das Auslagern von gesamten Projekten gehört präzise zu den Services, die wir anbieten», sagt Annalisa Job, Mediensprecherin der Adecco Gruppe Schweiz. Viele Arbeitnehmende wären immer noch auf Kurzarbeit gesetzt, «diese könnte man mittels einer App praktisch sofort aktivieren.» Natürlich komme es noch darauf an, was für Qualifikationen gefordert seien und welche Infrastruktur benötigt wird.
Zu Gesprächen mit dem Kanton ist es bis jetzt allerdings noch nicht gekommen.
Auch andere Organisationen haben bereits ihre Hilfe angeboten: Josef Widler, Präsident der Zürcher Ärztegemeinschaft, hat der Gesundheitsdirektion bereits Mitte Mai angeboten, beim Contact Tracing mitzuhelfen. «Wir haben beim Ärztefon hundert medizinisch geschulte Personen, die sofort zum Einsatz kommen könnten», sagt er gegenüber der «NZZ». Bis zu 50 Fälle pro Tag könnte man bewältigen.
Anfang Juni wurde Widler aufgefordert, eine Offerte einzusenden. Diese wird jedoch immer noch bearbeitet. Das Coronavirus ist da deutlich schneller: Nur in wenigen Ländern weltweit stiegen die Neuerkrankungen in den letzten sieben Tagen im Vergleich zur Vorwoche noch schneller an als in der Schweiz.
Die Gesundheitsdirektion in Zürich sieht es etwas gelassener. Weil es am Freitag weniger Fälle gab in Zürich als am Donnerstag, sehe man keinen Grund, das Personal aufzustocken.
Phu, dann ist ja aller gut. Ich sehe auch keinen Grund mich mit Sachen zu beschäftigen, die eine Woche in der Zukunft liegen.