Schweiz
Coronavirus

Übernahme der Testkosten: Der Bundesrat steckt im Dilemma

Dr. Laura Santandrea von der Amavita-Apotheke bietet in einem Container im Einkaufszentrum Breggia kostenlose antigene Schnelltests zur Feststellung des Coronavirus an, am Donnerstag, 18. Maerz 2021,  ...
Ein Testzentrum in einem kleinen Container in Breggia, TI.Bild: keystone

Der Bundesrat gibt täglich 150'000 Franken Steuergelder zu viel aus – das ist das Dilemma

Die Vergütung der Covid-Tests durch den Bund ist zu hoch. Dennoch konnte er sich bisher nicht überwinden, die Maximalpauschale anzupassen. Denn eine Senkung könnte die Testkapazitäten gefährden.
29.01.2022, 14:06
Christoph Bernet / ch media
Mehr «Schweiz»

An ihnen merkt man, dass die Pandemie noch nicht vorbei ist: die Zelte und Container, meist rudimentär ausgestattet, in denen Covid-Tests durchgeführt werden. Sie stehen vor Apotheken, Einkaufszen­tren oder Bahnhöfen. Wer wissen will, ob er Covid hat, kann sich hier einem Antigen-Schnelltest unterziehen.

Aufgrund eines Parlamentsentscheids übernimmt die Kosten dafür seit dem 18. Dezember 2021 wieder der Bund. Und er zeigt sich dabei grosszügig: Bis zu 36 Franken vergütet er den Leistungsanbietern – Arztpraxen, Apotheken, Spitälern oder privaten Testzentren – pro durchgeführtem Antigen-Test. Diese Maximalpauschale liegt deutlich über den Preisen, die viele Testzentren davor ihren Kunden in Rechnung gestellt haben.

Gemäss Covid-Verordnung dürfen dem Bund zwar nur «maximal die effektiven Kosten» der Tests verrechnet werden. Doch wird laut Schätzungen der Krankenversicherer Swica und CSS, über welche die Leistungsanbieter ihre Tests an den Bund verrechnen, bei rund 90 Prozent der Tests der Höchstbeitrag in Rechnung gestellt. Vor zwei Wochen hiess es aus bundesratsnahen Kreisen, man werde die Tarifstruktur noch im Januar überprüfen. Doch die Maximalpauschale wurde seither nicht gesenkt – obwohl Preisüberwacher Stefan Meierhans das im Dezember vom Bundesrat gefordert hatte.

«Verstehe nicht, weshalb der Bundesrat noch nicht gehandelt hat»

Seit Beginn des neuen Testkostenregimes sind rund 560'000 Antigen-Schnelltests durchgeführt worden, zuletzt zwischen 15'000 und 20'000 an einem durchschnittlichen Wochentag. Häufiger kommen PCR-Tests zur Anwendung, zuletzt täglich rund 100'000-mal.

«Die Maximalpauschale pro durchgeführtem Antigen-Schnelltest liegt mindestens 10 Franken zu hoch», sagt Nationalrat Marcel Dobler (FDP/SG). Dies hätten die tieferen Preise vom letzten Herbst gezeigt, als der Markt noch gespielt hat. Aktuell gebe der Bund täglich rund 150'000 Franken Steuergelder zu viel aus: «Ich verstehe nicht, weshalb der Bundesrat trotz Intervention des Preisüberwachers noch nicht gehandelt hat.»

Tarifanpassung ist «eine Gratwanderung»

Weshalb das noch nicht geschehen ist, sagt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Anfrage nicht. Die Tarifstruktur stehe im Zusammenhang mit der nationalen Teststrategie, die wiederum von der epidemiologischen Situation abhängig ist.

Der Bundesrat befindet sich in einem Dilemma: Senkt er die Vergütungen stark, könnten sich manche Testanbieter aus dem lukrativen Geschäft zurückziehen. Damit würden die Testkapazitäten sinken, die aktuell durch die rekordhohen Fallzahlen bereits ausgereizt sind. Die Tarifierung sei immer «eine Gratwanderung» zwischen Versorgungssituation, Sicherstellung der nötigen Kapazitäten und reiner Vergütung der effizientesten Leistungserbringung, schreibt das BAG. «Insofern wird der zurzeit hohe Bedarf an Tests bei der Tarifierung auch berücksichtigt.»

Ringt sich der Bundesrat zu einer Änderung der Tarife durch oder kombiniert er diese gleich mit einer weitreichenden Anpassung der Teststrategie? An seiner nächsten Sitzung vom Mittwoch diskutiert er wieder über Covid-Themen. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das bunte Treiben der Coronasünder
1 / 11
Das bunte Treiben der Coronasünder
Credit-Suisse-Präsident António Horta-Osório hat zweimal gegen die Corona-Quarantäneregeln verstossen – einmal gegen schweizerische, ein zweites Mal gegen britische, weil er den Tennisfinal in Wimbledon live miterleben wollte. Die Folgen: für die Credit Suisse zahlreiche peinliche Schlagzeilen in der globalen Finanzpresse, für Horta-Osório selbst blieb nur noch der Rücktritt.
quelle: keystone / andy rain
Auf Facebook teilenAuf X teilen
So machst du den Corona-Selbsttest richtig
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
45 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
CogitoErgoSum
29.01.2022 15:12registriert August 2018
"Ungerechtfertigte Bereicherung" wäre hier wohl in vielen Fällen gegeben. Aber bei uns wird ja kaum etwas kontrolliert. Laisser faire - wir haben es ja.
772
Melden
Zum Kommentar
avatar
tooempty
29.01.2022 14:39registriert Februar 2014
Wieso werden diese Tests nicht grossflächig von Zivildienst und Militär durchgeführt?
Dann spart man sich diese elende Subvention von privatwirtschaftlichen Akteuren, ohne die Grundversorgung zu gefährden.

Diejenigen Anbieter, welche mit den niedrigeren Tarifen wirtschaften können, dürfen dies dann natürlich auch weiterhin machen.
8113
Melden
Zum Kommentar
avatar
SJ_California
29.01.2022 14:54registriert März 2016
Tiefere Vergütung bedeutet nicht automatisch weniger Testkapazitäten. Vielleicht würde ja sogar noch effizienter gearbeitet in den Testzentren und alle hätten was davon.
587
Melden
Zum Kommentar
45
Fedpol-Direktorin Nicoletta della Valle tritt Anfang 2025 zurück

Die Direktorin des Bundesamts für Polizei (Fedpol), Nicoletta della Valle, tritt auf den 31. Januar 2025 zurück. Der Bundesrat hat am Mittwoch den Rücktritt der 62-Jährigen genehmigt. Über die Nachfolge wird später entschieden.

Zur Story