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Darum floppten alle Schweizer Impfstoff-Projekte

Darum floppten alle Schweizer Impfstoff-Projekte

15.03.2021, 12:1815.03.2021, 18:03
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Bundesrat Alain Berset, links, und Bundesratspraesident Guy Parmelin, rechts, auf dem Weg zur Medienkonferenz zu den neusten Massnahmen zur Bewaeltigung der Coronavirus-Pandemie im Anschluss an die Bu ...
Die Bundesräte Berset und Parmelin mussten sich Kritik anhören wegen Berichten um einen geplatzten Impf-Deal mit Lonza/Moderna.Bild: keystone

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat zu Beginn der Pandemie verschiedene Schweizer Impfstoff-Projekte geprüft. Von diesen hat laut Bundesrat keines denselben Entwicklungsstand erreicht wie die besten internationalen Projekte.

Obwohl es im Frühjahr 2020 drei vielversprechende Schweizer Impfstoffkandidaten gegen das Coronavirus gab, gibt es bislang keine Produktion eines Schweizer Impfstoffes. Es würden aber Vorbereitungen laufen, damit andere, bereits zugelassene Impfstoffe in der Schweiz produziert werden können, schreibt der Bundesrat in einer am Montag veröffentlichen Antwort auf eine dringliche Interpellation von SP-Nationalrat Fabian Molina (ZH). Die Impfstoffe von Moderna und Pfizer/Biontech würden bereits heute in der Schweiz hergestellt.

Nationalrat Fabian Molina, SP-ZH, konsultiert sein Handy an der Herbstsession der Eidgenoessischen Raete, am Montag, 14. September 2020, in Bern. (KEYSTONE/Peter Schneider)
Fabian MolinaBild: keystone

Molina wollte in Zusammenhang mit der Impfstoffknappheit unter anderem wissen, welche Massnahmen der Bundesrat vorsieht, um die Kapazitäten zur Impfstoffproduktion im Inland zu erhöhen.

Drei Projekte in den Startlöchern

Von den drei Impfstoff-Projekten stammte eines von Immunologe Martin Bachmann vom Inselspital Bern. Er arbeitete mit seinem Team an einem Impfstoff, der sich gegen die Spike-Proteine - die Stacheln - auf der Oberfläche von Sars-Cov-2 richtet. Problematisch war die Komplexität des Impfstoffes. Gegenüber der Sendung «Puls» des Schweizer Fernsehens (SRF) sagte Bachmann im Januar, dass sein geplanter Impfstoff viel komplizierter in der Herstellung sei als etwa ein nun geläufiger RNA-Impfstoff.

Martin Bachmann, Professor an de Universität Bern, ist mit Swissmedic im Gespräch für ein abgekürztes Verfahren.
Martin BachmannBild: srf

Ein zweiter Impfstoffkandidat scheiterte an der Finanzierung. Der Kandidat des Basler Immunologen Peter Burkhard basierte auf Eiweiss-Nanopartikeln, auf die die Spike-Proteine des Virus «geklebt» worden wären. Das Projekt stellte Burkhard bereits im April 2020 dem Bund vor.

Ein Labor-Mitarbeiter verlaesst einen Reinraum im Zentrallabor des Stadtspitals Triemli, am Dienstag, 2. Februar 2021, in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Bild: keystone

Dort sei er zunächst auf sehr grosses Interesse gestossen, wie er gegenüber «Puls» sagte. Der Bund habe signalisiert, dass das dafür nötige Geld gesprochen werden könne. Plötzlich sei er aber auf die Bremse getreten. Der Immunologe konnte wegen der fehlenden finanziellen Ressourcen nicht mehr am Projekt weiterarbeiten.

Der dritte Kandidat kam vom Freiburger Start-up Innomedica von Stefan Halbheer. Er arbeitete an einem Impfstoff, der auf Fetttröpfchen (Liposomen) basiert. Die mit den Spike-Proteinen versetzten Liposome dienten als Impfstoff. Die Produktion war für Juli angekündigt worden. Der erste Impfprototyp habe jedoch nicht weiterentwickelt werden können, weil das Verfahren nicht wie erhofft funktioniert hat, wie er gegenüber «Puls» sagte.

Kein Kauf-Angebot von Lonza

Zu reden gab in den vergangenen Tagen zudem betreffend Impf-Produktion die Frage, ob der Bundesrat ein Angebot von Lonza für den Kauf einer Fabrik zur Impfstoff-Produktion ausgeschlagen habe. Gesundheitsminister Alain Berset bestätigte am Freitag vor den Medien, dass der Bundesrat vor einem Jahr einen Brief von Lonza erhalten habe. Es sei darum gegangen, dass Lonza von Moderna ausgewählt worden war, Impfstoff zu produzieren.

Laut Berset ging es dabei aber um Investitionen. Um den Kauf einer Infrastruktur, die Impfstoff produziert, sei es nie gegangen. «Und wenn man in eine Firma investiert, bedeutet dies nicht automatisch, dass man mehr Impfstoff erhält», sagte Berset. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) habe dann mit Moderna/Lonza verhandelt, um Impfdosen zu erhalten, sagte Berset weiter.

Der Nationalrat führt am Mittwoch eine aktuelle Debatte zur Corona-Pandemie. Verschiedene Fraktionen hatten mit dringlichen Interpellationen um eine Diskussion ersucht. Erwartet wird eine generelle Aussprache zu verschiedenen Themen. Gesundheitsminister Alain Berset wird für den Gesamtbundesrat Red und Antwort stehen. (aeg/sda)

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31 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Chris B.
15.03.2021 12:29registriert April 2020
«Und wenn man in eine Firma investiert, bedeutet dies nicht automatisch, dass man mehr Impfstoff erhält»

Nein das bedeutet es natürlich nicht. Dafür gibt es Verträge, wo das geregelt wird. Man hätte die Investition an Bedingungen knüpfen können. Das hat in den USA und UK funktioniert. Warum also nicht in der Schweiz? Jetzt werden 50 % des Moderna Impfstoffes in Visp produziert und die Schweiz bekommt nur die Krümel davon ab, wenn Moderna gerade Lust hat. Ansonsten geht das schnurstraks in die USA, wo bereits 50-jährige geimpft werden, während bei uns sogar noch 85-jährige am warten sind.
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RhabarBär
15.03.2021 13:55registriert Juni 2017
«Und wenn man in eine Firma investiert, bedeutet dies nicht automatisch, dass man mehr Impfstoff erhält», sagte Berset.

Mit Verlaub, aber diese Aussage stimmt doch so nicht. Man hätte vertraglich regeln können, dass eine Produktionslinie (oder ein gewisser Prozentsatz der produzierten Menge) für den heimischen Markt produziert werden soll. Einen allfälligen Überschuss kann man ohne Probleme ins Ausland liefern.
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eupho
15.03.2021 12:38registriert März 2017
Dafür sind wir in der Schweiz mit Aviptadil von Relief Therapeutics führend bei der Entwicklung eines Medikamentes zur Behandlung von Covid-19 bedingten akutem Lungenversagen.
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watson war gestern am SRF Bounce Cypher vor Ort in Oerlikon. Logisch, dass nicht jeder so gut Bescheid weiss wie Menschen, die im Journalismus arbeiten, aber trotzdem: Wir wollten von den Künstlerinnen und Künstlern wissen, wie gut sie informiert sind darüber, was in der Welt gerade so abgeht. Weisst du, wer zurzeit in den USA um das Amt des Präsidenten kämpft? Oder wie unser Schweizer ESC-Song heisst?

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