Es ist eine Geschichte mit vielen Beschuldigten, die sich alle irgendwie kennen. Einige packen aus, andere schweigen eisern und wieder andere werden zum Schweigen gebracht. Die Geschichte beginnt im April 2012 mit einem missglückten Brandanschlag auf ein Fitnesscenter in Villmergen.
Die Polizei findet schnell heraus, dass der Betreiber des Fitnessstudios jemanden angestiftet hat, sein Studio anzuzünden. Im Laufe der Ermittlungen kommt ans Licht, dass im Fitnessstudio im grossen Stil mit Anabolika gehandelt wird. In einem Kühlschrank entdeckt die Polizei Ampullen, Tabletten und Pülverchen mit Inhaltsstoffen, die Muskeln wachsen lassen. Es ist ein Zufallsfund, der zu einem Coup wird.
Der Betreiber des Fitnesscenters landet als Erster in Untersuchungshaft. Bei den Befragungen beschuldigt er weitere Personen, die in seinem Studio mit Anabolika gehandelt haben sollen. Es sind Anton, Felix und Mario (alle Namen geändert). Sie werden an einem Morgen im November 2012 verhaftet. Anton kommt ins Untersuchungsgefängnis nach Baden. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm gewerbsmässige Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz vor – also den Handel mit Anabolika.
Während Anton im Gefängnis sitzt, verurteilt das Bezirksgericht Bremgarten den Betreiber des Fitnesscenters wegen Anstiftung zur Brandstiftung und Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz. Mit diesem Schuldspruch stellt das Gericht implizit fest, dass auch Anton mit Anabolika gehandelt hatte, obwohl er das immer bestritt. Das kommt einer Vorverurteilung gleich. Das Bezirksgericht Bremgarten muss deshalb in den Ausstand treten und darf den Fall nicht verhandeln. Antons Verfahren verzögert sich, seine Haft verlängert sich.
Als klar ist, dass sich das Bezirksgericht Brugg mit seinem Fall befassen würde, stellt sein Anwalt ein Haftentlassungsgesuch. Am 22. Dezember 2014 – nach mehr als zwei Jahren im Gefängnis, ohne einen Richter gesehen zu haben – kommt Anton frei. Im Februar 2015 muss er sich vor Gericht verantworten. Laut Anklageschrift hat er mehreren Abnehmern Anabolika verkauft und so einen Umsatz und Gewinn in Millionenhöhe erzielt. Einer seiner damaligen Abnehmer war Felix. Er soll bei Anton Hormon- und Potenzmedikamente für 500'000 Franken bezogen haben. Felix war es auch, der Anton mit seinen Aussagen schwer belastet hatte.
Kurz nachdem Anton aus dem Gefängnis entlassen wurde, leiht er sich das Handy eines Anabolika-Händlers und telefoniert mit einem Produzenten. Die Staatsanwaltschaft hört mit, weil sie die Handys der beiden überwacht. Dieses Telefonat könnte Anton vor Gericht zum Verhängnis werden. Für die Staatsanwaltschaft beweist es nämlich, dass Felix erpresst wird und Anton etwas damit zu tun hat.
Am Telefon mit dem Anabolika-Produzenten spricht Anton davon, dass man sich Sorgen machen müsse. Felix habe wirklich alles erzählt, was er gewusst habe. Aber er «scheisse jetzt nur noch in die Hosen», sei «auf den Knien» gewesen und habe «um Gnade gewinselt». Es sei aber alles am Laufen. Felix habe drei Optionen: «Den Schaden zu bezahlen, auf den Mond zu fliegen oder sich eine Kugel zu geben.»
Einen Tag nach diesem Telefonat beantragt die Staatsanwaltschaft auch die Überwachung von Antons Handy. Das Zwangsmassnahmengericht heisst die Überwachung gut. Anton wehrt sich dagegen bis vor Bundesgericht. Er beantragt, alle durch die Überwachung gewonnenen Erkenntnisse als unverwertbar zu qualifizieren. Das Bundesgericht weist seine Beschwerde ab. Die Schwere der mutmasslichen Straftat rechtfertige die Überwachung, heisst es im Urteil der höchsten Richter. Die mutmassliche Nötigung und Erpressung von Felix ist Gegenstand mehrerer laufender Verfahren. Kommende Woche muss sich Anton deswegen vor dem Bezirksgericht Bremgarten verantworten.
Laut Anklageschriften soll sich Anton an seinen Kollegen gewandt haben, der eine Bar im Zürcher Langstrassenquartier betreibt. Dieser sollte jemanden anheuern, der bei Felix einfahre. Anton will, dass Felix seine belastenden Aussagen gegen ihn zurückzieht.
Letztlich kreuzen zwei Personen aus dem Zürcher Milieu bei Felix auf. Mehmet und Romeo. Sie überbringen Antons Forderungen und drohen ihm mit körperlicher Gewalt. Es wirkt. Felix «fürchtete um sein Leben und das seiner Familie. Er fühlte sich deshalb gezwungen, allen gestellten Forderungen nachzukommen», heisst es in der Anklageschrift.
Der eingeschüchterte Felix soll danach einen Freund gebeten haben mit dem Bar-Besitzer Kontakt aufzunehmen, um Details zu den gestellten Forderungen einzuholen. Es folgen mehrere Treffen in der Bar, bei denen auch Anton dabei ist und die Modalitäten besprochen werden.
Am 9. Februar 2015, neun Tage bevor sich Anton wegen gewerbsmässiger Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz vor dem Bezirksgericht Brugg verantworten muss, zieht Felix alle belastenden Aussagen zurück. Das Gericht unterbricht die Verhandlung und setzt sie vier Monate später fort. Am zweiten Prozesstag wird auch Felix vorgeladen. Er verweigert die Aussage.
Auch Ende Juni, als er im Verfahren gegen Mehmet als Zeuge vor Bezirksgericht Bremgarten befragt wird, belastet Felix Anton nicht. Er erzählt eine andere Version der Erpressungsgeschichte. Mehmet habe er nur einmal getroffen. Er habe ihn aber nicht bedroht. Gesprochen habe nur Romeo. Dieser habe auch Geld verlangt. Viel Geld. Die Frage, ob er das Geld für sich wollte oder im Auftrag von jemand anderes handelte, könne er nicht beantworten, sagt Felix.
Der Strippenzieher in der Erpressungsgeschichte soll also Romeo sein. Er sei bei der Polizei aktenkundig und ein Psychopath, sagt Felix vor Gericht. Der Haken an der Sache: Romeo ist tot. Ihn kann niemand mehr befragen. Romeo ist auch der Einzige, der wegen der Sache bereits rechtskräftig verurteilt wurde. Er hat den Strafbefehl der Staatsanwaltschaft akzeptiert, stand also nie vor Gericht. Weswegen und zu welcher Strafe Romeo verurteilt wurde, ist unklar. Die Staatsanwaltschaft kann dazu keine Angaben machen, weil der Strafbefehl bereits seit längerer Zeit rechtskräftig ist und Strafbefehle nur während 30 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft eingesehen werden können.
Bleibt die Frage, warum Anton alles daransetzte, dass Felix seine Aussagen zurückzieht. Der damals zuständige Oberstaatsanwalt sagt auf Anfrage der AZ, dass der Rückzug der belastenden Aussagen letztlich keinen Einfluss auf den Ausgang des Verfahrens hatte. Das Bezirksgericht Brugg habe bei seinem Urteil trotzdem auf die früheren Aussagen von Felix abgestellt. Das Aargauer Obergericht bestätigt im September 2016 den Schuldspruch gegen Anton.
Er wird wegen gewerbsmässiger Widerhandlung gegen das Heilmittelgesetz zu einer unbedingten Geldstrafe von insgesamt 39'600 Franken verurteilt. Das entspricht 330 Tagessätzen à 120 Franken. Von der unbedingten Geldstrafe muss er allerdings keinen Rappen bezahlen, weil ihm die 761 Tage in U-Haft angerechnet werden. Anton erhält 53'875 Franken Genugtuung für die 431 Tage Überhaft. Etwas gekostet hat ihn der Anabolika-Handel aber trotzdem. Das Obergericht verpflichtet ihn zur Zahlung einer Ersatzforderung von 500'000 Franken für die unrechtmässig erlangten Vermögensvorteile. Dieses Urteil hat Anton akzeptiert. Es ist damit rechtskräftig.
Welche Rolle Anton im Erpressungsfall spielte, ist noch offen. Damit wird sich das Bezirksgericht Bremgarten nächste Woche beschäftigen. Neben Nötigung und Erpressung geht es dabei erneut um Widerhandlungen gegen das Sportförderungsgesetz, also den Handel mit Anabolika. Offenbar hat Anton kurz nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis die alten Kontakte reaktiviert.
Aus der Bodybuilder-Szene wird ihn vor Gericht aber wohl niemand belasten. Die «sehr grosse Loyalität und Verschwiegenheit zwischen den einzelnen Beteiligten» sei in diesem Verfahren eine Herausforderung, sagt die Staatsanwaltschaft.
An die Gerichtsverhandlung in Bremgarten wird Anton wohl nicht von zu Hause anreisen. Laut Recherchen der AZ wurde er kürzlich wieder verhaftet. Grund dafür sind weitere Widerhandlungen gegen das Sportförderungsgesetz. Er soll also einmal mehr mit Anabolika gehandelt haben. Bis rechtskräftige Urteile vorliegen, gilt für alle Beschuldigten die Unschuldsvermutung. (aargauerzeitung.ch)
Wirklich bezahlen müssen die Schuldigen nie.
Der Mann hat Gelder in Milionenhöhe Eingenommen. Unsere Steuern schenken ihm jetzt 60'000 Franken, und er muss 500'000 Franken bezahlen, von den Millionen die er Unrechtmässig erlangt hat.
Dealer muss man sein. Ganz Ehrlich? Der Angeschissene ist der normal Arbeitende Zahlende Bürger. Da Laufen Die Ämter Amok wenn wegen 50.- etwas in der Steuererklärung nicht stimmt. Macht Mans schwarz, wird man noch belohnt.
Ich staune jeweils, wenn ich im Ausgang sehe wie viele 20 - 30 jährige Männer mit überproportional grosser Brust- Schulter- und Oberarmmuskulatur unterwegs sind. Die Bewegungen dieser Personen sehen in meinen Augen jeweils massiv dysfunktional aus.
Normalerweise:
Die Staatsanwaltschaft stellt einen Antrag auf Untersuchungshaft beim Zwangsmassnahmengericht. Dort entscheidet ein RICHTER über diese Massnahme. Eine Untersuchungshaft von über zwei Jahre bedarf indes einer mehrmaligen Verlängerung der Untersuchungshaft. Er wurde also sicher mehrmals einem Richter vorgeführt. Bei der Verhandlung vor dem ZMG kann der Beschuldigte seinen Standpunkt schildern.
War das hier in der Tat nicht so? Kann ich mir nicht vorstellen.