Diesen Auftritt wollte sich US-Präsident Barack Obama nicht nehmen lassen: Vor der UNO-Generalversammlung in New York warnte er am Mittwochabend die Weltgemeinschaft eindringlich vor der Gefahr, die von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) ausgeht. Das «Netzwerk des Todes» müsse resolut bekämpft werden.
Um die Worte zu bekräftigen, verabschiedete der Sicherheitsrat eine Resolution – ein Herzensprojekt Obamas –, die unter anderem schärfere Grenzkontrollen und die Überprüfung von Reisedokumenten und -plänen vorschreibt. Die Rekrutierung und der Transport von Personen, die mit Terrorabsicht in einen anderen Staat reisen, muss verhindert werden. Die Resolution ist für alle UNO-Mitgliedstaaten völkerrechtlich verbindlich, auch die Schweiz muss sie folglich übernehmen.
Doch was heisst das genau? Müssen die hiesigen Gesetze deswegen verschärft werden? Das zuständige Aussendepartement (EDA) teilt auf Anfrage mit, dass die Bundesverwaltung momentan daran sei, «die Resolution genau zu analysieren und mit dem bestehenden Rechtsrahmen abzugleichen». Das aktuelle Regelwerk reiche aber grundsätzlich aus – so gibt es im Strafgesetzbuch, im Geldwäschereigesetz, in Verordnungen oder in Europarat-Übereinkommen bereits zahlreiche Artikel, die sich gegen terroristische Aktivitäten richten.
In Deutschland ist eine grosse Debatte im Gang, ob die UNO-Resolution in Konflikt mit Grundrechten der Bürger steht. Das EDA nimmt dieser Diskussion von vornherein den Wind aus den Segeln – denn die Resolution werde «auf jeden Fall grundrechtskonform umgesetzt».
Bereits heute kann das Bundesamt für Polizei Einreiseverbote gegenüber Ausländern zur Wahrung der inneren oder äusseren Sicherheit verhängen. Zudem dürfen Personen, die in Verbindung mit Osama Bin Laden, al-Kaida oder den Taliban stehen und in einer entsprechenden Verordnung aufgeführt sind, nicht einreisen. Das EDA überprüft nun, ob hier «allfälliger Handlungsbedarf aufgrund der UNO-Resolution besteht».
Die IS-Resolution gibt auch im Bundeshaus zu reden. Die Sicherheitspolitiker interpretieren deren Bedeutung wenig erstaunlich entlang den parteipolitischen Falllinien. So begrüsst die Aargauer FDP-Nationalrätin Corina Eichenberger die Resolution, da sie ihrem Anliegen, terroristische Organisationen übers neue Nachrichtendienstgesetz zu verbieten, «eine zusätzliche Handhabe gibt».
Die Bedrohungslage durch den Terror sei eindeutig höher als noch vor ein paar Jahren. Weitergehende Gesetze als diejenigen, die bereits bestehen oder die in Revision sind, brauche es nicht.
SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher sieht den grössten Handlungsbedarf im Bereich der Finanzierung von Terroristen. Dabei biete die im parlamentarischen Prozess steckende Verschärfung der Geldwäschereiregeln die richtige Plattform.
Der Grüne Daniel Vischer will zuerst mal Klarheit. Die UNO-Resolution sei eine «schwammige, plakative Erklärung», aufgrund derer man nun «nicht in Hysterie verfallen» dürfe. Er geht davon aus, dass es in den kommenden Wochen und Monaten einen Auslegungsstreit um die UNO-Resolution geben wird.