Vor etwas mehr als zwei Jahren schlug die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) Alarm: Man sei «äusserst besorgt über die steigende Zahl von Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen, die keine Stelle finden.» Die Skos warnte vor einem Kostenanstieg zu Lasten der Kantone und Gemeinden. Diese tragen die Sozialhilfekosten, wenn die Zuständigkeit des Bundes nach fünf Jahren (bei anerkannten Flüchtlingen) oder sieben Jahren (bei vorläufig Aufgenommenen) endet.
Die neusten Zahlen des Bundes lassen vermuten, dass dieser Appell Wirkung gezeigt hat. Gemäss dem Staatssekretariat für Migration (SEM) arbeiteten Ende März 32,2 Prozent der erwerbsfähigen Flüchtlinge. Vor einem Jahr waren es nur 26,6 Prozent. Und bei den vorläufig Aufgenommenen stieg die Erwerbsquote von 31 auf 37,7 Prozent.
Die positive Entwicklung sei unter anderem auf verstärkte Integrationsmassnahmen zurückzuführen, hält das SEM fest. Als Beispiel nennt das Staatssekretariat die einjährigen Integrationsvorlehren, die seit dem vergangenen Sommer in 18 Kantonen angeboten werden. Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene arbeiten dabei in der Regel drei Tage pro Woche in einem Betrieb mit und werden so auf eine Berufslehre vorbereitet.
Am Pilotprojekt beteiligt sich auch der Kanton St. Gallen. Gemäss der Leiterin des kantonalen Kompetenzzentrums Integration und Gleichstellung, Claudia Nef, hat zudem das auf Anfang 2018 eingeführte Flüchtlingskonzept Wirkung erzielt. Damit wurde unter anderem die vorher fixe Begrenzung der Anzahl Deutschlektionen aufgehoben.
Weiter ist es seit Anfang Jahr für Arbeitgeber in der ganzen Schweiz einfacher, Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene anzustellen. Sie müssen keine Arbeitsbewilligung mehr beantragen, es reicht eine einfache Anmeldung. «Wir haben die zuständigen Behörden und auch die Arbeitgeber gezielt informiert und sensibilisiert», sagt Claudia Nef. «Die Arbeit scheint Früchte zu tragen.»
Das Sozialdepartement des Kantons Luzern, wo die Erwerbsquote über dem landesweiten Durchschnitt liegt, führt den Anstieg unter anderem auf die Aktivitäten der Wirtschaft und von Freiwilligen auf Gemeindeebene zurück. Auch die St. Galler Integrationschefin Claudia Nef streicht die grossen Anstrengungen der Gemeinden heraus. Neben finanziellen Interessen sei vermehrt ein «ethisches Engagement» festzustellen.
Eine der landesweit höchsten Erwerbsquoten hat der Thurgau. Der Kanton macht zwar nicht mit bei der Integrationsvorlehre, hat aber bereits vor zwei Jahren Integrationskurse für 17–24-Jährige eingeführt. Im Anschluss an die Kurse seien die Jugendlichen in der Lage, eine Berufslehre zu beginnen, heisst es beim Kanton.
Eine weitere Verbesserung soll die Integrationsagenda von Bund und Kantonen bringen, die kommende Woche in Kraft tritt. Der Bund zahlt den Kantonen neu für jeden Flüchtling und für jede vorläufig aufgenommene Person eine Integrationspauschale von 18'000 Franken, drei Mal so viel wie bisher.
Damit sind verschiedene Erwartungen verbunden: Unter anderem sollen die Sprachkenntnisse der Zielpersonen drei Jahre nach ihrer Einreise mindestens ausreichen, um den Alltag zu bewältigen. Unter den Personen mit «Arbeitsmarktpotenzial» soll sich die Erwerbsquote mittelfristig um 20 Prozent erhöhen. Die Behörden gehen davon aus, dass sieben von zehn Personen ein solches Potenzial mitbringen.
Viele Schutzsuchende sind allerdings trotz Arbeit auf Sozialhilfe angewiesen. Sie verdienen mit Praktika, Vorlehren oder Teilzeitanstellungen nicht genug, um finanziell auf eigenen Beinen zu stehen. 2017 betrug die Sozialhilfequote im Flüchtlingsbereich 86,3 Prozent.
Das ist auch in Ordnung, weil sie nach einer Ausbildung gute Chancen auf ein selbstständiges Leben haben.