Für die Europäische Zentralbank wie für die Schweizerische Nationalbank ist der Donnerstag ein wichtiger Tag. Für die eine entscheidet es sich, mit wie viel Geld sie die Märkte fluten wird. Für die andere ist es ein erster Härtetest der neuen Massnahme gegen den starken Franken.
Es ist ein weiteres grosses Projekt des Präsidenten der europäischen Zentralbank (EZB). Mario Draghi will mit einem breit angelegten Aufkauf von Staatsanleihen von Euro-Staaten, die Banken dazu bringen, der Wirtschaft mehr Kredite zu geben.
Draghis Kalkül hinter dieser ultralockeren Geldpolitik nach dem Vorbild der USA ist, die Konjunktur anzukurbeln und eine Deflation, also einen gefährlichen Preisverfall auf breiter Front mit sinkenden Löhnen und rückläufigen Investitionen, zu verhindern.
Über die Details des erwarteten Programms ist unter den Euro-Notenbankern bis zuletzt heftig gerungen worden. Ein Streitpunkt ist insbesondere die Frage, ob alle Staatsanleihen von der EZB gekauft werden, oder ob auch die Zentralbanken der Euro-Länder auf eigenes Risiko Titel erwerben sollen.
Grundsätzliche Kritik dagegen kommt aus Deutschland. Die deutsche Bundesbank befürchtet, dass es mit dem Programm zu einer Umverteilung der Risiken zu Lasten des Steuerzahlers kommt.
Trotz dieser Kritik dürfte Draghi mittlerweile eine Mehrheit im EZB-Rat auf sicher haben. Über die Höhe dieser so genannten «Quantitativen Lockerung» (QE) gehen die Schätzungen aber weit auseinander. Sie reichen von 500 Mrd. Euro bis 1000 Mrd. Euro. Entsprechend abwartend ist die Stimmung an den Finanzmärkten. Die EZB informiert voraussichtlich am frühen Nachmittag.
Der Entscheid der EZB dürfte auch von der Schweizerischen Nationalbank (SNB) mit Spannung erwartet werden. Für die SNB ist der Donnerstag nämlich der erste Härtetest für ihre neue Geldpolitik.
Vor einer Woche gab die Nationalbank bekannt, den im September 2011 eingeführten Euro-Mindestkurs aufzuheben und künftig die Aufwertung des Frankens vor allem mit Negativzinsen bekämpfen zu wollen. Eingeleitet hatte die Nationalbank diesen Kurswechsel bereits im letzten Dezember.
Damals hatte sie – offensichtlich bereits in Hinblick auf den Entscheid der EZB – angekündigt, auf heute Donnerstag Negativzinsen auf Einlagen zu erheben. Um die Aufhebung des Mindestkurses mindestens teilweise zu kompensieren, hat sie vor einer Woche den Zinssatz dieser Strafzinsen von 0.25 auf 0.75 Prozent erhöht.
Ob dies im Kampf gegen die Aufwertung des Frankens reicht, wird sich heute zum ersten Mal zeigen. Der Druck auf den Schweizer Franken wird vor allem dann steigen, wenn die EZB die Erwartungen der Finanzmärkte nicht erfüllt. Am Mittwoch gingen Experten von einem Volumen des QE-Programms von 600 bis 700 Mrd. Euro aus. (feb/sda/dpa/reu)