Nein, das ist kein Aprilscherz – auch wenn dieser Text seinen Ursprung am 1. April dieses Jahres hat. Vor einer Woche haben 23 Abgeordnete des Waadtländer Grossen Rates eine von ihrem SVP-Kollegen Fabrice Moscheni verfasste Motion mitunterzeichnet. Diese betrifft eine Änderung von Artikel 4 der Waadtländer Verfassung, der in seiner jetzigen Form besagt, dass «Lausanne die Hauptstadt des Kantons ist».
Die Motionäre, 11 SVPler, 9 FDPler und 3 Grünliberale, wollen das Prinzip eines wandernden Kantonshauptorts einführen. Die Verfassung des Kantons Waadt würde wie folgt geändert:
Aber warum diese Änderung? Der Wortlaut der Motion beantwortet diese Frage teilweise.
Der Motionär Fabrice Moscheni, ein Abgeordneter aus Lausanne, der aus Sainte-Croix, einer Randregion, stammt, will «die Zusammengehörigkeit der Waadtländer wiederbeleben, indem er diesem Juwel, das die Kantonshauptstadt ist, zu neuem Glanz verhilft». Der Abgeordnete zog eine Parallele zu einer sehr festlichen Veranstaltung:
Der Titel der Hauptstadt ist «in der waadtländischen Verfassung rein symbolischer Natur», sagt Fabrice Moscheni. «Er ist unabhängig vom Standort der kantonalen Institutionen und Verwaltungen», versichert er.
Diese Motion kommt einem Seitenhieb auf Lausanne gleich. Die politische Zugehörigkeit der Unterzeichnenden lässt auf eine gewisse Ermüdung im bürgerlichen Lager schliessen – manche würden von Frustration sprechen –, angesichts der Tatsache, dass die Linke in den meisten grossen Städten mehrheitlich vertreten ist. Lausanne, seit 1990 in linker Hand und für die Rechte kaum mehr zu gewinnen, wird aus dieser Perspektive nicht mehr als repräsentativ für die gesamte Bevölkerung des Kantons Waadt angesehen.
«Es gibt ein gewisses Misstrauen gegenüber Lausanne, das zunehmend als Ort wahrgenommen wird, der sich vom übrigen Kantonsgebiet entfremdet hat. Der frühere Glanz ist verblasst. Die Stadt hat ihre einigende Rolle verloren. Sie arbeitet im Grunde genommen für ihre eigene Bevölkerung, für ihre eigene Klientel», meint Fabrice Moscheni.
Der SVP-Abgeordnete legt nach:
Lausanne ist nicht mehr «die Bäuerin, die studiert hat», sondern wurde durch das multikulturelle Lausanne ersetzt, stellte Le Temps bereits 2008 fest. Der Landwirt Bernard Nicod aus Granges-près-Marnand im Bezirk Broye-Vully – Namensvetter des bekannten Immobilienunternehmers, jedoch «ohne familiäre Verbindung» – hat die Motion für eine rotierende Hauptstadt mitunterzeichnet.
Der FDP-Abgeordnete fügt hinzu: «Lausanne wirft uns vor, dass wir ihr suchtkranke Menschen schicken, und gleichzeitig beklagt sie, dass wir mit dem Auto kommen – dabei hat man je nach Wohnort gar nicht immer einen einfachen Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln.»
Bernard Nicod sehnt sich nach dem Comptoir Suisse (1920-1928), das jedes Jahr im Palais de Beaulieu in Lausanne stattfand. «Hier waren Modernität und Tradition vereint. Hier kam man her, um die grossen Haushaltsgeräte zu kaufen», erinnert er sich. Doch der FDP-Abgeordnete hat es nicht nur auf Lausanne abgesehen. Er gibt zu:
«Die loseren Bindungen unter den Waadtländerinnen und Waadtländern sind auch ein Stück weit unsere eigene Schuld – wir, die auf dem Land leben», räumt er ein. «Die Einkaufszentren auf dem Land haben dem Geschäftsleben in den kleinen Städten nicht gutgetan. Zum Glück gibt es noch die Feste, bei denen man sich einmal im Jahr gern wieder trifft.»
Auf der anderen Seite des Rates sieht man diesen Vorschlag kritisch. «Als ich diese Motion sah, dachte ich, es sei ein Aprilscherz», reagierte der Lausanner Julien Eggenberger, SP-Abgeordneter im Grossen Rat.
Tatsächlich sieht die Motion nicht vor, die Institutionen jeweils mit dem Wechsel der Hauptstadt zu verlegen. Julien Eggenberger nimmt das zur Kenntnis – merkwürdig bleibt die Motion für ihn dennoch.
«Da es sich um einen Vorschlag zur Änderung der Verfassung handelt, würde das Volk gegebenenfalls das letzte Wort haben», erklärt Julien Eggenberger. Die Motion wird vor dem Sommer vielleicht noch in der Kommission des Grossen Rates behandelt, die darüber entscheidet, ob sie weiterverfolgt wird oder nicht.
... sollte von einem Fest zum anderem wandern. 🥳🥳🍾🥂
... gewisse Politiker sollten freiwillig auf Alkohol verzichten. 🤣🤣