Mit der Zustimmung zu nicht ausgereiften Projekten hatte der Nationalrat das Nationalstrassen-Ausbauprogramm beinahe in die Sackgasse gefahren. Am Donnerstag konnte er die Vorlage doch noch verabschieden.
Letzte Woche hatte der Nationalrat die von Bundesrat und Verkehrskommission beantragten Ausbauprojekte genehmigt. Zusätzlich fügte er drei Projekte in den Ausbauschritt 2019 ein: Die Bodensee-Thurtal-Strasse, die Lückenschliessung der Zürcher Oberlandautobahn und den Muggenbergtunnel.
Diese Vorhaben sind noch nicht fertig geplant, die Kosten sind nicht bekannt. Mangels eines plausiblen Betrags war der Nationalrat nicht in der Lage, den Kredit für das Ausbauprogramm zu verabschieden. Da schon über die konkreten Projekte abgestimmt worden war, liessen sich diese auch nicht mehr zurückziehen. Die Vorlage ging zurück an die Verkehrskommission.
Diese fand schliesslich einen Ausweg: Sie beantragte, für die drei unreifen Projekte vorläufig kein Geld zu sprechen. Der Bundesrat soll aber beauftragt werden, dem Parlament einen Verpflichtungskredit zu unterbreiten, sobald die Projekte den planerischen Status eines «generellen Projekts» erreicht haben.
Damit stehe der Rat sowohl in Bezug auf den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) als auch in Bezug auf das Finanzrecht auf seriösem Boden, sagte Kommissionssprecher Thierry Burkart (FDP/AG). Laut Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga gab es allerdings heftige Reaktionen aus jenen Regionen, die den Planungsprozess eingehalten haben. Die Entscheide des Nationalrats stellten die Planungssicherheit infrage, sagte sie.
SP, Grüne und Grünliberale lehnten das von der Verkehrskommission vorgeschlagene Vorgehen ab. Die Mehrheit des Nationalrats habe vergangene Woche jede finanzpolitische Vernunft vermissen lassen, sagte Philipp Hadorn (SP/SO). Bewusst oder aus Unwissenheit seien die wahren Kosten der beschlossenen Projekte verschleiert worden.
Hadorn zeigte sich auch befremdet darüber, dass der Nationalrat das Autobahnnetz massiv ausbauen will, während die Jugend gegen den Klimawandel auf die Strasse gehe. Michael Töngi (Grüne/LU) liess durchblicken, dass die Grünen gegen die Ausbau-Beschlüsse das Referendum ergreifen könnten.
Kurt Fluri (FDP/SO) rief dazu auf, die Verhältnismässigkeit zu wahren. Wie auf der Strasse gebe es auch in der Verkehrspolitik hin und wieder Unfälle. Eine Dramatisierung sei unnötig. Die Mehrheit schloss sich dieser Haltung an und stimmte dem Vorschlag der Kommission mit 130 zu 55 Stimmen bei 4 Enthaltungen und dem Kredit in der Gesamtabstimmung mit 131 zu 57 Stimmen zu.
Der Ausbauschritt 2019 umfasst damit die Kapazitätserweiterung Crissier VD, den Bypass Luzern mit Ergänzung Süd und Ausbau Nord sowie die Umfahrung Le Locle NE. Auf Antrag der Kommission fügte der Nationalrat zusätzlich die Umfahrungen von La Chaux-de-Fonds NE und Näfels GL ein. Die drei noch nicht fertig geplanten Projekte sind nun als Option enthalten.
Zusammen mit dem Kredit für die Planung von noch nicht beschlossenen Projekten und der zweiten Röhre des Gotthard-Strassentunnels belaufen sich die voraussichtlichen Kosten auf 5.651 Milliarden Franken. Die Vorlage geht nun an den Ständerat. Dazu gehört auch ein Kredit von 8.156 Milliarden Franken für Betrieb, Unterhalt und Anpassung der Nationalstrassen für die Periode 2020-2023. Diesen hatte die Nationalrat schon zuvor verabschiedet. (sda)
Was natürlich nicht heisst, dass auch die Bahninfrastruktur ausgebaut werden muss.
Die gesamte Verkehrsinfrastruktur wurde damals für etwa 4 Millionen Leute konzipiert. Jetzt sind wir bald 8 Millionen. Das kann halt nicht mehr rückgängig gemacht werden.