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Wenn der Welpe am Strand von Marokko gegen Kleidung eingetauscht wird

Hunde aus dem Ausland müssen durch die Zollbehörden.
Hunde aus dem Ausland müssen durch die Zollbehörden.Bild: KEYSTONE
Illegale Hunde-Importe in die Schweiz nehmen zu

Wenn der Welpe am Strand von Marokko gegen Kleidung eingetauscht wird

Schweizer kaufen immer öfter ihren Hund im Ausland – und das nicht immer legal. Das Internet ist voll von verlockenden und günstigen Angeboten. Nicht selten sind diese Tiere aber ungenügend geimpft und müssen eingeschläfert werden.
23.07.2014, 13:1523.07.2014, 14:00
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Der Kanton St. Gallen machte kürzlich Zahlen publik: Ein Dutzend Fälle von illegalen Hundeimporten wurden dem Veterinärdienst seit Anfang Jahr durch Zoll, Polizei, Tierärzte oder Privatpersonen gemeldet. Es ging um rund 50 Tiere. Alle Fälle hatten Strafanzeigen und Meldungen an die Zollbehörden zur Folge.

22'600 Hunde aus dem Ausland
Laut der Schweizer Heimtier-Datenbank ANIS (Animal Identity Service) wurden im vergangenen Jahr 22'600 Hunde aus dem Ausland in der Schweiz neu registriert. Das sind annähernd so viele wie die 26'000 in der Schweiz geborenen Hunde. Die Hundeeinfuhren stiegen um 2,6 Prozent. 2012 hatte die Zunahme gar 23 Prozent betragen. (egg/sda)

Behörden kommen der Sache auf die Spur

Manche illegale Hundeimporte würden nur durch Zufall entdeckt, sagt der St. Galler Kantonstierarzt Albert Fritsche. Etwa nach Beissvorfällen oder wenn ein Hund zu einem Tierarzt gebracht wird, kommen die Behörden der Sache auf die Spur.

Hund in Serbien. 
Hund in Serbien. Bild: APA

Häufig stellen Zoll oder Behörden in Grenzkantonen wie St. Gallen fest, dass Hunde ohne die nötigen Papiere in die Schweiz gelangen. Viele Fälle, bei denen nicht alles korrekt läuft, dürften aber auch unentdeckt bleiben, vermutet Fritsche.

Impfung im Herkunftsland ungenügend

Der Kantonstierarzt schilderte den Fall eines Ehepaars, das in Marokko einen neunwöchigen Welpen von der Strasse gegen Kleidung eintauschte. Es liess den Hund noch im Tollwut-Risikoland Marokko impfen – allerdings nicht fachgerecht und nicht den Vorschriften entsprechend.

Drei Wochen später brachte das Paar den Hund über Spanien und Frankreich in die Schweiz, ohne die Einfuhr dem Zoll in Genf zu melden. Kaum in der Schweiz, verletzte sich die Besitzerin beim Spielen mit dem Hund und musste zum Arzt gehen.

Marokko ist Tollwut-Risikoland

Dieser meldete den Vorfall dem Veterinärdienst des Kantons St. Gallen. Dort wurde der illegale Import festgestellt. Der junge Hund aus Marokko musste eingeschläfert werden, weil er aus einem Tollwut-Risikoland stammte und die nötigen Veterinärbescheinigungen fehlten. 

Die Leute seien sich immer weniger bewusst, welche Risiken mit einem Hundekauf verbunden und welche Regeln zu beachten seien, sagt Fritsche. Zudem sei es sehr einfach, einen Hund übers Internet zu bestellen, statt ihn bei einem einheimischen Züchter zu kaufen.

Günstige Angebote im Internet

Auf Internetseiten werden Welpen zu verlockend günstigen Preisen angeboten, wobei manchmal nur eine Handynummer als Kontakt dient. Gefragt sind Rassen, die in der Schweiz eher teuer sind wie American Staffordshire, American Bulldog, Cane Corso oder Rottweiler. Vielfach ist die Herkunft der Tiere unbekannt.

Gefragte Rasse zum Kauf übers Internet: Bulldoggen.
Gefragte Rasse zum Kauf übers Internet: Bulldoggen.Bild: KEYSTONE

Sie stammen nicht selten aus Serbien, Bosnien-Herzegowina, der Türkei oder aus nordafrikanischen Ländern. Dort kommt die urbane Tollwut (Tollwut bei Haustieren) vor, weshalb für die Einfuhr in die Schweiz und die EU verschärfte Vorschriften gelten.

Hunde im Kofferraum oder Gepäckabteilen

Weil ein vorschriftsgemässer Import relativ aufwendig ist, versuchen Hundehalter oder Hundehändler immer wieder, Tiere illegal in die Schweiz zu schleusen. Zöllner entdeckten schon Welpen in ungeeigneten Transportboxen in Autokofferräumen oder Gepäckabteilen von Reisecars.

Der St. Galler Veterinärdienst wurde auf einen Händler aufmerksam, der Welpen im Internet zum Kauf anbot. Eine Kontrolle am Wohnort des Händlers ergab, dass dieser die Tiere illegal aus Österreich importiert hatte. Eine Handelsbewilligung konnte er nicht vorweisen.

Weil die Welpen gesund waren, alle einen österreichischen Chip und einen Heimtierausweis hatten und nicht aus einem Tollwut-Risikoland stammten, liessen es die Behörden bei einer Strafanzeige gegen den Händler und einer Anzeige bei der Zollfahndung bewenden.

Chip, Tollwutimpfung und Heimtierausweis

Fritsche empfiehlt Leuten, die einen Hund kaufen wollen, sich sorgfältig über Rassen und deren Eigenschaften zu informieren, aber auch über die geltenden Vorschriften. Hunde, die aus dem Ausland importiert werden, müssen mit einem Chip gekennzeichnet und gegen Tollwut geimpft sein. Zu jedem Tier gehört ein Heimtierausweis.

Wird ein Hund aus einem Land ausserhalb der EU in die Schweiz gebracht, gelten noch strengere Vorschriften. Diese sind auf der Homepage des Bundesamts für Lebensmittelschutz und Veterinärwesen (BLV) – www.blv.admin.ch – dokumentiert. (egg/sda)

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