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Gesellschaft & Politik

Festnahme von Martin Sellner: Mario Fehr kritisiert Vorgehen

Regierungspraesident Mario Fehr, Sicherheitsdirektor Kanton, informiert ueber die Sicherheitslage in Stadt und Kanton Zuerich, aufgenommen am Montag, 4. Maerz 2024 in Zuerich. Ein juedisch orthodoxer  ...
Mario Fehrs Kritik gilt vor allem dem Bund, der eine Einreise Sellners nicht verhindert hatte.Bild: keystone

Nach der Festnahme von Sellner: Mario Fehr übt Kritik am Bund

Die Aargauer Kantonspolizei hat am Samstagabend den bekannten österreichischen Rechtsextremisten Martin Sellner abgeführt. Der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr kritisiert nun das Vorgehen.
18.03.2024, 06:2118.03.2024, 13:07
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Martin Sellner ist ein bekannter österreichischer Rechtsextremist. Er bewegt sich, seit er ein Teenager ist, in neonationalsozialistischen Kreisen und vertritt offen rassistische und antisemitische Positionen. Mehrere Länder wie die USA oder Grossbritannien lassen ihn deshalb nicht einreisen (siehe Infobox).

Am Samstagabend hätte Sellner nun im aargauischen Tegerfelden auftreten und einen Vortrag halten sollen, eingeladen von der sich ebenfalls im rechtsradikalen Milieu bewegenden Schweizer Gruppe «Junge Tat». Doch dazu kam es nicht, weil die Kantonspolizei Aargau intervenierte, dem Österreicher den Strom abdrehte und ihn abführte.

Video: watson/Lucas Zollinger

Dass dieses Vorgehen überhaupt nötig wurde, bemängelt nun der Zürcher Regierungsrat Mario Fehr (parteilos). Denn: Die Kapo Zürich hatte für Sellner ein Einreiseverbot beim Bund beantragt. Dieses wurde aber offenbar nicht ausgesprochen. «Bedauerlicherweise hat der Bund darauf verzichtet, rechtzeitig eine Einreisesperre zu verhängen», sagt Fehr gegenüber dem Tagesanzeiger. Und führt aus:

«Die kantonalen Polizeikräfte haben angesichts der steigenden Deliktzahlen Gescheiteres zu tun, als provokative Veranstaltungen von Rechtsextremen zu verhindern.»

Solche Veranstaltungen müssten vom Bund im Keim erstickt werden – durch Einreisesperren.

Laut der Aargauer Polizei haben die Organisatoren gegenüber der Vermieterin des Lokals in Tegerfelden verschwiegen, um was für einen Inhalt es bei der Veranstaltung geht. Sellner wollte über sein Buch zur «Remigration» sprechen.

Rechtsextremist Martin Sellner
Der in Wien geborene Sellner bewegt sich seit seiner Teenager-Zeit im rechtsextremen Milieu. Bekannt geworden ist er unter anderem durch die Mitgründung der Identitären Bewegung Österreich (IBÖ). Sellners Einreiseverbot in die USA wurde damit begründet, dass er Kontakt mit dem rechtsextremen australischen Massenmörder Brenton Tarrant hatte. Dieser hatte im neuseeländischen Christchurch 2019 zwei Moscheen angegriffen und 51 Menschen getötet.

Erst kürzlich war Sellner in den Schlagzeilen, weil er offenbar beim Rechtsextremen-Treffen im deutschen Potsdam zum Thema «Remigration» referiert hatte. Mit Remigration wird grundsätzlich die Rückführung von Menschen mit ausländischen Wurzeln in ihr Herkunftsland bezeichnet. Der Begriff wurde von den Teilnehmenden in Potsdam, unter denen auch AfD-Parteimitglieder waren, in der Folge relativiert.

Als die Vermieterin davon in Kenntnis gesetzt wurde, habe sie den Vertrag aufgelöst. Einer Forderung der Polizei, die Veranstaltung zu beenden, waren die Organisatoren der Jungen Tat nicht nachgekommen. Deshalb habe man Redner Sellner angehalten und vom Kantonsgebiet weggewiesen. In der offiziellen Version: «Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und zur Verhinderung von Konfrontationen mit Personen der Gegenseite.» Sellner darf nun für zwei Monate nicht in den Aargau einreisen.

Den Entscheid der Polizei, einzugreifen, befürwortet der Aargauer SP-Regierungsrat Dieter Egli. Es sei kein politischer, sondern ein polizeitaktischer Entscheid gewesen, die Veranstaltung zu beenden. Aufgrund der Person Sellner und der Jungen Tat als Organisatorin habe die Polizei unter Einbezug der Vorgeschichte entschieden, zu intervenieren. Die Gefahr, dass die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört hätte werden können, sei vorhanden gewesen – auch, weil solche Veranstaltungen oft Gegendemonstrationen oder Gewalt zur Folge gehabt hätten.

Für Aufsehen sorgte bei der Geschichte, dass X-Besitzer Elon Musk Sellners Abführung kommentierte. Musk fragte, ob das legal sei – und meinte damit höchstwahrscheinlich das Vorgehen der Polizei. Regierungsrat Egli erklärte darauf angesprochen gegenüber dem «Tagesanzeiger», dass er davon ausgehe, dass «auch Elon Musk weiss, dass die Polizei auf rechtlicher Grundlage handelt».

Musks erklärtes Ziel ist es, auf X die Meinungsfreiheit hochzuhalten und alle am Diskurs teilhaben zu lassen. Allerdings wurden unter dem Techmilliardär auch viele ehemals gesperrte Persönlichkeiten wieder zugelassen, die sich klar rassistisch, antisemitisch oder anderweitig strafrechtlich relevant äussern. Rechtsextremist Sellner wurde laut eigener Aussage erst vor kurzer Zeit wieder freigeschaltet. (con)

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165 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Kleinaberdoktor
18.03.2024 06:33registriert Mai 2020
Alles richtig gemacht!

Warum er überhaupt einreisen durfte ist allerdings nicht ganz nachvollziehbar……..

Ich gebe Fehr Recht, wenn man ihn nicht in die Schweiz reingelassen hätte, wäre kein Polizeieinsatz nötig gewesen.😉
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Pontifax
18.03.2024 07:10registriert Mai 2021
Der Hauptfehler liegt bei den Schlafmützen beim Bund. Der Antrag für die Einreisesperre liegt wahrscheinlich jetzt noch unbearbeitet auf dem Stapel des verschlafenen Bearbeiters.
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ELMatador
18.03.2024 06:58registriert Februar 2020
Was ich mich frage ist wie man mit den Veranstaltern umgeht, die Verträge unter falschvorgegaukelten Tatsachen abschliessen. Mir scheint als ob dies immer öfters geschieht.

Wäre die nicht Betrug? Somit ein Strafbestand und mann könnte sie dafür gemäss geltendem Recht vor Gericht ziehen?
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