Schweiz
Gesellschaft & Politik

Bundesrat will bezahlte Unterschriftensammlungen nicht verbieten

Die Klimaaktivisten sammeln Unterschriften fuer eine Volksinitiative, anlaesslich eines globalen Klimastreik in der Stadt Luzern am Freitag, 20. September 2024. (KEYSTONE/Urs Flueeler)..
Das Sammeln gegen Entgelt durch externe Personen könnte für finanzschwächere Komitees aus der Zivilgesellschaft günstiger sein als ein Massenversand von Unterschriftenbögen, so der Bundesrat.Bild: keystone

Bundesrat will bezahlte Unterschriftensammlungen nicht verbieten

20.11.2024, 18:0120.11.2024, 18:01
Mehr «Schweiz»

Der Bundesrat stellt sich nach wie vor gegen ein Verbot bezahlter Unterschriftensammlungen für Initiativen und Referenden. Auch eine Verschärfung der Transparenzvorschriften will er vorerst nicht ins Gesetz schreiben. Dies geht aus seinen Antworten auf mehrere Vorstösse aus dem Parlament hervor.

Ein umfassendes Verbot von bezahltem Unterschriftensammeln könne den Zugang zu den Volksrechten für gewisse Akteure einschränken, schrieb die Landesregierung am Mittwoch in ihrer Stellungnahme zu zwei Motionen des Neuenburger SP-Ständerats Baptiste Hurni und der Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer.

Das Sammeln gegen Entgelt durch externe Personen könne für finanzschwächere Komitees aus der Zivilgesellschaft günstiger sein als zum Beispiel ein Massenversand von Unterschriftenbögen mit grossem Streuverlust, machte der Bundesrat geltend. Ein Verbot könne dazu führen, dass nur noch Gruppierungen mit etablierten Strukturen die notwendige Unterschriftenzahl erreichten.

Auch eine zwingende Offenlegung der Gelder, die Komitees für Unterschriften ausgeben, wendet die Landesregierung in ihrer Antwort auf eine Motion des Genfer SP-Ständerats Carlo Sommaruga ein.

Auskunftsrecht besteht laut Bundesrat bereits

Eine ganze Reihe anderer Massnahmen im Zusammenhang mit Unterschriftensammlungen lehnt der Bundesrat ebenfalls ab. So will er nicht im Bundesrecht festhalten, dass Bürgerinnen und Bürger bei der Gemeinde nachfragen können, ob ihre Unterschrift auf einem Sammelbogen auftaucht. Dies fordert Mitte-Nationalrat Martin Candinas (GR) mit einer Motion.

Der Bundesrat stellt sich auf den Standpunkt, die kantonalen Datenschutzgesetze sähen bereits ein Auskunftsrecht für Daten über die eigene Person vor. Zudem sei dieses Auskunftsrecht grundrechtlich geschützt.

Hintergrund der Vorstösse sind Enthüllungen vom September. Damals lösten Medienberichte über möglicherweise illegale Praktiken bezahlter Unterschriftensammler, namentlich in der Romandie, und über mutmasslich gefälschte Unterschriften eine Debatte über neue Regeln bei Unterschriftensammlungen aus.

Verweis auf Runden Tisch

Folge waren auch rund zwanzig Vorstösse im Parlament. So fordert etwa FDP-Ständerätin Johanna Gapany (FR) ein neues Gesetz zur Stärkung der Transparenz, SP-Nationalrat Jean Tschopp (VD) möchte eine Bewilligungspflicht für entsprechende Unternehmen.

Auch diese Motionen empfiehlt der Bundesrat zur Ablehnung. Gesetzgeberische Massnahmen seien erst angezeigt, wenn die bereits eingeleiteten Massnahmen der Bundeskanzlei nicht griffen. Dazu gehört unter anderem ein Runder Tisch mit dem Ziel, zusammen mit den Initiativkomitees, Sammelorganisationen, Parteien, Interessenverbänden und Behörden einen Verhaltenskodex für Unterschriftensammlungen zu entwickeln.

E-Collecting als Alternative

Als möglichen Weg zur Lösung des Problems sieht der Bundesrat hingegen das sogenannte E-Collecting. Er will beschränkte, praktische Versuche mit dem elektronischen Sammeln von Unterschriften für Volksbegehren ermöglichen. Dazu hat er die Bundeskanzlei mit einem Vorprojekt beauftragt, das solche Versuche vorbereiten soll.

Aus diesem Grund empfiehlt der Bundesrat auch mehrere gleichlautende Motionen aus den Fraktionen von FDP, Mitte, GLP, Grünen und SP zur Annahme, die derartige Pilotversuche fordern. Zwei weitergehende Motionen von Ständerat Benjamin Mühlemann (FDP/GL) und Nationalrätin Greta Gysin (Grüne/TI), die eine rasche Einführung elektronischer Unterschriftensammlungen verlangen, lehnt er dagegen ab. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
13 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
000614.06c54067@apple
20.11.2024 18:52registriert März 2024
„ Gesetzgeberische Massnahmen seien erst angezeigt, wenn die bereits eingeleiteten Massnahmen der Bundeskanzlei nicht griffen.“
Bisschen runder Tisch und ein Codex der nicht bindend ist.
Gewaltige und griffige Massnahmen! Ironie:off
311
Melden
Zum Kommentar
avatar
Andi Weibel
20.11.2024 19:25registriert März 2018
Zumindest die Bezahlung pro Unterschrift sollte verboten werden, denn das setzt offensichtliche Anreize zum Betrug.

Elektrische Unterschriftensammlungen lösen hingegen kein einziges Problem - im Gegenteil, es kommen einfach nochmals neue Möglichkeiten dazu, was alles schief laufen kann.
243
Melden
Zum Kommentar
13
    So viel verdienen die Chefs von SBB, SRG, RUAG und Co.

    Acht Chefs von bundesnahen Betrieben haben im vergangenen Jahr brutto mehr als eine halbe Million Franken verdient. Am meisten erhielt – Berufsvorsorge-Beiträge nicht inbegriffen – der Ende März zurückgetretene Post-Chef Roberto Cirillo.

    Zur Story