Seit 26 Jahren (!) ist keine Reform der AHV mehr geglückt. 26 Jahre Blockade – und wenn sich heute der Ständerat über einen neuen Reformversuch (AHV 21) beugt, herrscht wiederum grosse Absturzgefahr.
Dabei ist die Ausgangslage klar. Dem wichtigsten Sozialwerk der Schweiz geht das Geld aus. Ohne Reformen wird der AHV-Fonds 2033 oder 2034 leer sein. Das Bundesamt für Sozialversicherungen erwartet, dass das Umlageergebnis – also die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben – bereits 2025 bei minus 1.3 Milliarden Franken liegen wird.
2030 wird das Umlagedefizit bereits mehr als 4 Milliarden, ein Jahr später über 6 Milliarden Franken betragen. Der Grund sind die grossen Jahrgänge, die in Pension gehen. Die Arbeitnehmenden müssen eine grössere Zahl von Renten finanzieren. Aufgrund dieser demografischen Entwicklung gerät die AHV in ein Ungleichgewicht.
So weit die Fakten. Der Bundesrat bezeichnet die AHV-Reform als «dringlich». Um sie nicht zu gefährden, hat er die Reform auf das Wesentlichste beschränkt. Die Finanzierung der AHV soll gesichert und das Leistungsniveau erhalten bleiben. Wichtigstes Element ist die Erhöhung des Frauenrentenalters von 64 auf 65 Jahre, die Flexibilisierung des Rentenbezugs und die Erhöhung der Mehrwertsteuer.
Schlank ist sie also, die Reform – und trotzdem höchst umstritten. Die vorberatende Kommission des Ständerates brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis sie eine Vorlage verabschiedete. Heute berät der Ständerat darüber, und der Ausgang ist ungewiss. Dass die kleine Kammer die Reform ablehnt, ist durchaus möglich.
Mitte-Ständerat Erich Ettlin spricht von einem «Kantengang», sein SP-Ratskollege Hans Stöckli hält ein Scheitern für «nicht ausgeschlossen». Doch was macht die Reform derart kompliziert? Einerseits sind die Ausgleichsmassnahmen für das höhere Frauenrentenalter umstritten. Andererseits haben die Mitte-Vertreter in der Kommission erfolgreich die Erhöhung der Ehepaarrente eingebracht.
Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, das höhere Rentenalter der Frauen mit 700 Millionen abzufedern. Der Kommission ist das zu viel: Sie will dafür «nur» 440 Millionen Franken ausgeben. Statt neun Jahrgänge soll die sogenannte Übergangsgeneration, also jene Jahrgänge, die eine höhere Rente bekommen, von neun auf sechs Jahre reduziert werden.
Mehr Geld als für die Ausgleichsmassnahmen sieht die Kommission für die Erhöhung der Ehepaarrenten vor, nämlich 650 Millionen Franken. Erich Ettlin betont zwar, dass von dieser Massnahme auch 400'000 Frauen profitieren würden. Für die Linke ist es aber ein Affront, weil nur Ehepaare, aber nicht Alleinstehende bessergestellt würden.
Die FDP wiederum wehrt sich gegen einen Leistungsausbau. Die Folge wäre nämlich, dass die Mehrwertsteuer gestaffelt auf 0.7 Prozent erhöht werden müsste. Die Einsparungen durch die Erhöhung des Frauenrentenalters von 1.2 Milliarden Franken würden durch die Mehrausgaben gleich wieder zu Nichte gemacht.
Der Aufschrei gegen die Kommissionsentscheide war vor allem bei Frauen und Linken gross. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund lancierte eine Petition «Hände weg von den Frauenrenten». Mittlerweile haben mehr als 300'000 Leute die Forderungen nach höheren Frauenrenten und einem Verzicht auf ein höheres Rentenalter unterzeichnet.
Doch auch von rechts gibt es Druck. Arbeitgeber- und Gewerbeverband sowie Economiesuisse lehnen den hören Plafond für Ehepaarrenten ebenfalls dezidiert ab. Gestern redete nun auch alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf (vormals BDP, nun Die Mitte) ihren Parteikollegen ins Gewissen. Gegenüber der «SonntagsZeitung» sagte sie:
Dass die höhere Ehepaarrente in der Kommission überhaupt durchkam, hatte vor allem mit dem Taktieren der linken Ständeräte zu tun. Sie enthielten sich der Stimme – nur dadurch kam die Massnahme durch. Auch bei den Ausgleichsmassnahmen für die Frauen taktierte die Linke so, dass sich ein Modell durchsetzte, das eigentlich gar niemand will.
Der Riss im bürgerlichen Lager beschränkt sich nicht nur auf die Ehepaarfrage. Umstritten ist auch das Modell und die Höhe der Ausgleichsmassnahmen (siehe Kasten links). FDP-Ständerat Damian Müller wirft den anderen bürgerlichen Parteien vor, dass sie bei den tiefen Einkommen «schmürzelen» wollen. Er schlägt 600 Millionen Franken für die Kompensation vor. Mitte- und Linke-Politiker monieren aber, dass sein Modell zu Ungerechtigkeiten führt. Frauen mit tieferen Einkommen würden eine höhere Rente bekommen, das lasse sich im «Löwen oder Bären» nicht erklären.
Wie sich der Ständerat heute entscheidet, hängt viel von den Linken ab. Gerechnet wird auch damit, dass Die Mitte nochmals einen neuen Antrag mit höheren Ausgleichsmassnahmen einbringt. Die SP wird erst vor der Debatte entscheiden, wie sie sich taktisch verhalten wird. Sie kann gut mit dem Status quo leben und wird sich die Frage stellen, ob der Nationalrat seine Arbeit nicht besser bei null beginnt. (aargauerzeitung.ch)
Und wieder übernehmen die Medien die Zahlen des Bundes unreflektiert...
K-Tipp hat unlängst bewiesen, dass diese in der Vergangenheit mie zutrafen...
Im Gegenteil. Die düsteren Prognosen resultierten stets in einem noch dickeren Kässeli...
Ausserdem: Wir stimmten vor Jahren mal dafür, dass ein Prozentsatz der MwSt. in die AHV fliesst. Dies ist aber nicht passiert...
Diese Milliarden, soll der Bund erst mal „zurück@ zahlen...
Kann man getrost darauf verzichten.