An der Spitze der führenden Kulturbetriebe in Zürich und Basel und auch bei den grössten Festivals sitzen Männer. Ausnahme – und das ausgerechnet in der männlich dominierten Klassikwelt – macht das Tonhalle-Orchester Zürich, das von Ilona Schmiel geleitet wird. Sie wird spätestens 2023 mit Ann Demeester als Direktorin des Kunsthauses Zürich Beistand bekommen und auch beim Opernhaus Zürich stehen die Zeichen gut für eine Übergabe in Frauenhand.
Dennoch bleiben Frauen in den Leitungspositionen von Schweizer Kulturbetrieben tendenziell in der Unterzahl. Eine Studie von Pro Helvetia und dem Zentrum Gender Studies der Universität Basel hat im Sommer 2021 nachgezählt. Knapp 29 Prozent der strategischen Leitungspositionen belegen Frauen, die Intendanz ist in 35 Prozent der befragten Festivals und Kulturhäusern weiblich. Immerhin die Geschäftsleitungen sind mit einem Frauenanteil von 42 Prozent annähernd ausgeglichen besetzt.
Über alle Sparten hinweg werden die Entscheidungen so zu etwa einem Drittel von Frauen getroffen. Der Blick ins Detail legt die Ausreisser offen: Die Literaturhäuser der Deutschschweiz werden mehrheitlich von Frauen geführt, einige gar in reinen Frauenteams. Das bedeutendste Literaturfestival, jenes in Solothurn, wird seit vergangenem Jahr von einem Mann geleitet, von Dani Landolf. In Solothurn ruckelte es im August dann bei den Filmtagen – Anita Hugi muss ihren Posten als Direktorin abgeben. Wer folgen wird, ist offen. Zuvor verliess Lili Hinstin das Locarno Film Festival nach nur einer vollwertigen Ausgabe. In der 74-jährigen Geschichte des Festivals war sie die zweite Frau.
An den kleineren Theatern sind die Frauen durchaus vertreten – die Intendanten der grossen Häuser aber sind vor allem Männer, im Schauspielhaus Zürich etwa folgten zwei Männer auf die letzte Frau. Ausnahme ist das Theater Luzern. Die Pro-Helvetia-Studie benennt das Phänomen klar: Je grösser die Institution ist, desto weniger Frauen gibt es in den Chefetagen. Es sind auch in der Kulturbranche die kleinen Häuser, die sich besser mit familiären Pflichten vereinen lassen. Der simple Dreisatz führt zur Lohnschere. (saw/ch media)