Herr Zisyadis, haben Sie auch gewählt?
Selbstverständlich habe ich das, und mit grossem Vergnügen!
Darf man erfahren, wem Sie Ihre Stimme gegeben haben?
Syriza natürlich, die ich schon lange unterstütze und mit der wir in der Europäischen Linken regelmässig in Kontakt stehen.
Syriza hat die Wahl gewonnen. Was erhoffen Sie sich von der neuen Regierung?
Derzeit ist noch unklar, ob es für eine absolute Mehrheit reicht. Natürlich hoffe ich es. Es wäre besser für Syriza, wenn sie nicht auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen wäre, die ihren Kurs nicht teilen.
Sehen wir hier wirklich ein Votum für linke Politik oder eher verzweifelte Bürger, denen langsam die Alternativen ausgehen?
Wahrscheinlich etwas von beidem. Die Griechen hatten einfach genug, von der Sozialdemokratie und auch von der Neuen Demokratie (konservative Partei des bisherigen Regierungschefs Andonis Samaras, Anm. d. Red.). Gleichzeitig ist es ein historisches Ereignis: Erstmals seit dem Fall der Berliner Mauer hat eine Partei der Linken eine Wahl gewonnen.
Wie beurteilen Sie die Chancen für einen Schuldenschnitt, wie ihn Syriza fordert?
Ich denke, die Chance ist da. Die europäischen Regierungen müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich die Rahmenbedingungen mit dieser Wahl verändert haben. Sie könnte zudem Signalwirkung für andere Länder haben.
Sie denken an Spanien?
Ja, in den Umfragen liegt die linke Podemos-Bewegung vorn. Wir werden sehen, ob daraus die nächste Anti-Austeritäts-Regierung Europas hervorgeht. Syriza und Podemos sind pro-europäische Parteien, die Europa verändern, und nicht verlassen wollen.
Was ist ihr Eindruck von Syriza-Chef Alexis Tsipras? Manche halten ihn für zu jung und unerfahren für eine solche Aufgabe.
Ich kennen ihn aus vielen persönlichen Begegnungen in der Europäischen Linken. Erfahrung hat er genug, er politisiert seit der 16 ist! Ja, er ist jung. Aber er hört zu und ist nicht dogmatisch.