Wissenschaftler haben ein nicht-ansteckendes, realistisches Modell von SARS-CoV-2 entwickelt, das die Forschung am Virus und seinen neuen Varianten beschleunigt und sicherer macht. Das Projekt stand unter der Leitung von Nobelpreisträger Charles Rice von der Rockefeller University in New York und Volker Thiel von der Universität Bern.
Ein nicht-ansteckendes Modell von #SARSCoV2 ermöglicht es, neue #Varianten schneller und sicherer zu untersuchen sowie #Medikamente besser zu testen. Es entstand unter der Leitung von @RiceLaboratory @RockefellerUniv & @ProfVolkerThiel @ivi_switzerland #unibern. @snf_ch
— Universität Bern (@unibern) October 15, 2021
Wie das neue Modell die Forschung voranbringen könnte:
Die Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten ist weltweit schon weit gediehen. Aber es können immer wieder Varianten auftauchen, die noch infektiöser sind und vor denen die vorhandenen Impfstoffe nicht oder ungenügend schützen. «Je schneller die Eigenschaften solcher Varianten charakterisiert werden können, desto schneller lassen sich Gegenmassnahmen ergreifen», schreibt die Universität Bern (Unibe) in einer Mitteilung vom Freitag.
Ein Aspekt, der die Arbeit am Virus bisher verlangsamte, war die hohe biologische Sicherheit, die im Labor gewährleistet werden muss. Die gebotene Vorsicht schliesst bestimmte Experimente sogar aus. Zu diesen Experimenten gehört etwa das genetische Screening von Zellbestandteilen, die für die Virusinfektion und Vermehrung unerlässlich sind und daher einige der besten Angriffspunkte für Medikamente darstellen.
Die Forscher teilten Sars-CoV-2 gleichsam in zwei Komponenten auf: (1.) das Spike-Protein und (2.) die «Vermehrungsmaschinerie» des Coronavirus.
Der Trick besteht darin, dass sie das gesamte Coronavirus-Genom ohne das Spike-Protein im Labor zusammensetzten und zusätzlich einen zweiten «Bauplan», mit dem das Spike-Protein hergestellt wird, in die Zellen einführen. Einmal in die Zellen eingebracht, kann der «spike-lose» Coronavirus-Bauplan, auch Replikon-RNA genannt, alle Schritte des viralen Lebenszyklus durchlaufen, aber keine neuen infektiösen Coronavirus-Partikel produzieren.
Was sie produzieren, sind virenähnliche Partikel ohne Spike-Bauplan. Diese können dann verwendet werden, um andere Zellen zu infizieren und so eine natürliche Infektion nachzuahmen. Diese neu infizierten Zellen verfügen jedoch ebenfalls nicht über den Bauplan für das Spike-Protein und können daher selber keine neuen infektiösen Viruspartikel produzieren. Dadurch sind im Labor weniger Vorsichtsmassnahmen vonnöten und das beschleunigt die Arbeit.
Am entschärften Modell wirken antivirale Medikamente ähnlich wie beim gefährlichen Original, schreiben die Forscher: Bereits vorhandene antivirale Medikamente hätten das Modell genauso blockiert wie das originale Virus. «Damit kann das Modell auch dazu verwendet werden, neue Wirkstoffe zu testen – allerdings unter wesentlich sichereren Bedingungen», sagt Thiel.
Während das gesamte SARS-CoV-2-Genom 30'000 Buchstaben aufweist, verfügt der genomische Bauplan des Spike-Proteins nur über deren 5000. Das macht es leichter handhabbar.
Ähnliche Systeme habe es schon früher gegeben, schreibt die Unibe, doch handelte es sich bei dem dabei separierten Protein nicht um das Spike-Protein. Der Vorteil der neuen Methode liege darin, dass mit dem Spike-Protein eine besonders schädliche Komponente besser untersucht werden könne: «Mutationen des Spike-Proteins gaben bisher den grössten Anlass zur Sorge über neue Varianten», erklärt Thiel.
(yam/sda)