«Das Verhältnis zwischen der Schweiz und der EU ist auf einem Tiefpunkt angekommen», titelt der Spiegel. In den deutschen Medien herrscht die Meinung vor, dass die Schweiz mit dem Ende der Verhandlungen das enge Verhältnis zur EU einer Belastungsprobe aussetze. «Die Schweiz sägt an der Brücke nach Europa», schreibt etwa die «Frankfurter Allgemeine Zeitung».
Es sei aber das Recht der Schweiz als «autonomer Staat, der explizit kein EU-Mitglied und auch kein Teil des Europäischen Wirtschaftsraums sein will», die Verhandlungen abzubrechen, schreibt die «Süddeutsche Zeitung». Die Schweiz müsse jetzt aber auch bereit sein, die Konsequenzen zu tragen. «Wer beim Projekt EU und ihrem Binnenmarkt mitmachen will, muss ein Stück Autonomie aufgeben und die Spielregeln akzeptieren.»
Aus Österreich tönt es ähnlich. «Das enge Verhältnis zur Europäischen Union wird auf die Probe gestellt», schrieb etwa die Wiener Tageszeitung «Der Standard».
Aber auch ausserhalb der deutschsprachigen Medienwelt wurde das Thema aufgegriffen. Für den britischen Boulevard, der als EU-kritisch gilt, schien der «Schwexit» ein gefundenes Fressen zu sein. So schrieb die «Daily Mail» zum Beispiel: «Noch eine blutige Nase für Ursula von der Leyen nach dem Abschluss des Brexits im Januar.»
Die «Daily Express» wurde noch etwas bildhafter: «Die Schweiz SCHMETTERT Gespräche mit der EU ab und lehnt auch engere Verbindungen ab: ‹wir müssen UNSERE Interessen Verteidigen›.»
Etwas gemässigter gab sich die «Financial Times». Die Schweiz hätte wie kein anderes Land eine einmalige Beziehung zur EU, doch nun seien «Jahre der Verhandlungen verschrottet» worden. In Brüssel sei man frustriert, da in den letzten acht Jahren hunderte von Stunden für Verhandlungen investiert worden seien.
Vielleicht zuerst zur EU selbst: Diese reagierte relativ kurz angebunden: «Wir nehmen die einseitige Entscheidung der Schweizer Regierung zur Kenntnis», hiess es in einer Erklärung. Die EU bedauere die Entscheidung.
Auch warnt sie vor den Folgen: «Ohne dieses Rahmenabkommen wird diese Modernisierung der laufenden Beziehungen unmöglich und die bestehenden bilateralen Abkommen werden zwangsläufig veralten.»
Beim angrenzenden Bundesland Baden-Württemberg werden indes etwas sanftere Töne angeschlagen: «Für BW ist die Schweiz ein wichtiger und verlässlicher Partner in Wirtschaft & grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Wir müssen die sehr guten Beziehungen auch künftig intensiv pflegen.» Aber auch sie bedauere den Abbruch der Verhandlungen zutiefst.
Den Abbruch der Verhandlungen zum #Rahmenabkommen von Schweizer Seite bedauere ich zutiefst. Für BW ist die #Schweiz ein wichtiger und verlässlicher Partner in Wirtschaft & grenzüberschreitender Zusammenarbeit. Wir müssen die sehr guten Beziehungen auch künftig intensiv pflegen.
— Wirtschaftsministerium BW (@WM_BW) May 26, 2021
Für den EU-Delegationsleiter für die Beziehungen zur Schweiz, Andreas Schwab, steckt hinter der Entscheidung der Schweiz hingegen viel «Polittheater». Ähnlich sieht das Christian Leffler, ehemaliger EU-Chefverhandler für die Schweiz und jetzt pensioniert: «Der Bundesrat zieht es vor, der Vergangenheit nachzuhängen: Ein 50-jähriges Freihandelsabkommen, das reif ist fürs Museum, und ein 20 Jahre altes, statisches und limitiertes Paket von Bilateralen. Die Vergangenheit wird weiter schwinden, ebenso wie dieses Abkommen, während die Flagge der EU voranschreitet. Schade!»
🇨🇭 FederalCouncil prefers to cling to the past, a 50 year old museum-piece FTA and a 20 year old, static & limited package of bilateral agreements. The past will continue to recede, and so will these agreements, as the 🇪🇺 moves ahead. Pity! https://t.co/Dsp67Ef09u
— Christian Leffler (@CLefflerEU) May 26, 2021
Sven Giegold, Sprecher der Grünen im Europaparlament, fand in einem Blogeintrag auch keine lobende Worte. Im Gegenteil. «Das ist ein schlechter Tag für den europäischen Binnenmarkt», schreibt er. «Mir ist schleierhaft, was nun einfacher oder besser werden soll.»
In den sozialen Medien klatschen derweil vor allem Exponenten aus EU-skeptischen Kreisen Beifall. Joana Cotar, Beisitzerin im Bundesvorstand der AfD, twitterte: «Sich nicht auf der Nase rumtanzen lassen.»
Sich nicht auf der Nase rumtanzen lassen. #Schweiz #EUhttps://t.co/iaNEgD4hIv
— Joana Cotar (@JoanaCotar) May 26, 2021
Auch Brexit-Unterstützer aus Grossbritannien und EU-Skeptiker aus Frankreich machten aus ihrer Freude keinen Hehl.
La Suisse 🇨🇭, ce pays de 41 285 km² (6,4 % de la superficie de la France) et de 8,5 millions d’habitants (12,7 % de la population française) qui tient tête à l'UE 🇪🇺.
— Charles-Henri Gallois 🇫🇷 (@CH_Gallois) May 26, 2021
Cela lui réussit bien. Elle a un taux de chômage à 3,3 % et un PIB 82 000 dollars par habitant (40 500 en 🇫🇷). https://t.co/ouXcUmlAiQ
(dfr/sda)
Eeyore
Ein EU Beitritt ist illusorisch ein EWR Beitritt aber wohl machbar da man in Norwegen sieht wie gut das laufen kann.
Jonas der doofe
Ob es schlau war, steht auf einem anderen Blatt geschrieben, aber nachvollziehbar ists alleweil.
Ich habe auch keine bessere Idee, ehrlicherweise.
Alice36