«Putin wird euch zerstören»: Trump rastete laut Bericht bei Treffen mit Selenskyj aus
Der Bericht weckt unschöne Erinnerungen: Im Februar stellte die US-Regierung, allen voran Donald Trump und sein Vizepräsident JD Vance, Wolodymyr Selenskyj vor der Weltöffentlichkeit bloss, indem sie ihm vorhielten, undankbar zu sein und die Realität zu verkennen. Der ukrainische Präsident verlor die Fassung und versuchte verärgert zu erklären, weshalb man mit Wladimir Putin nicht verhandeln könne.
Nun scheint es erneut Krach gegeben zu haben zwischen den beiden Staatsoberhäuptern. Das legt zumindest ein Bericht der britischen Financial Times nahe. Statt eine Zusage für die Lieferung von Tomahawk-Marschflugkörpern bekam Selenskyj von Trump beim jüngsten Treffen im Weissen Haus eine Absage und eine hitzige Auseinandersetzung, wie Insider gegenüber dem Wirtschaftsblatt berichteten.
«Es war ziemlich übel», so eine der Quellen. Trumps Botschaft an Selenskyj sei gewesen: «Euer Land wird erfrieren und Putin wird euch zerstören, wenn die Ukraine kein Abkommen mit Russland schliesst.» Trump habe während des Treffens zudem mehrfach unflätige Ausdrücke benutzt.
Zuvor hatte die Zeitung bereits berichtet, dass die Begegnung in eine Art «Schrei-Duell» ausgeartet sein soll und Trump einen erklecklichen Teil der Zeit geflucht habe. Auch habe der 79-jährige Republikaner an einem Punkt des Gesprächs plötzlich die Landkarten, die den aktuellen Frontverlauf in der Ukraine zeigten, vom Tisch gerissen und darauf bestanden, dass Selenskyj den Gebietsabtretungen zustimmen solle.
Wie Zeugen des Gesprächs der Zeitung sagten, soll Trump dabei eben jene Forderungen wiedergegeben haben, die er tags zuvor im Telefonat mit Putin vom russischen Machthaber übermittelt bekommen habe. Besonders irritierend sollen die Ukrainer auch Trumps Angebot empfunden haben, sowohl Russland als auch Kiew Sicherheitsgarantien zu geben. Eine Stellungnahme des Weissen Hauses und des ukrainischen Präsidialamtes lag zunächst nicht vor.
Nach dem Treffen hatte Trump zu einem Waffenstillstand an den gegenwärtigen Frontlinien aufgerufen. Selenskyj schloss sich dieser Position in Äusserungen gegenüber Reportern an. Ein dritter Insider sagte, Trump habe diesen Vorschlag während des Treffens gemacht, nachdem Selenskyj erklärt habe, er werde freiwillig kein Territorium an Russland abtreten.
Am Wochenende wurde auch bekannt, dass Putin Trump angeboten habe, auf Teile der Gebiete Saporischschja und Cherson zu verzichten, wenn er dafür die Kontrolle über die Regionen Donezk und Luhansk erhält. Luhansk wird bereits zu einem grossen Teil von Russland kontrolliert, Donezk nur zu etwa 70 Prozent.
US-Vertreter hätten Selenskyj am Freitag genau das vorgeschlagen, berichtete die Nachrichtenangetur Reuters unter Berufung auf weitere Insider. Für die Ukrainer ein nicht akzeptabler Vorschlag. «Das ist so, als würden wir ein Bein von uns geben – um im Gegenzug nichts zu bekommen», zitierten US-Medien einen ukrainischen Diplomaten. Die Donezk-Region hat für die Ukrainer einen hohen militärisch-strategischen Stellenwert.
Auch ist die Gefahr durch Russland aus ukrainischer Sicht durch einen solchen Deal keineswegs gebannt – es gebe keinerlei Garantie, dass Putin sich die anderen beiden Regionen in einem späteren Krieg nicht ebenfalls wieder anzueignen versuchen würde. Eine Abtretung von Donezk würde den Rest der Ukraine anfällig für weitere russische Offensiven machen.
Selenskyj sagte am Sonntagabend in einer Videoansprache, die Ukraine werde dem Aggressor nichts geben, und man werde auch nichts vergessen.
Donald Trump bereitet indes ein weiteres Treffen mit Wladimir Putin vor. In Ungarn will er den russischen Autokraten erneut treffen – ohne Beisein von Selenskyj. (t-online/con)
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