Bei keinem von 45 Klima-Indikatoren auf Kurs – das 1,5-Grad-Ziel ist wohl nicht mehr zu erreichen
Die Kohleverbrennung erreicht im Jahr 2024 erneut eine Rekordmarke, wie der jährlich veröffentlichte «State of Climate Action»-Bericht des Thinktank «System Change Lab» zeigt. Der Bericht zeichnet ein dunkles Bild, denn auch wenn der Anteil der erneuerbaren Energien zugenommen hat, benötigen die Länder weiterhin Kohle, um den stetig ansteigenden globalen Energieverbrauch zu decken.
Seit 1985 hat sich der Verbrauch mehr als verdreifacht. Um diese Zunahme decken zu können, greifen Länder weiterhin auf fossile Brennstoffe zurück. Damit steigen weltweit die Treibhausgasemissionen, auch wenn durch den inzwischen stetig wachsenden Anteil an erneuerbaren Energiequellen, langsamer als zuvor.
Diese positive Entwicklung schlägt sich auch im Anteil der erneuerbaren Energien nieder. So haben Wind-, Solar- und Hydroenergie um 1,58 Prozentpunkte zugenommen und wachsen laut dem Bericht momentan «exponentiell».
Gleichzeitig sind die Anteile der fossilen Brennstoffe um rund 1,4 Prozentpunkte geschrumpft. Doch um tatsächlich die nötigen Werte für die auf 2030 gesteckten Klimaziele zu erreichen, muss in den nächsten fünf Jahren ein drastisches Umdenken passieren.
1,5-Grad-Ziel bis 2030 scheint utopisch
«Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, sind mutige, systemische Transformationen in allen Wirtschaftssektoren – von Energie, Gebäuden, Industrie und Verkehr bis hin zu Landnutzung und Ernährung nötig», schreibt das «System Change Lab» abschliessend in seinem Bericht.
Denn trotz der Verlangsamung der Zunahme der Treibhausgasemissionen und der wachsenden Anteile der erneuerbaren Energien sind die Länder der Welt weit davon entfernt, die im Pariser Abkommen festgelegte Obergrenze von 1,5-Grad einzuhalten.
Solar und Wind müssen nach der Prognose vom heutigen Anteil von rund 15 Prozent auf 57 Prozent ansteigen. Das ist eine Zunahme von 42 Prozentpunkten in nur fünf Jahren. In den letzten fünf Jahren konnte der Anteil nur um knapp sieben Prozentpunkte zunehmen. Selbst bei einem exponentiellen Wachstum der erneuerbaren Energiequellen werden die Ziele in der heutigen politischen Landschaft wohl klar verfehlt werden.
Keiner der 45 Indikatoren ist auf Kurs
Die Weltregierungen bewegen sich zu langsam, um die Klimakrise effektiv genug zu bekämpfen und das nicht nur bei der Energieproduktion. Im Bericht werden total 45 Klimaindikatoren untersucht, um festzustellen, ob die globale Klimapolitik auf Kurs ist – oder nicht.
Spezifisch warnt der Bericht vor dem Zustand der globalen Kohlenstoffreservoirs wie Wälder, Torfmoore, Feuchtgebiete, Ozeane und andere natürliche Systeme, die CO₂ speichern. Obwohl Staaten wiederholte Versprechen gemacht haben, ihre Wälder zu schützen, werden diese weiterhin abgeholzt. 2024 wurden weltweit 8,1 Millionen Hektaren Wald gerodet. Das ist zwar weniger als die noch knapp 11 Millionen im Jahr 2017 doch wieder mehr als die 7,8 Millionen Hektaren im Jahr 2021. Dazu hält der Bericht fest, dass die Regierungen rund neunmal schneller agieren müssten, um der Abholzung Einhalt zu gebieten.
Laut den Auswertungen ist nicht nur keiner der untersuchten Indikatoren auf Kurs, fünf davon entwickeln sich sogar in die entgegengesetzte Richtung. Einer davon ist die Zunahme der staatlichen Investitionen in fossile Brennstoffe.
Finanzierung der Klimakrise
Die globalen Investitionen der Staaten in fossile Brennstoffe belaufen sich (Stand: 2023) auf rund 1,5 Billionen US-Dollar pro Jahr. Tendenz steigend. Dabei sollten die staatlichen Finanzeinlagen bis 2030 in fossile Brennstoffe auf genau 0 US-Dollar gesenkt werden. Stattdessen investieren Staaten wie die Türkei munter weitere Milliarden in die inländischen Kohlekraftwerke. Rund 8,7 Milliarden US-Dollar bis 2030, auch wenn diese Investition nach einer Analyse des Thinktanks «Ember» der Türkei nicht einmal einen finanziellen Vorteil gegenüber Solar biete – im Gegenteil.
Ähnlich läuft es in anderen Staaten wie Indien, wo der rechtsnationalistische Premierminister Nerandra Modi im Frühling noch freudig verkündete, dass Indien nun jährlich eine Milliarde Tonnen Kohle produziere. Gleichzeitig nimmt die Trump-Regierung in den USA die Finanzierung der Kohleindustrie wieder auf.
Der US-Präsident hat sich wiederholt für die Kohle- und Ölindustrie ausgesprochen. Nicht nur investiert die Trump-Regierung aktiv in fossile Energien, sie streicht auch noch sieben Milliarden für Solarenergie zusammen. Aber es bleibt auch die Hoffnung, dass durch die Investitionen in China und der EU der Einfluss der USA und Indien abgeschwächt werden kann.
