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Bei keinem der 45 Klima-Indikatoren auf Kurs, wie neuer Bericht zeigt

YUNCHENG, CHINA - AUGUST 17, 2025 - Blue solar photovoltaic panels neatly arranged at the leading Photovoltaic Technology base in Yuncheng City, Shanxi Province, China on August 17, 2025. (Photo credi ...
Reihen von Solaranlagen in Yuncheng City in China. Bild: Future Publishing

Bei keinem von 45 Klima-Indikatoren auf Kurs – das 1,5-Grad-Ziel ist wohl nicht mehr zu erreichen

Die Welt fällt immer weiter hinter die gesetzten Klimaziele. Zwar ist der Anteil an erneuerbaren Energien gewachsen, doch gleichzeitig steigt der globale Energieverbrauch schneller, als die Energiewende kommt – und das 1,5-Grad-Ziel rückt in weite Ferne, wie ein neuer Bericht zeigt.
22.10.2025, 18:3922.10.2025, 19:27

Die Kohleverbrennung erreicht im Jahr 2024 erneut eine Rekordmarke, wie der jährlich veröffentlichte «State of Climate Action»-Bericht des Thinktank «System Change Lab» zeigt. Der Bericht zeichnet ein dunkles Bild, denn auch wenn der Anteil der erneuerbaren Energien zugenommen hat, benötigen die Länder weiterhin Kohle, um den stetig ansteigenden globalen Energieverbrauch zu decken.

Seit 1985 hat sich der Verbrauch mehr als verdreifacht. Um diese Zunahme decken zu können, greifen Länder weiterhin auf fossile Brennstoffe zurück. Damit steigen weltweit die Treibhausgasemissionen, auch wenn durch den inzwischen stetig wachsenden Anteil an erneuerbaren Energiequellen, langsamer als zuvor.

Diese positive Entwicklung schlägt sich auch im Anteil der erneuerbaren Energien nieder. So haben Wind-, Solar- und Hydroenergie um 1,58 Prozentpunkte zugenommen und wachsen laut dem Bericht momentan «exponentiell».

Gleichzeitig sind die Anteile der fossilen Brennstoffe um rund 1,4 Prozentpunkte geschrumpft. Doch um tatsächlich die nötigen Werte für die auf 2030 gesteckten Klimaziele zu erreichen, muss in den nächsten fünf Jahren ein drastisches Umdenken passieren.

1,5-Grad-Ziel bis 2030 scheint utopisch

«Um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen, sind mutige, systemische Transformationen in allen Wirtschaftssektoren – von Energie, Gebäuden, Industrie und Verkehr bis hin zu Landnutzung und Ernährung nötig», schreibt das «System Change Lab» abschliessend in seinem Bericht.

Denn trotz der Verlangsamung der Zunahme der Treibhausgasemissionen und der wachsenden Anteile der erneuerbaren Energien sind die Länder der Welt weit davon entfernt, die im Pariser Abkommen festgelegte Obergrenze von 1,5-Grad einzuhalten.

Solar und Wind müssen nach der Prognose vom heutigen Anteil von rund 15 Prozent auf 57 Prozent ansteigen. Das ist eine Zunahme von 42 Prozentpunkten in nur fünf Jahren. In den letzten fünf Jahren konnte der Anteil nur um knapp sieben Prozentpunkte zunehmen. Selbst bei einem exponentiellen Wachstum der erneuerbaren Energiequellen werden die Ziele in der heutigen politischen Landschaft wohl klar verfehlt werden.

Keiner der 45 Indikatoren ist auf Kurs

Die Weltregierungen bewegen sich zu langsam, um die Klimakrise effektiv genug zu bekämpfen und das nicht nur bei der Energieproduktion. Im Bericht werden total 45 Klimaindikatoren untersucht, um festzustellen, ob die globale Klimapolitik auf Kurs ist – oder nicht.

Spezifisch warnt der Bericht vor dem Zustand der globalen Kohlenstoffreservoirs wie Wälder, Torfmoore, Feuchtgebiete, Ozeane und andere natürliche Systeme, die CO₂ speichern. Obwohl Staaten wiederholte Versprechen gemacht haben, ihre Wälder zu schützen, werden diese weiterhin abgeholzt. 2024 wurden weltweit 8,1 Millionen Hektaren Wald gerodet. Das ist zwar weniger als die noch knapp 11 Millionen im Jahr 2017 doch wieder mehr als die 7,8 Millionen Hektaren im Jahr 2021. Dazu hält der Bericht fest, dass die Regierungen rund neunmal schneller agieren müssten, um der Abholzung Einhalt zu gebieten.

Die 45 Indikatoren
Die Indikatoren sind verschiedene, messbare Datenpunkte, welche von der Studie zur Analyse des Fortschritts in der globalen Klimapolitik genutzt werden. Die Indikatoren sind in die Kategorien Energie, Gebäude, Industrie, Transport, Wald und Land, Essen und Landwirtschaft, technologische Kohlendioxidentnahme und Finanzkapital unterteilt.

Laut den Auswertungen ist nicht nur keiner der untersuchten Indikatoren auf Kurs, fünf davon entwickeln sich sogar in die entgegengesetzte Richtung. Einer davon ist die Zunahme der staatlichen Investitionen in fossile Brennstoffe.

Finanzierung der Klimakrise

Die globalen Investitionen der Staaten in fossile Brennstoffe belaufen sich (Stand: 2023) auf rund 1,5 Billionen US-Dollar pro Jahr. Tendenz steigend. Dabei sollten die staatlichen Finanzeinlagen bis 2030 in fossile Brennstoffe auf genau 0 US-Dollar gesenkt werden. Stattdessen investieren Staaten wie die Türkei munter weitere Milliarden in die inländischen Kohlekraftwerke. Rund 8,7 Milliarden US-Dollar bis 2030, auch wenn diese Investition nach einer Analyse des Thinktanks «Ember» der Türkei nicht einmal einen finanziellen Vorteil gegenüber Solar biete – im Gegenteil.

Ähnlich läuft es in anderen Staaten wie Indien, wo der rechtsnationalistische Premierminister Nerandra Modi im Frühling noch freudig verkündete, dass Indien nun jährlich eine Milliarde Tonnen Kohle produziere. Gleichzeitig nimmt die Trump-Regierung in den USA die Finanzierung der Kohleindustrie wieder auf.

Der US-Präsident hat sich wiederholt für die Kohle- und Ölindustrie ausgesprochen. Nicht nur investiert die Trump-Regierung aktiv in fossile Energien, sie streicht auch noch sieben Milliarden für Solarenergie zusammen. Aber es bleibt auch die Hoffnung, dass durch die Investitionen in China und der EU der Einfluss der USA und Indien abgeschwächt werden kann.

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106 Kommentare
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Fritz_Forelle
22.10.2025 19:21registriert März 2022
Zum Glück wird der Energiebedarf von AI uns noch weiter ausbremsen.
Welch freude!
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Sonichu
22.10.2025 22:05registriert Dezember 2022
Was soll denn der Otto Normal Bürger tun, dessen Job durch energiefressende KI bedroht wird und der sich niemals ein Eigenheim leisten kann, während Klima Botschafter Prince William für ein EM Spiel mit dem Privatjet nach Zürich kommt und 10 Minuten danach wieder heimfliegt? Wer solche Vorbilder hat braucht sich nicht zu wundern wenn es nicht klappt und sich die Leute für die paar Kröten auf der hohen Kante eine Easyjet Reise gönnen.
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Bananensalat
22.10.2025 19:12registriert Dezember 2016
Unter kapitalistisch beherrschten Staaten werden wir auch das 2° und 3°-Ziel nicht erreichen. Wenn wir den Kapitalismus nicht töten, wird er es mit uns tun.

(Strichliste für alle "Ja aber, der Kapitalismus hat-Argumente" bereitgelegt, Popcorn aufgewärmt)
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