Einen SP-Genossen von der Notwendigkeit eines nationalen Verhüllungsverbots überzeugen? Das dürfte ein ähnlich kniffliges Unterfangen sein, wie einem Konservativen die Homo-Ehe schmackhaft zu machen. US-Forscher haben eine erfolgsversprechende Argumentationsstrategie entdeckt. It's the moral, stupid.
Wer einen politischen Gegner von seinen Positionen überzeugen will, muss an dessen eigene Moralvorstellungen appellieren. Zu dieser Erkenntnis kommen der Soziologieprofessor der Stanford-Universität, Robb Willer und sein Kollege Matthew Feinberg von der Universität in Toronto. Über deren Forschung, die im «Personality and Social Psychology Bulletin» publiziert wurde, berichtet das Online-Magazin Quartz.
New research shows how to make effective political arguments, Stanford sociologist says https://t.co/lf6yTpCqJz via @Stanford
— Robb Willer (@GhostfaceWiller) 12. Oktober 2015
Wer eine Position vertritt oder ein Argument vorträgt, beruft sich dabei in der Regel auf sein eigenes Gerechtigkeitsempfinden. Doch je ausgeprägter die Fronten in einer Debatte, desto weniger erfolgsversprechend ist dieses Vorgehen. Die Forscher haben sechs Online-Studien ausgewertet und dabei herausgefunden, dass Menschen beim Verfechten politischer Standpunkte meist von ihren eigenen Werten ausgehen und der Moral ihrer politischen Gegner widersprechen.
Die Untersuchung gingen die beiden Forscher wie folgt an: Sie baten liberal eingestellte Personen, ein Argument aufzuschreiben, mit dem sie Konservative für die Homo-Ehe überzeugen könnten. Konservative mussten derweil dafür argumentieren, wieso Englisch die offizielle Sprache in den USA sein soll.
Resultat: Beide Gruppen wiesen die Tendenz auf, ihre Argumente mit ihren eigenen moralischen Vorstellungen zu untermauern. 34 Prozent der Liberalen nutzten zudem Argumente, die konservativen Werten widersprachen, umgekehrt waren es 14 Prozent bei den Konservativen.
Es folgte ein weiterer Versuch, in dem die Forscher testeten, inwieweit die Teilnehmer der beiden Gruppen zu überzeugen waren, wenn Argumente ihren eigenen Moralvorstellungen entsprachen (Reinheit und Patriotismus für Konservative, Gerechtigkeit und Gleichberechtigung bei den Liberalen).
Und siehe da: Konservative waren eher bereit, eine Krankenversicherung für alle zu unterstützen, wenn diese mit dem Argument verteidigt wurde, dass mehr Nicht-Versicherte «mehr unreine, infizierte und kranke Amerikaner» bedeuten. Ein Artikel für die Homo-Ehe wirkte überzeugender, wenn darin die gleichgeschlechtlichen Paare als stolze und patriotische Amerikaner dargestellt wurden.
Auf der anderen Seite war es wahrscheinlicher, dass Liberale hohe Militärausgaben unterstützen, wenn damit argumentiert wurde, dass die Armee die Gleichberechtigung fördern würde, weil sie für Menschen einen Weg aus der Armut bedeute. Wenn Englisch als Staatssprache damit verteidigt wurde, dass Einwanderer dadurch ein besseres Leben haben könnten und damit Diskriminierung abgebaut würde.
«Moral kann eine Quelle politischer Spaltung sein», wird Willer auf der Website der Stanford Universität zitiert. «Aber sie kann auch eine Brücke sein für den, der seine Position mit den tiefsten moralischen Überzeugungen seines Publikums zu verbinden mag.» (kad)
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