Die Schweiz hat keine natürlichen Rohstoffe, ihre einzige Ressource ist die gute Bildung der Menschen. Diese Meinung ist hierzulande tief verankert. Das zeigt auch eine neue repräsentative Umfrage, die das Forschungsinstitut Gfs Bern im Namen des Branchenverbands Interpharma durchgeführt hat und die CH Media vorliegt. Wichtigster Treiber für die Schweizer Innovationskraft ist demnach das «starke Bildungssystem». 94 Prozent finden, dass dieses «eher» oder «sehr stark» dazu beitrage.
Ebenfalls entscheidend sind das «langfristig stabile politische System» und - mit etwas Abstand - die «international renommierten Universitäten» sowie die «offenen Grenzen für Forscherinnen und Forscher» oder auch der «Schutz des geistigen Eigentums». Die Attraktivität des Steuersystems hingegen erachten die 2015 befragten Stimmberechtigten als weniger wichtig. «Das ist durchaus bemerkenswert», sagt GfS-Bern-Co-Chef Urs Bieri. «Das Steuerargument zieht, das Bildungsargument zieht aber noch viel mehr.»
Die heimische Forschung und Innovation stärken aber gemäss den Umfrage-Ergebnissen nicht nur den Schweizer Wirtschaftsstandort, sondern auch dessen Versorgungssicherheit - ein Thema, das an Brisanz gewonnen hat im Nachgang zur Covid-Krise, zum Krieg gegen die Ukraine und zu den gegen Russland verhängten Sanktionen.
Vorsorgen heisst jetzt die Devise nach den gemachten oder befürchteten Knappheitserfahrungen. So erachten rund 90 Prozent der Befragten den eigenen «starken Forschungsstandort» als «sehr» respektive «eher wichtig», ebenso wie den Ausbau der Pflichtlager für Medikamente sowie verschiedene internationale Verträge, die der Schweiz im Krisenfall Nachschub zusichern.
Die Versorgungssicherheit darf sich der Staat auch etwas kosten lassen: 84 Prozent erachten nun eine «Produktion im Inland, auch wenn es Steuergeld kostet», als wichtig, wie aus der Umfrage hervorgeht. Für Interpharma-Chef René Buholzer ist es aber entscheidender, dass die Schweiz über international wettbewerbsfähige Innovations- und Produktionsplattformen verfügt.
Solange es in der Schweiz Forschung und Herstellung gebe, solange werde die Pharmaindustrie hierzulande im Krisenfall rasch reagieren können. «Das hat auch der Fall der Covid-Impfung gezeigt», wie Buholzer ergänzt. Der Impfstoff wurde zwar nicht hierzulande entwickelt, doch sei die Schweiz innert kürzester Zeit zu einem der grössten Covid-Impfstoffproduzenten aufgestiegen.
Die Liebe zur heimischen Produktion sei auch schon kleiner gewesen, wie Urs Bieri ergänzt. Noch vor einem Jahr landete diese auf dem letzten Platz. Dieser gebührt nun den «offenen Grenzen für Waren und Personen». Diese offenen Grenzen bezeichnen heute fast 25 Prozent der Befragten als unwichtig, und damit fast doppelt so viele wie vor einem Jahr.
Nebst Vorsorgen ist auch Vorbereiten angesagt, und zwar auf schlechtere konjunkturelle Zeiten. Als sinnvoll bezeichnen hier die Befragten die etwas schwammig gehaltenen Massnahmen für «attraktive Rahmenbedingungen» im Allgemeinen und den Ausbau der «Digitalisierung». Ebenfalls topplatziert sind gute Rahmenbedingungen für die Spitzenforschung sowie die internationale Beziehungspflege - zur EU sowie fast noch mehr zu Ländern ausserhalb der EU.
Denn trotz des Rufs nach «mehr selber machen» und grösseren Lagern ist sich die hiesige Bevölkerung durchaus bewusst, dass die Schweiz beim Aufbau und beim Halten ihres Wohlstands vom Ausland abhängig ist. Ein gutes Drittel spricht von einer «sehr starken», weitere 51 Prozent von einer «eher starken» Abhängigkeit. Entsprechend wünschen sich 82 Prozent eine stärkere internationale Vernetzung der Schweiz. (aargauerzeitung.ch)