Nemo, ich gratuliere herzlich zu Ihrem Song. Wir sind begeistert.
Nemo: (Laut) Wirklich? Geil! Das freut mich.
Wie und wo ist der Song entstanden?
Am Suisa Songwriting Camp im Juni 2023. Also dort, wo auf Einladung des Produzenten Pele Loriano in den letzten Jahren immer wieder Songs für den ESC entstanden sind. Seit 2019 werde ich dort eingeladen, ich war aber immer verhindert. Diesmal hat es geklappt. Ich habe aber zunächst nicht gewusst, dass dort ein Song für mich als interpretierende Person geplant war.
Es hat offenbar gut funktioniert, oder?
Ja, und wie. Es hat richtig Spass gemacht. Wir waren zu viert. Neben mir eine Songschreiberin aus Schweden, ein Produzent aus Norwegen und einer aus der Schweiz. Ich konnte loslassen von allen Erwartungen und der Song ist aus uns rausgeflutscht. Ohne gross darüber nachzudenken, was es ist oder sein soll. Es war echtes Teamwork.
Der Song hat eine ernste Botschaft. Das Video ist aber auch unterhaltsam und witzig. Ist es sogar selbstironisch?
Selbstironisch würde ich nicht sagen. Aber ja, es soll unterhaltend sein. Der Mensch hat verschiedene Facetten, er soll auch Verschiedenes ausprobieren. Doch um wirklich zu sich selbst zu finden, muss man sich selber sehen können. Am Schluss des Videos habe ich es geschafft.
Kennen Sie The Last Dinner Party? Das Theatralische, Dramatische an dieser Musik erinnert mich an Ihren Song «The Code»?
Oh ja, ich bin ein grosser Fan, ich liebe diese englische Frauenband und die Musik berührt mich. Mein Song ist aber entstanden, bevor ich die Band richtig kennen lernen durfte. Doch der Vergleich ist schön und ehrt mich.
Welche Chancen rechnen Sie sich aus?
Ich möchte den Contest gewinnen. Das muss das Ziel sein, wenn man dort antritt. Ich werde jedenfalls mein Bestes geben und dafür sorgen, dass die Bühnenshow spektakulär wird. Es kommt sehr viel Arbeit auf mich zu, aber ich bin gespannt und freue mich irrsinnig.
Wie wird die Show? Schon das Video mit den Kostümwechseln ist ja dankbar.
Dazu darf ich leider noch nichts sagen. Es wäre schön, wenn das noch eine Überraschung bleiben würde.
Sie haben eine bewegte Zeit hinter sich. Musikalisch und persönlich. Wann haben Sie den Beschluss gefasst, Englisch zu singen?
Vor gut drei Jahren hatte ich das Bedürfnis, noch einmal von vorn zu beginnen. Das Singen auf Englisch statt Mundart markierte diesen Neustart. Ich wollte mich in neues Territorium vorwagen, nachdem ich schon so viel erreicht hatte.
Hat der musikalische Stilwechsel auch mit der Erkenntnis zu tun, dass Sie nicht binär sind?
Nein, eigentlich nicht. Zeitlich fiel dieser Prozess zwar zusammen, aber einen direkten Zusammenhang gab es nicht. Ich hatte das Bedürfnis, aus meiner Welt auszubrechen, um mich dort selbst zu entdecken. Zu diesem Tapetenwechsel passte Englisch besser als Mundart. Englisch hat mir viele Türen geöffnet.
Die Hip-Hop-Szene ist nicht bekannt dafür, in Genderfragen besonders aufgeschlossen zu sein. Haben Sie sich in dieser Umgebung nicht mehr wohl gefühlt?
Das sehe ich nicht so. Gerade in der Schweizer Hip-Hop-Szene habe ich ein paar der herzlichsten Menschen kennen gelernt. Ich denke, das ist ein Vorurteil, das zumindest für die Schweizer Szene nicht zutrifft.
Sie waren extrem früh extrem erfolgreich. Kam der Erfolg zu früh?
Nicht unbedingt. Diese Erfahrung möchte ich nicht missen. Darauf kann ich jetzt aufbauen. Der frühe Erfolg erlaubt es mir, jetzt neue Wege einzuschlagen.
Der ESC hat eine lange Tradition in der Homo- und LGBTQ-Szene. Hat Sie das angezogen?
Das Schöne am ESC ist, dass er unglaublich viel Platz bietet für alle möglichen Menschen. Diese Toleranz ist eine Stärke. So stelle ich mir auch eine ideale Gesellschaft vor.
Und vielleicht gefällt der Song dem Rest des Publikums. Dann gewinnt mal die Schweiz wieder!
Viel Erfolg Nemo!
Ich drück uns zwar die Daumen, und hoffe auf ein paar Punkte…
Go Switzerland!!!