Selbst für den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) gehört dies nicht zum Alltagsgeschäft: dass er sich mit einem Abstimmungskampf befassen muss. Doch eine der zentralen Aufgaben der Geheimdienstler ist es nun mal, Terrorismus und gewalttätigen Extremismus frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen. Am 7. März wird das Schweizer Stimmvolk über ein nationales Verhüllungsverbot entscheiden. Im Visier haben die Initianten des SVP-nahen Egerkinger Komitees dabei vor allem die Burka und den Nikab als Symbole des Islams.
Stellen sich mit dem Urnengang auch Fragen der inneren Sicherheit? Jedenfalls hat der NDB – der es sonst tunlichst vermeidet, sich in die Tagespolitik einzumischen – die Lage in den Blick genommen. Der Dienst bestätigt dies der «Schweiz am Wochenende». Hinweise auf Bedrohungen wegen der Abstimmung hat er bisher zwar keine. «An der Bedrohungslage ändert diese Initiative vorerst nichts», betont NDB-Kommunikationschefin Isabelle Graber.
Auch halte man es derzeit für wenig wahrscheinlich, dass Dschihad-Anhänger oder islamisch-fundamentalistische Kreise auf Schweizer Boden im Vorfeld der Abstimmung «gewalttätig gegen diese Volksinitiative mobilisieren werden». Bedenken hat der NDB aber, was bei einem Ja zur Initiative passieren könnte. Graber: «Sollte sie angenommen werden, könnte dies die Ressentiments dieser Kreise gegenüber der Schweiz verstärken.»
Die Politik debattiert hierzulande seit Jahren über Verbote von Gesichtsschleiern. Die Kantone St.Gallen und Tessin haben solche nach Volksabstimmungen jeweils eingeführt. Auch die Geheimdienstler des Bundes sind deshalb schon länger aktiv geworden. Als das Thema vor Jahren in den Fokus rückte, warnten sie erstmals vor drohenden Feindseligkeiten.
Der jährliche Lagebericht des NDB zeigt, von wem oder was das Land bedroht wird. 2014 etwa wurde darin die Islamkritik als «potenzieller Auslöser von Gewalt» in der Schweiz bezeichnet. «Jegliche politische Aussage oder jeder Entscheid, der die muslimische Gesellschaft in der Schweiz objektiv oder subjektiv beeinträchtigt, kann von Dschihadisten als Feindseligkeit der Schweiz gegenüber Muslimen interpretiert werden.» Ein Verhüllungsverbot scheine hier besonders heikel zu sein, hielt der NDB seinerzeit weiter fest: «Im Gegensatz zum Minarett, das kein wesentlicher Bestandteil der Ausübung des muslimischen Glaubens ist», gälten Burka oder Nikab als «wesentliches Glaubensmerkmal».
Tatsächlich sorgte die Anti-Minarett-Initiative, die 2009 überraschend angenommen worden war, zwar namentlich in arabischen Ländern für Verstimmung. Extremistische Muslime lehnen jedoch Minarette als Teil der «islamischen Neuerung» ab. «Daher können sie das Verbot nicht als Angriff auf den Islam propagieren, ohne der eigenen Position zu widersprechen», betonte damals auch der NDB mit Blick auf den Urnengang. Hinter der Initiative stand ebenfalls das Egerkinger Komitee.
Das Burkaverbot ist da anders gelagert. Verschiedene europäische Länder kennen in irgendeiner Form bereits Vorschriften gegen die Verschleierung des Gesichts. Streng umgesetzt werden sie im Pionierland Frankreich. Auch hier stellte sich die Frage, ob die Regelung den religiösen Fanatismus gar anheizt statt bekämpft. Bevor die Republik ihr neues Gesetz im Jahr 2010 einführte, hatte sie den Zorn islamischer Extremisten auf sich gezogen. Von den Warnungen vor Racheakten liess sich der damalige französische Präsident Nicolas Sarkozy jedoch nicht einschüchtern.
Für die Urheber des Verhüllungsverbots in der Schweiz ist die Burka ein Symbol der grausamen Unterdrückung von Frauen; als Zeichen des fundamentalistischen Islams sei es unvereinbar mit hiesigen Grundwerten des Zusammenlebens.
Während die Sicherheitsbehörden vor Ressentiments warnen, sehen die Initianten ihrerseits das Verhüllungsverbot auch als Prävention. Verhüllung könne ein Mittel sein, «terroristische Absicht zu tarnen und zu verbergen», schreiben sie in ihrem Argumentarium.
Die Gegner der Vorlage halten dies wiederum für reine Symbolpolitik. Terrorismus könne damit kaum verhindert werden. FDP-Ständerat Andrea Caroni fasste es in einer Ratsdebatte einmal so zusammen: Hierzulande werde «nie jemand so dumm sein, einen Anschlag in einer Burka zu planen». Mehr Aufmerksamkeit könnte man schliesslich kaum auf sich ziehen.
du_bist_du
Also könnten diverse Gruppen künftig einfach bewaffnete Milizen, a la USA, auf die Strasse senden und schon haben sie das gewünschte Resultat? Wäre z.B. auch ein Traum für die organisierte Kriminalität.
Ja ich weiss, die analysieren nur und machen ihren Job. Das unkommentiert so abzudrucken finde ich aber fahrlässig.
Nik G.
Amateurschreiber