«Ich will nicht wissen, was sie glauben. Ich will wissen, was sie gesagt und gemacht haben», ermahnte Gerichtspräsident Dominik Kiener den 33-jährigen Angeklagten am Mittwoch mehrmals. Es ging um böse Geister, um Energien, um die Aura und um spirituelles Wachstum, vor allem aber um viel Geld: Was der 33-jährige Mann als Spendensammlung bezeichnete, war in den Augen der Staatsanwaltschaft gewerbsmässiger Betrug.
Die Masche war immer dieselbe: Auf offener Strasse sprach er Menschen an, die niedergeschlagen wirkten, erzählte etwas von einer beeindruckenden Aura oder den angeblichen «Merkmalen Shivas» auf deren Stirn.
Im April 2015 sprach er beispielsweise eine Frau inmitten einer psychischen Krise in der Basler Innenstadt an. Jahre zuvor hatte die Frau eine Krebserkrankung durchgemacht und war besorgt, die Krankheit könne sie wieder einholen. Der Guru ging darauf ein. Der Krebs werde tatsächlich wieder ausbrechen, so seine Vorhersage, doch er könne ihr helfen.
Nebst spirituellen Anweisungen und einem Medikamentenverbot gab es bald auch eine konkrete Preisliste: Auf einem Zettel standen die drei Summen 62'000, 101'000 und 150'000 Franken, und gemäss ihrem Vermögen falle sie in die mittlere Kategorie. Wenige Stunden später hatte die Frau Aktien verkauft, 100'000 Franken in bar abgehoben und ihm das Geld beim Aeschenplatz übergeben.
Doch zwei Wochen später meldete er sich telefonisch erneut bei der Frau, sprach diffuse Drohungen aus und meinte, um Gott zu besänftigen, müsse sie nochmals 50'000 Franken nachlegen. Inzwischen kam allerdings dem Opfer die Sache spanisch vor, sie ging nur zum Schein auf seine Forderungen ein und alarmierte die Polizei. Anfangs Mai 2015 klickten am Treffpunkt in Zürich-Altstetten dann die Handschellen, seither sitzt der 33-Jährige in Haft.
Die Kontakte auf seinem Mobiltelefon führten zu weiteren «Kunden»: Insgesamt sechs Geschädigte konnten die Behörden ausfindig machen, die erbettelte Gesamtsumme beträgt 360'000 Franken. Wie viel Geld der Mann ansonsten noch organisiert hat, ist nicht klar. Mindestens ein weiterer Mann sprach ebenfalls Passanten an und vermittelte dem Angeklagten die Telefonnummern der «Gläubigen». Dieser und weitere Mittäter blieben allerdings bislang unbekannt.
Das Basler Strafgericht hörte am Mittwoch mehrere Geschädigte als Zeugen an. Manche schilderten, sie hätten auf die spirituelle Unterstützung des Mannes gehofft, andere sahen eher den wohltätigen Zweck ihrer Spende für Waisenhäuser in Indien. Auch um den Aufbau eines Meditationszentrums ging es oft, ein sogenanntes Ashram.
Ein in Konstanz auf der Strasse angesprochener Mann spendete rund 150'000 Franken und liess sich gar in Neu Dehli herumführen, ein anderer kaufte dem Guru in Zürich ein nagelneues iPhone, um in Kontakt zu bleiben, sowie eine Armani-Uhr als persönlich Erinnerung.
Wortreich sagte der 33-Jährige zum Prozessauftakt, er habe das Geld in Indien verteilt. «Ich habe nur Spenden gesammelt», verteidigte er sich. Von Betrug will er nichts wissen. Am Donnerstag werden die Plädoyers gehalten, das Urteil fällt am Freitag.
(bzbasel.ch)