AKW-Mitarbeiter kontrollierte Strahlungsmessgeräte nicht – weil er zu faul war
Ein Strahlenschutzfachmann des Atomkraftwerks Leibstadt hatte die Aufgabe, mobile Strahlungsmessgeräte zu kontrollieren. Damit werden Behälter vor dem Abtransport ins Zwischenlager von Würenlingen überprüft. Der Mitarbeiter liess drei Halbjahreskontrollen aus und fälschte mehr als 200 Protokolle. In den Checklisten trug er Fantasiezahlen ein.
Dafür wurde der AKW-Mitarbeiter von der Bundesanwaltschaft per Strafbefehl verurteilt, in den CH Media Einsicht hatte. Er hat die Kontroll- und Dokumentationspflicht des Kernenergiegesetzes verletzt und muss eine Busse von 3000 Franken sowie Verfahrenskosten von 1000 Franken zahlen.
Die nukleare Sicherheit sei nicht in Gefahr gewesen
Normalerweise steht in einem Strafbefehl, wie gefährlich eine Tat war. In diesem Fall steht aber hauptsächlich, wie harmlos sie war. Den halbjährlichen Konstanzprüfungen käme innerhalb des Sicherheitsdispositivs von Atomkraftwerken eine untergeordnete Bedeutung zu.
Die Messgeräte seien ausserordentlich robust und zuverlässig. Die fehlenden Kontrollen hätten keinen direkten Einfluss auf die nukleare Sicherheit. Aus «Bequemlichkeitsgründen» habe der Mitarbeiter die Kontrollen nicht richtig durchgeführt.
Vermutlich hat er seine Pflichten vernachlässigt, weil er sie nicht für wichtig hielt – was die Strafverfolgungsbehörde ja selber bestätigt. In einem Atomkraftwerk können aber selbst unwichtige Kontrollen eine Bedeutung haben, weshalb der Fall sehr ernst genommen wird.
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Der Fall flog auf, weil die Zahlen verdächtig waren
Ein Vorgesetzter entdeckte die fehlenden Kontrollen. Er wurde stutzig, als er die Checkliste überprüfte und die Zahlen nicht die übliche Streuung aufwiesen. Der Mitarbeiter war also sogar zu faul, um sich unverdächtige Ziffern auszudenken. Das AKW Leibstadt meldete den Fall 2019 dem Eidgenössischen Nuklearsicherheitsinspektorat. Dieses erstattete Strafanzeige.
Das AKW überprüfte danach, wie gut die Messgeräte tatsächlich funktionieren. Bei acht Geräten wurden Abweichungen festgestellt. Der Mitarbeiter hatte Glück. Es waren Abweichungen gegen oben. Die Geräte gaben also eine zu hohe Strahlung an, was kein Sicherheitsproblem darstellt.
Dennoch sieht das Inspektorat die Sicherheitskultur im AKW kritisch. In den vergangenen Jahren sei es nämlich zu einer Reihe von Vorfällen aufgrund menschlichen Fehlverhaltens gekommen. Das AKW ergriff darauf diverse Massnahmen. Die Aufsicht wurde verstärkt, Mitarbeiter wurden geschult und für Kontrollen wurde eine Jobrotation eingeführt.
Der Mitarbeiter hat schon einen neuen Job
Der faule Mitarbeiter hat seine Stelle inzwischen nicht mehr. Das Arbeitsverhältnis wurde aufgelöst, heisst es beim AKW. Wer gekündet hat, ist nicht bekannt. Er hat danach umgehend einen neuen Job gefunden. Jetzt arbeitet er für eine Firma, die Nutzfahrzeuge herstellt. (aargauerzeitung.ch)
