Jahrelang behandelte in Biel ein Zahntechniker Patienten als Zahnarzt und richtete im Mund einiger Menschen schwere Schäden an. Nun hat ihn ein Gericht zu 4,5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt.
Das Regionalgericht Berner Jura-Seeland in Biel sprach den 53-jährigen Mann am Donnerstag der mehrfachen schweren Körperverletzung schuldig. Auch der einfachen Körperverletzung und des gewerbsmässigen Betrugs hat sich der Zahntechniker und Dentalassistent schuldig gemacht.
Der Mann musste nach der Urteilseröffnung sofort hinter Gitter: Das Gericht ordnete Sicherheitshaft an.
Ausführlich schilderte der Gerichtspräsident bei der Urteilsverkündigung die Leiden der vier Opfer der schweren Körperverletzung: Ihnen schliff der falsche Zahnarzt beispielsweise unnötigerweise Zähne ab und errichtete unsachgemäss Brücken.
Grosse Schmerzen erlitten diese Personen nicht nur in der Praxis des Zahntechnikers, sondern auch bei den Nachbehandlungen durch echte Zahnärzte. Diese konnten jeweils kaum glauben, was sie sahen. Unter Tränen berichtete zu Prozessauftakt eine Frau von 54 Nachbehandlungen, denen sie sich habe unterziehen müssen.
Der Angeklagte selber sagte vor Gericht meistens, nicht er sei für die Probleme dieser Patienten verantwortlich, sondern die von ihm beigezogenen Zahnärzte. Das liess das Gericht gemäss den Aussagen des Gerichtspräsidenten aber nicht gelten.
Der Mann habe sich jeweils gegenüber den Kunden klar als auch für zahnmedizinische Arbeiten fähige Person ausgegeben und die Arbeiten ausgeführt. Auf den Rendez-vous-Zetteln seiner Praxis stehe unmissverständlich «X.Y. Zahnmedizin».
Laut der Anklage täuschte der Mann seinen Titel vor, um mehr Geld verlangen zu können. Anderseits lagen die Tarife des Zahntechnikers laut einem Opfer unter jenen echter Zahnärzte. Das Gericht ging mit seinem Urteil über den Antrag der Staatsanwältin hinaus, die eine Freiheitsstrafe von 44 Monaten verlangt hatte.
Die Machenschaften des falschen Zahnarztes haben in Biel schon viel zu reden gegeben. Schon 2009 klagte die Bieler Zahnarztgesellschaft, es sei «schwer verständlich», dass die Justiz das Treiben des Mannes nicht unterbunden habe. Schliesslich habe die Gesellschaft schon 2007 Strafklage eingereicht.
Die Staatsanwaltschaft sagte im Verlauf des Prozesses zu diesem Vorwurf, sie habe den Auftrag, strafrechtliche Vorwürfe mit aller Sorgfalt zu prüfen. Es handle sich um einen komplexen Fall. Erschwerend komme hinzu, dass der Angeklagte immer weiter delinquiert habe, auch nach einer Beschlagnahmung seiner Instrumente.
Auch das Gericht fand gemäss dem Gerichtspräsidenten, das Strafverfahren habe zu viel Zeit in Anspruch genommen. Das Gericht hat gegen den Mann nun auch ein fünfjähriges Berufsverbot verhängt.
(sda)