Das Bezirksgericht Winterthur hat einen 53-jährigen Geräteturn-Trainer am Mittwoch wegen mehrfacher sexueller Handlungen mit einem Kind verurteilt. Er selber sprach von einer «Liebesbeziehung» zu einer damals 15-jährigen Turnerin. Die junge Frau leidet noch heute.
Das Gericht verurteilte den Schweizer zu einer bedingten Geldstrafe von 280 Tagessätzen zu 120 Franken. Dazu kam eine Busse von 2000 Franken. «Diese Beziehung war illegal und strafbar», sagte der Richter. Auch wenn die Turnerin mit den sexuellen Handlungen einverstanden gewesen sei, bedeute das nicht, dass sie eigenverantwortlich darüber habe bestimmen können.
«Sie war 15 Jahre alt.» Er hingegen habe eine Kaderfunktion im Geräteturnen gehabt und somit eine Machtposition. «Statt sich abzugrenzen, haben Sie das ausgenutzt.»
Als der Beschuldigte die Turnerin in einem Trainingslager in Tenero kennenlernte, war er 40 - sie war 14. Anfangs hätten sie sich übers Turnen ausgetauscht, dann auch über Privates, sagte der heute 53-Jährige. Er sei sicher nicht der einzige Trainer, der sich mit den Turnerinnen intensiv austausche. «Das gibt es bei anderen in der Turnszene auch.» Irgendwann sei dann eine Liebe daraus entstanden.
«Wir hatten es wunderschön zusammen.» Sechs Jahre lang hätten sie eine Beziehung geführt. Weil er damals noch mit einer anderen Frau zusammen war, hielt er die Beziehung geheim. Dass die Turnerin heute darunter leide, tue ihm leid. «Es war falsch, es war zu früh.»
Die mittlerweile 28-jährige Frau wusste lange nicht, weshalb sie sich vor Sex ekelte. Irgendwann verstand sie, dass dies an dieser «Beziehung» im minderjährigen Alter lag. Sie habe sich geschämt und die Schuld bei sich gesucht, sagte ihre Anwältin.
Mit seinem Urteil folgte das Bezirksgericht aber nur zu einem kleinen Teil den Anträgen der Staatsanwaltschaft. Diese hatte eine bedingte Freiheitsstrafe von 12 Monaten gefordert, dazu eine Busse von 2100 Franken. Dass der Trainer nun mit einer deutlich milderen Strafe davonkam, tat dem Richter leid, wie er zugeben musste.
«Aber ich musste Recht sprechen.» Leider sei es so, dass die sexuellen Handlungen mit 15 Jahren im Jahr 2012/13 stattgefunden hätten - und damals war das Recht noch milder. Gemäss Bundesgericht wird bei Taten, die in der Vergangenheit begangen wurden, das für den Beschuldigten mildere Recht angewendet.
Aus juristischen Gründen erhält der Trainer auch kein Tätigkeitsverbot mit Minderjährigen. Dieses wurde erst 2015 eingeführt. Auch ein Berufsverbot eignet sich gemäss Richter nicht, da die Trainertätigkeit nicht die Arbeit des Beschuldigten sei. «Halten Sie sich bezüglich Trainings von Jugendlichen aber bitte zurück», appellierte der Richter an den Verurteilten.
Der 53-Jährige kann rechtlich gesehen also weiterhin Trainings geben. Dies tut er aktuell auch, obwohl er von J+S (Jugend und Sport) und der Swiss Sport Integrity gesperrt wurde. Dieses Training einmal pro Woche sei auf privater Basis, sagte er dazu.
Alle dort seien über das Verfahren informiert. Die Eltern seien einverstanden, dass er ihre Kinder trainiere. «Ich habe daraus gelernt und stelle keine Gefahr dar.» Die Anwältin der ehemaligen Turnerin hingegen bezeichnete ihn als «Gefahr für Minderjährige.»
Der Beschuldigte ist seit etwa 15 Jahren ein bekannter Funktionär im Geräteturnen. Er war Wettkampfleiter und Wertungsrichter für den Schweizerischen Turnverband STV. Daneben leitete er Turn-Lager. (hkl/sda)