Der Schweizer Maler Franz Gertsch ist tot. Er starb am Mittwoch mit 92 Jahren im Spital, wie der Geschäftsführende Direktor des Museums Franz Gertsch am Donnerstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte.
Der 1930 in Mörigen am Bielersee geborene Maler lebte und arbeitete bis zu seinem Tod im bernischen Rüschegg. 2002 eröffnete in Burgdorf das Museum, das seinen Namen trägt und den Künstler allein durch seine Existenz «zu zahlreichen neuen Werken und Zyklen» inspirierte, wie das Haus am Donnerstag in einer Medienmitteilung schrieb.
Man wolle «die Kunst von Franz Gertsch weiter bewahren und in die Zukunft tragen». Aktuell ist die Ausstellung «Kaleidoskop. 20 Jahre Museum Franz Gertsch» (bis 5.3.23) zu sehen. Am 28. Januar (bis 18.6.) eröffnet «Franz Gertsch. Farbproben» und gewährt einen Einblick in das Archiv des Künstlers.
Gezeigt werden zahlreiche Farbproben, die sich über die Jahrzehnte des Holzschnittschaffens seit Mitte der 1980er Jahre angesammelt haben.
Franz Gertsch machte sich nach seiner Ausbildung in Bern zuerst einen Namen mit Holzschnitten, wie dem Lexikoneintrag des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft zu entnehmen ist.
Mitte der 1960er Jahre entstanden auf Fotovorlagen basierende Collagen aus eingefärbtem Papier, 1969 malte Gertsch das erste grossformatige fotorealistische Bild. Es beruhte auf der Projektion eines Kleinbilddias. Bald machte Gertsch selber Fotos und übertrug die Motive in langer Arbeit, die bis zu einem Jahr dauerte, und unter Einsatz des Diaprojektors auf Baumwolltuch.
Von 1986 bis 1995 gab er die Malerei zugunsten grossformatiger Holzschnitte vorübergehend auf. Gemeint ist, dass der Künstler Holzplatten mit einem Hohleisen so einkerbte und bearbeitete, dass darauf gepresste Papierbögen ein Bild ergaben. Auf diese Weise entstanden etwa grosse Porträtbilder junger Frauen.
Mit 77 Jahren nahm Gertsch ein neues, grosses Werk in Angriff: die Darstellung der vier Jahreszeiten. Es handelt sich einmal mehr um Bilder von grossen Dimensionen: «Winter» misst 3,25 auf 4,8 Meter. Auf diesem Bild malte Gertsch erstmals Schnee.
Nach den Gemälden «Meer II», «Cima del Mar» und «Schwarzwasser» aus den Jahren 2021 und 2022 neigte sich die Schaffenskraft des Künstlers langsam dem Ende zu. Wie das Museum in seiner Medienmitteilung schrieb, sei es Franz Gertsch aber vergönnt gewesen, bis kurz vor seinem Tod malen zu können.
Zu Gertschs 90. Geburtstag am 8. März 2020 eröffnete das Museum Franz Gertsch in Burgdorf eine Ausstellung, welche den Werken aus den Siebzigerjahren gewidmet war. Mit dem fotorealistischen Bild «Medici» von fünf jungen Leuten im Hippielook aus Luzern gelang Gertsch 1972 an der Kunstmesse documenta 5 im deutschen Kassel der internationale Durchbruch.
Es folgten Familienporträts sowie Einzel- und Gruppenporträts von Künstlerfreunden in den 1970er Jahren. In diese Schaffensperiode gehören die international bekannt gewordenen grossformatigen Bilder der US-Rocksängerin Patti Smith.
Auf die Frage, ob diese Bilder auch für ihn die wichtigsten seien, sagte Franz Gertsch im Interview anlässlich seines letzten runden Geburtstags zu Keystone-SDA, es sei nicht seine Art, die wichtigsten Bilder zu bestimmen. Die Bilder aus den Siebzigerjahren seien von der Aktualität bestimmt gewesen, Zeitdokumente. Mit der Zeit seien seine Bilder immer zeitloser geworden. (saw/sda)