Der Abstimmungssonntag ist beendet. Zwar standen keine nationalen Vorlagen zur Debatte, in mehreren Kantonen wurde aber über kantonale Belange befunden. Hier eine Übersicht über die Resultate vom Sonntag:
Die Umfahrung von Aarwangen hat eine generelle Diskussion ausgelöst, ob Umfahrungsstrassen heute noch zeitgemäss sind. Die Gegnerinnen und Gegner des Projekts wollten den Verlust von Kulturland und Landwirtschaftsfläche vermeiden. Sie argumentierten, dass Verkehrsprobleme auf diese Weise nur verlagert, statt gelöst würden und befürchteten, dass der Verkehr im Gebiet durch eine schnellere Umfahrungsstrasse zunehmen würde.
Nun hat das Berner Stimmvolk seine Zustimmung zur Verkehrssanierung bei Aarwangen und einer weiteren im Emmental erteilt. Erstere wurde nur mit knapp 51,7 Prozent der Stimmen angenommen. Letztere wurde immerhin mit 56,9 Prozent der Stimmen angenommen.
In der Stadt Bern selber wurden beide Vorlagen mit grosser Mehrheit abgelehnt. Das teilte die Stadt am Sonntag mit. 65,5 Prozent sagten Nein zum Baukredit für die Verkehrssanierung Aarwangen, 62,7 Prozent lehnten die Vorlage für das Emmental ab.
Im Kanton Basel-Stadt muss die Bevölkerung künftig weniger Steuern bezahlen. Das Stimmvolk hat am Sonntag ein Steuersenkungs-Paket mit deutlicher Mehrheit abgesegnet. Gegen dieses Paket hatten Linksparteien wie die Basta und die Grünen sowie Gewerkschaften das Referendum ergriffen. Für die vom Grossen Rat ausgearbeitete Vorlage gingen 36'801 Stimmen ein, dagegen sprachen sich 6806 Stimmberechtigte aus. Das entspricht einer Ja-Mehrheit von 84,4 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei 42,2 Prozent, wie die Staatskanzlei am Sonntag mitteilte.
Das Steuersenkungs-Paket geschnürt hatte in Abänderung einer Vorlage des Regierungsrats die Wirtschafts- und Abgabekommission des Grossen Rats. Das Kantonsparlament sprach sich im September 2022 mit 77 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung ebenfalls klar für das Paket aus. Am Ursprung des Ganzen hatte eine Gemeindeinitiative aus Riehen BS gestanden, die inzwischen zurückgezogen wurde.
Die Werbeplakate werden nicht aus den Strassen der Stadt Genf verschwinden. Die Gemeindeinitiative «Genève Zéro pub» wurde am Sonntag mit knapp 52 Prozent der Stimmen abgelehnt.
Mehr als fünf Jahre nach ihrer Lancierung wurde die Initiative dem Souverän der Stadt Genf im Rahmen eines Referendums gegen die betreffende Durchführungsverordnung vorgelegt. 22'401 Stimmberechtigte waren gegen die Vorlage, 20'733 hiessen sie gut, wie die Stadt mitteilte. Die Stimmbeteiligung betrug 34,5 Prozent.
Die Verordnung zielte darauf ab, das Anbringen von Werbung zu kommerziellen Zwecken zu verbieten, während kulturelle und erzieherische Plakate unangetastet bleiben sollten.
Die Initiative wurde von der Linken und von Umweltverbänden sowie von Feministinnen und Antikapitalisten unterstützt. Das Begehren landete bis vor Bundesgericht, das anerkannte, dass eine Gemeindeordnung die Wirtschaftsfreiheit einschränken kann. Die Gegner, die sich aus Vertretern der Rechten und der Wirtschaft zusammensetzten, hatten kritisiert, dass die Vorlage die Handelsfreiheit einschränke und die Menschen bevormunden wolle.
Ob- und Nidwalden wollen sich beim Klimaschutz zwar stärker engagieren, aber dabei auf Pragmatismus setzen. In beiden Kantonen haben die Stimmberechtigten zwei gleichlautende Klima-Initiativen abgelehnt, die das Netto-Null-Ziel bis 2040 in der Verfassung verankern wollten.
Im Kanton Nidwalden wurde die Klima-Initiative mit einem Nein-Stimmenanteil von 74 Prozent abgelehnt, in Obwalden mit 73 Prozent. Nidwalden stimmte aber mit einem Ja-Stimmenanteil von 61 Prozent einem weniger ambitionierten Gegenvorschlag zu. In Obwalden wurde den Stimmberechtigten kein Gegenvorschlag vorgelegt.
Die gescheiterten Volksbegehren verlangten von Kantonen und Gemeinden, dass sie für die Verringerung der Klimaerwärmung und für den Schutz vor ihren Folgen einstehen. Mit Hilfe von verbindlichen Absenkpfaden für den CO2-Ausstoss sollte bis 2040 Klimaneutralität erreicht werden.
Die Stadt Luzern schränkt das Angebot von Kurzzeitvermietung wie Airbnb stark ein. Das Stimmvolk hat am Sonntag eine Initiative angenommen, die eine Vermietung nur noch maximal 90 Tage im Jahr zulässt. Der weniger strenge Gegenvorschlag des Stadtrats wurde abgelehnt.
Die SP-Initiative «Wohnraum schützen - Airbnb regulieren» wurde mit einem Ja-Stimmenanteil von 64,3 Prozent (11'843 zu 6298 Stimmen) gutgeheissen. Somit wird die Beschränkung der Vermietungsdauer in der Bau- und Zonenordnung (BZO) der Stadt Luzern festgeschrieben. Die Stimmbeteiligung betrug 34,6 Prozent, wie die Stadt mitteilte.
Den Gegenvorschlag der Stadtregierung lehnte das Stimmvolk ab mit 48,9 Prozent Prozent (9007 Nein- zu 8529 Ja-Stimmen). Dieser sah Kontingente für die Kurzzeitvermietung pro Quartier vor und hätte dies bloss in einem Reglement festhalten wollen. Der Stadtrat war gegen die Initiative, weil sie faktisch auf ein Verbot hinauslaufe. Kurzzeitvermietungen seien nämlich erst ab 90 Tagen rentabel.
Aktuell werden rund 390 Wohnungen in der Stadt Luzern kurzzeitig vermietet. Mit dem Gegenvorschlag hätte deren Zahl auf rund 520 ansteigen können. In gewissen Quartieren sind die Kontingente, die der Stadtrat vorgesehen hatte, bereits ausgeschöpft.
Im Kanton Schaffhausen ist künftig für den Heimunterricht von Kindern in der Regel ein Lehrdiplom nötig. Das Stimmvolk hat die neuen Bestimmungen über das sogenannte Homeschooling mit 60,1 Prozent Ja-Stimmen gutgeheissen. Unbestritten war auch das neue Informatikgesetz.
Die Vorlage wurde mit 15'730 Ja-Stimmen gegen 10'459 Nein-Stimmen angenommen, wie die Schaffhauser Staatskanzlei am Sonntag mitteilte. Die Stimmbeteiligung betrug 56,9 Prozent.
Bislang waren die Regelungen für private Schulen oder privaten Unterricht, auch Homeschooling genannt, im kantonalen Schaffhauser Schulgesetz nur sehr allgemein formuliert. Festgehalten wurde lediglich, dass die Bildungsziele der öffentlichen Schulen erfüllt werden müssen.
Nun werden die Voraussetzungen für die Bewilligung, der unentgeltliche Zugang zu kantonalen Angeboten und Lehrmitteln sowie die Beschulung bei längeren Auslandsaufenthalten verbindlich geregelt. Unter anderem wird nun verlangt, dass die unterrichtende Person über ein anerkanntes Lehrdiplom verfügen muss.
Bei der Ersatzwahl für den zurückgetretenen St. Galler Ständerat Paul Rechsteiner (SP) hat keine der vier Kandidatinnen das absolute Mehr erreicht. Mit Abstand am meisten Stimmen holte Esther Friedli (SVP), gefolgt von Susanne Vincenz-Stauffacher (FDP).
Friedli kam auf 55'660 Stimmen, Vincenz-Stauffacher auf 26'938. Dahinter folgten Barbara Gysi (SP) mit 22'167 und Franziska Ryser (Grüne) mit 21'791 Stimmen. Das absolute Mehr betrug 63'459 Stimmen und wurde von keiner Kandidatin erreicht.Die Wahlbeteiligung betrug 40,15 Prozent. Wer Nachfolgerin von Ständerat Paul Rechsteiner (SP) wird, entscheidet sich im zweiten Wahlgang am 30. April.
Die Fachhochschule Graubünden (FHGR) ist derzeit auf fünf Standorte und neun Gebäude verteilt. Nach der Meinung von Kantonsregierung und Parlament lässt das einen effizienten, einer Hochschule angemessenen Schulbetrieb nicht zu. Die FHGR ist zudem räumlich nicht als Ganzes erkennbar.
Die verschiedenen Standorte werden nun an einem Ort zusammengefasst. Die Bündner Stimmberechtigten haben sich mit einem Ja-Stimmenanteil von 83,08 Prozent überaus klar für den Neubau und einen Verpflichtungskredit von 151 Millionen Franken ausgesprochen. Das neue Zentrum der Fachhochschule wird am bisherigen Hauptstandort realisiert, im Industrie- und Gewerbequartier Chur West. Zusammen mit dem bisherigen vergleichsweise kleinen Hauptgebäude wird der Neubau einen Campus bilden. Dieser ist für 1700 Vollzeit-Studienplätze konzipiert und lässt sich bis auf 2000 Plätze erweitern.
Die Stadt Zofingen AG hat künftig eine Stadtpräsidentin oder einen Stadtpräsidenten. Die Stimmbevölkerung hat eine entsprechende Änderung der Gemeindeordnung sehr deutlich gutgeheissen. Das Exekutivamt hat derzeit die Bezeichnung Stadtammann.
Die Stimmberechtigten entschieden sich mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 69,3 Prozent für die neue Bezeichnung (Ja: 2012 Stimmen, Nein: 889 Stimmen). Die Stimmbeteiligung betrug 35,5 Prozent, wie die Stadtkanzlei am Sonntag mitteilte. Die Stimmberechtigten bestätigten einen Entscheid des Einwohnerrates (Parlament).
In Zofingen hat der Volksentscheid eine besondere Bedeutung: Christiane Guyer (Grüne) ist die erste Frau an der Spitze der Stadt. Sie wurde im November 2011 zur Frau Stadtammann gewählt. Sie ist künftig Stadtpräsidentin.
(leo mit Material der sda)