Süsser Vanilleduft steigt einem beim Betreten der Produktionshalle in die Nase. Doch hier werden nicht etwa Desserts hergestellt. Es sind Schraubenziehergriffe, die im 20-Sekunden-Takt vom Fliessband in eine graue Kiste plumpsen.
Seit über 70 Jahren produziert die PB Swiss Tools in Wasen im tiefsten Emmental die roten Schraubenzieher, die Profi- wie Hobbyhandwerker kennen. Der ungewöhnliche Duft kommt vom Vanillearoma, das seit einigen Jahren dem Kunststoff beigefügt wird, um den strengen Geruch des Rohmaterials zu übertünchen.
Aus der Dorfschmiede, die einst Nasenringe für Ochsen herstellte, ist eine Werkzeugfabrik geworden, die vom Emmental in die ganze Welt liefert. Und die inzwischen nicht mehr nur Werkzeuge, sondern auch medizinische Instrumente herstellt. Wichtigster Absatzmarkt sind die Schweiz und die EU: Ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen inzwischen dort.
Mitverantwortlich für den internationalen Erfolg macht Verwaltungsratspräsidentin Eva Jaisli die Verträge zwischen der Schweiz und der EU. Jaisli hat den Familienbetrieb fast 30 Jahre lang geleitet, vergangenes Jahr übergab sie die operative Führung an ihren Sohn.
An den 21. Mai 2000 könne sie sich noch sehr gut erinnern, sagt Jaisli, vor einer Wand aus Schraubenziehern sitzend. Damals stimmte die Schweiz über das erste Vertragspaket, die Bilateralen I, ab. Sie habe sich stark für ein Ja engagiert, erzählt sie. «Die Anspannung im Vorfeld war gross.» Entsprechend gross dann auch die Erleichterung über die deutliche Zustimmung.
Die Bilateralen hätten PB Swiss Tools den Zugang zum europäischen Markt erweitert, Planungssicherheit gebracht und administrative Hürden abgebaut, sagt Jaisli. Was das konkret heisst? «Früher war alles komplizierter. Wir mussten mit jedem EU-Land individuell darüber verhandeln, zu welchen Bedingungen unsere Produkte verkauft werden dürfen», führt sie aus.
Zudem habe man mit jedem einzelnen Kunden Verträge abschliessen müssen, in denen geregelt wurde, welche Normen für die Produktion gelten – beispielsweise betreffend Massen, Produktsicherheit oder Lieferbedingungen. Das neue Marktzugangs-Abkommen habe den Handel erleichtert.
2021 weigerte sich die EU als Reaktion auf den Abbruch der Rahmenabkommen-Verhandlungen allerdings, das Abkommen zum Abbau von Handelshemmnissen zu aktualisieren. Die Schweiz wurde zum Drittstaat degradiert. Die Folge für den Werkzeugbauer: Sämtliche technischen Vorschriften müssen seither doppelt geprüft und bewilligt werden – in der Schweiz und der EU. Dafür hat die Firma eine Agentur in Deutschland engagiert.
Zudem profitiere auch die Forschung von den Abkommen mit der EU – und damit die Wirtschaft, sagt Eva Jaisli. So liess das KMU beispielsweise in Deutschland untersuchen, wie die Schraubenzieher optimiert werden können, um die Sicherheit zu erhöhen. Solche länderübergreifenden Kooperationen seien mit den bilateralen Abkommen einfacher.
Vor diesem Hintergrund ist für die Unternehmerin klar, dass der bilaterale Weg weitergehen muss. Auch als Vizepräsidentin des Verbands der Schweizer Tech-Industrie Swissmem ist sie glühende Befürworterin des Vertragspakets, das nun auf dem Tisch liegt – und zu dem letztlich die Stimmbevölkerung das letzte Wort haben wird.
25 Jahre, nachdem sie ums erste Bilateralen-Paket bangte, steht für Jaisli also bald die nächste Zitterpartie an.