Am 1. Juni hätte sie im KKL auftreten sollen: Die russische Star-Sopranistin Anna Netrebko, der wiederholt eine Nähe zu Machthaber Wladimir Putin nachgesagt worden ist. Daraus wird nun nichts. Wie unsere Zeitung am Dienstag aus gut unterrichteten Quellen erfahren hat, wird das Konzert, das Netrebko gemeinsam mit ihrem Mann Yusif Eyvazov in Luzern bestritten hätte, abgesagt.
Am Mittwoch hat das KKL dies auf Anfrage bestätigt. Und teilt mit: «Das KKL Luzern steht für das Konzert von Anna Netrebko vom 1. Juni nicht zur Verfügung. Die öffentliche Wahrnehmung der Solistin ist weiterhin kontrovers. Aufgrund der zeitlichen und geografischen Nähe des Auftritts von Frau Netrebko zur Ukraine-Friedenskonferenz musste daher mit der Bedrohung der öffentlichen Ordnung gerechnet werden. Das KKL Luzern wurde aus diesem Grund von den kantonalen und städtischen Behörden aufgefordert, das Konzert abzusagen. Bezüglich der direkt beim KKL Luzern im Vorverkauf bezogenen Tickets werden die Käufer dieser Tickets möglichst rasch zum weiteren Vorgehen informiert werden.»
Die erwähnte internationale Friedenskonferenz zum Krieg in der Ukraine soll bekanntlich nur rund zwei Wochen nach dem nun abgesagten Konzerttermin stattfinden. Auf Rückfrage verneint das KKL, dass es selber zur zusätzlichen Location für die Friedenskonferenz werden soll.
Veranstalter des Konzerts ist die Firma Good News Productions AG in Zürich. Dort gab man am Dienstag auf Anfrage noch an, nichts von einer Absage zu wissen. Ein aktualisiertes Statement könne man wegen des Feiertags am 1. Mai erst am Donnerstag abgeben. Tatsächlich werden zum Zeitpunkt der Publikation unseres Artikels auf verschiedenen Portalen weiterhin Tickets zu haben, rund ein Drittel der Tickets wurden bisher verkauft.
Klar ist, dass auch politischer Druck zur Absage geführt hat. Die Luzerner Regierung hat vor einigen Wochen in einem Brief an die KKL-Spitze die klare Forderung geäussert, dass das Konzert nicht stattfinden solle. Dies sagte der Regierungsrat Armin Hartmann (SVP) gegenüber dieser Zeitung. «In unserem Schreiben haben wir unmissverständlich die Erwartung geäussert, dass das geplante Konzert abzusagen sei», so der Bildungs- und Kulturdirektor. Darin habe der Luzerner Regierungsrat auch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt. «Die Regierung erachtet es als nicht opportun, dass eine mutmasslich regimetreue russische Künstlerin einen Auftritt im KKL hat», sagt Hartmann.
Darüber hinaus habe der Regierungsrat «vor Ausschreitungen und Protesten in Luzern in Zusammenhang mit dem Konzert von Frau Netrebko gewarnt, die die Sicherheitslage unserer Bevölkerung gefährden könnten». Nicht bestätigen wollte Armin Hartmann selber indes einen Zusammenhang mit der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock.
Stadtpräsident Beat Züsli (SP) bestätigt auf Anfrage, dass auch die Stadt Luzern dem KKL ebenfalls ein Schreiben zugestellt hat. Die Haltung der Stadt decke sich mit der des Kantons. Züsli:
Der Auftritt hätte der Stadt und der ganzen Region einen «Reputationsschaden» eingebracht. Zudem habe man Probleme bei der Durchführung erwartet - vor allem, was die Sicherheit betrifft. «Entsprechend begrüssen wir den Entscheid des KKL», sagt Züsli.
Stadt und Kanton hätten sich bei ihrer Kommunikation gegenüber dem KKL abgesprochen. Die Briefe wurden laut Züsli Ende März verschickt. Damals war die Durchführung der Friedenskonferenz auf dem Bürgenstock noch kein Thema. Aber weshalb wurde die Politik ausgerechnet Ende März aktiv? «Aus Sicht des Stadtrates sah es lange so aus, als würde das Konzert tendenziell eher abgesagt», erläutert Züsli. «Vor über einem Monat haben wir dann aber gehört, dass der Veranstalter am Auftritt von Anna Netrebko festhalten will.» Aufgrund dessen hätten Stadt- und Regierungsrat dann gehandelt.
Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) schreibt auf Anfrage, über das Schreiben des Luzerner Regierungsrates informiert worden zu sein. Mediensprecher Pierre-Alain Eltschinger hält fest:
Beim KKL hatte schon zu einem früheren Zeitpunkt durchblicken lassen, dass man über eine Konzertabsage durch Good News selber nicht unglücklich wäre. Zumal die Absage des KKL nun sicher auch vertragsrechtliche Aspekte hat. Doch der Veranstalter hat bisher immer am Auftritt festgehalten. Etwa via Vorverkaufstelle Ticketcorner liess er verlauten: «Anna Netrebko hat sich wiederholt gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen. Auch wir als Veranstalter waren und sind erschüttert von dem völkerrechtswidrigen, immer noch andauernden Angriffskrieg Russlands. Jegliche Art von Gewalt und Krieg lehnen wir entschieden ab. Gleichzeitig sind wir der Auffassung, dass Musik verbindet und Brücken schlägt und nicht in den Strudel politischer Ereignisse geraten sollte.»
Eigentlich sollte das Konzert bereits im Juni 2022 stattfinden. Aufgrund der damals aktuellen Ereignisse wurde es dann gestrichen und schliesslich auf den 1. Juni 2024 verschoben. Nach diesem nun erneut abgesagten Konzert wird Netrebko plangemäss an der Mailänder Scala auftreten, wo zuletzt auch andere russische Künstler wieder willkommen waren. Auch anderswo scheint man sich wieder um Engagements von Netrebko zu bemühen, ihr letzter prominenter Auftritt war bei den Osterfestspielen in Salzburg. Offensichtlich ist, dass die Karriere von Anna Netrebko derzeit neu lanciert werden soll.
Kritisiert wird Netrebko dafür, dass sie als Künstlerin stets auch Teil von Putins System gewesen sei und insofern dem Diktator auch propagandistisch zu Diensten war. Es gibt auffällige Belege dafür: 2014 zeigte sie sich mit der neurussischen Fahne mit einem ostukrainischen (und prorussischen) Separatistenführer.
2014 unterstützte sie Putin, wie auch vier Jahre später, im Wahlkampf mit ihrer Unterschrift. Ihren 50. Geburtstag feierte sie 2021 im Kreml. Als man sie bei Ausbruch des Krieges kritisierte, da sie sich nicht von Putin distanzierte, bezeichnete sie ihre Kritiker als «human shit». Und am letzten Wiener Opernball kommentierte sie mit einer Kotzgeste den Gesang der Lettin Elina Garanča, welche sich öfters sehr kritisch gegenüber Putin und Russland gezeigt hatte.
Nun war ich aber etwas verwirrt im Artikel - das Bild des parteilosen Politikers Urban Frye, der aber nicht im Artikel erwähnt wird. Oder ist das Hartmann oder Luzerns Stadtpräsi und nur die Bildunterschrift falsch? Wäre auch möglich, da oben schon eine Legende mit Tippfehler ist.
Ich habe jedenfalls im Artikel nach dem Namen Frye gesucht und wurde nicht fündig...
Dass dies nie passieren wird, ist mir schon klar.