SP-Co-Präsident Cédric Wermuth hat Gesundheitsminister Alain Berset das Vertrauen seiner Partei ausgesprochen. Forderungen der SVP, Berset solle von sich aus Informationen zum Verfahren gegen seinen Ex-Kommunikationschef publik machen, erteilte der Aargauer Nationalrat eine Absage.
Berset mache Politik im Sinne des Gemeinwohls und vertrete die Werte der SP, sagte Wermuth am Samstag in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF. Dies sei der entscheidende Punkt - und nicht die Persönlichkeit eines Bundesrates. Dass Berset nicht von sich aus weitere Informationen öffentlich machen wolle, sei seine persönliche Entscheidung, erklärte der SP-Co-Präsident.
Der SP-Bundesrat werde sich gegenüber den zuständigen Gremien zu erklären haben, namentlich dem Gesamtbundesrat und den Geschäftsprüfungskommissionen.
SVP-Präsident Marco Chiesa hatte zuvor in einem Interview mit den Tamedia-Zeitungen die Veröffentlichung der Protokolle der Einvernahme von Bundespräsident Alain Berset zu den sogenannten Corona-Leaks verlangt.
Berset hätte sich längst erklären können, sagte der Tessiner Ständerat. Er bezeichnete den Bundespräsidenten als «Alleinverantwortlichen». Die SVP fordere «lückenlose Aufklärung».
Offenbar habe es «einen Pakt zwischen dem Ringier-Verlag und dem Innendepartement» gegeben, führte der Tessiner Ständerat in dem am Samstag erschienenen Interview aus: «Ziel war letztlich: Berset musste in den Medien der Beste sein. Deswegen haben wir jetzt eine institutionelle Krise».
Wermuth wies die Forderungen nach der sofortigen Veröffentlichung von Informationen zurück. Wer dies wolle, verlange de facto eine Vorverurteilung etwa in den Akten namentlich genannter Mitarbeitender der Bundesverwaltung. Das Parlament könne nicht einfach einen öffentlichen Pranger schaffen. Die Indiskretionen müssten aufgearbeitet werden, so der SP-Co-Präsident.
Es gelte jedoch, dabei den Rechtsweg einzuhalten. «Ich will ein richtiges Urteil, und nicht ein schnelles.» Ihn störe die unehrliche Art und Weise, wie die Diskussion geführt werde, so Wermuth weiter: «Leider ist die Landesregierung seit ein paar Jahren ein absolutes Sieb, was den Inhalt von Sitzungen angeht.» Indiskretionen seien leider in Bundesbern ein alltägliches Phänomen. Die «Schweiz am Wochenende» hatte vor einer Woche berichtet, Bersets Ex-Kommunikationschef Peter Lauener habe dem Ringier-Verlag wiederholt vertrauliche Informationen zu geplanten Covid-Massnahmen des Bundesrats übermittelt. Sie stützte sich dabei nach eigenen Angaben auf Mails und Einvernahmeprotokolle, die der Redaktion vorlagen.
Wermuth warf in diesem Zusammenhang der politischen Konkurrenz vor, mit den Indiskretionen aus dem Innendepartement in der Corona-Pandemie Wahlkampf zu machen. Der Zeitpunkt der Enthüllungen sei kein Zufall. Vermutungen darüber, wer Informationen zu Kontakten zwischen Lauener und Ringier-Geschäftsführer Marc Walder weitergegeben haben könnte, wollte er aber nicht anstellen.
Zugleich wies Wermuth den Vorwurf zurück, die Politik verzögere die Aufklärung der Vorgänge. Blockiert sei die Untersuchung vielmehr, weil der ausserordentliche Staatsanwalt Peter Marti offensichtlich «massive Fehler» gemacht habe. Auch das jüngste Datenleck behindere die Justiz.
Niemand, der ein Interesse an einer Aufklärung habe, hätte die Daten weitergeben dürfen. Marti war ursprünglich beauftragt worden herauszufinden, wie vertrauliche Informationen zur Crypto-Affäre zu den Medien gelangen konnten. Der Sonderermittler weitete seine Untersuchung aber später auf mögliche Amtsgeheimnisverletzungen zur Corona-Politik aus. Dieser Schritt ist unter Rechtsexperten umstritten.
Auf eine Anzeige von Bersets Ex-Kommunikationschef Peter Lauener hin ermittelt mittlerweile ein zweiter ausserordentlicher Staatsanwalt gegen Marti. (sda)