Er war überall in der Schweiz – und sagt uns jetzt, wo es ihm am besten gefiel
Die Jahreszeit ist auf dem Napf egal: Schön ist's immer und die Aussicht ist grandios.bild: shutterstock
Okay, der Titel war bisschen gelogen. Noch fehlen Stefan Brauchli zwei Gemeinden, dann hat er alle abgewandert. Am 11. Mai soll es soweit sein. Unbestritten ist jedoch: Er erzählt uns hier seine 11 Lieblingsplätze der Schweiz.
10.05.2019, 16:2813.02.2020, 10:32
So entstand das Projekt des Gemeindewanderers
Als «Gemeindewanderer» ist Stefan Brauchli seit Jahren in der Schweiz unterwegs. Sein Ziel: Alle Gemeinden abwandern. Noch fehlen Saas-Fee und Saas-Almagell, dann hat er alle 2287 Gemeinden (Stand von Anfang 2016) besucht. Am 11. Mai 2019 soll es soweit sein. Wir haben mit ihm über seine Motivation und Wandererfahrungen gesprochen und er hat uns seine elf Lieblingsmomente verraten.
Den Gemeindewanderer begleiten
Am Samstag, 11. Mai wird Stefan Brauchli auch noch seine beiden fehlenden Gemeinden Saas-Fee und Saas-Almagell abwandern. Wer ihn begleiten möchte,
hier gibt es alle Informationen.Die Regeln für das Projekt sind übrigens einfach: Eine Wanderung muss mindestens 10 Kilometer lang sein und eine Gemeinde gilt als besucht, wenn innerhalb der Gemeindegrenze ein Weg betreten wird. Auf GPS sind alle Wanderungen seit 2011 aufgezeichnet.
Stefan Brauchli, wie kamen Sie überhaupt zum Wandern?
Stefan Brauchli: Durch die Heirat (lacht). Meine Schwiegereltern hatten in Klosters im Prättigau eine Ferienwohnung. Da waren wir oft und entdeckten das Wandern. Früher war ich total unsportlich, nach Märschen im Militär war ich jeweils völlig platt.
Irgendwann war das Prättigau zu klein?
So ähnlich. Wir wollten auch andere Regionen entdecken und verkauften die Ferienwohnung. 2011 liess ich mich dann frühpensionieren. Und musste mich erst mal fragen: Was machst du jetzt mit so viel Zeit (lacht)? Nein, Spass, ich malte mir schon aus, dass ich gerne viel wandern würde.

Gemeindewanderer Stefan Brauchli wanderte in acht Jahren zu allen Schweizer Gemeinden. Oft begleitete ihn dabei seine Frau Marlise.bild: stefan brauchli
Wie fing das mit den Gemeinden an?
Eigentlich war das am Anfang gar nicht das Ziel. Meine Frau – die mich oft auf den Wanderungen begleitet – und ich wanderten 2011 dem Röstigraben entlang. Das ging über rund 25 Etappen und wir absolvierten diese über mehrere Monate verteilt. Ich zeichnete die Wanderungen alle mit dem GPS auf. Dieses systematische Wandern, ein Fernziel haben, machte Appetit. Wir liefen danach die Schweizer Weitwanderwege ab, ich absolvierte die Bierwanderungen und wir liefen diversen grossen Flüssen der Schweiz nach oder umrundeten Seen.
Aber Sie zählten die Gemeinden immer schon?
Nein, das nicht. Aber 2016 fragte ich mich mal, wo ich wohl schon überall war – oder besser: was noch fehlte. Dank den GPS-Daten konnte ich alles nachverfolgen und kam auf rund 1500 Gemeinden. Da dachte ich: Die knapp 800 fehlenden schaffe ich jetzt auch noch und setzte mir dies zum Ziel.
Noch so ein grossartiges Wanderprojekt in der Schweiz:
Was gibt Ihnen das Wandern?
Ich bin kein Abenteurer, ich bin einfach sehr gerne in der Natur. Man spürt das Wetter, den Weg, ich rieche die Natur. Dazu kommen die kulturellen Aspekte wie Sprachen, Architektur, Landschaft – das wechselt in der Schweiz alles sehr schnell. Das zu Erleben, gibt mir ein extrem gutes Gefühl.
Wie planen Sie Ihre Wanderungen?
Das mache ich mit dem GPS. Meist reise ich mit dem ÖV an, manchmal gibt es irgendwo eine Art Basiscamp und von dort machen wir an einigen Tagen hintereinander verschiedene Wanderungen. Ich bin gerne in der Natur, aber zum Übernachten gönne ich mir auch einigen Komfort. Im Zelt habe ich beispielsweise noch nie geschlafen. Und die Wanderungen führen höchstens T3-Wegen entlang.
Verraten Sie uns, was ein erfahrener Wanderer im Rucksack haben sollte?
Ich habe nie viel dabei. Wasser, bei unsicherem Wetter einen Schirm, eine kleine Apotheke, Ersatzbatterien für das GPS und vielleicht Kleider zum wechseln. Zu Essen habe ich nie etwas dabei. Ich esse vor der Wanderung und danach, aber irgendwo einkehren gehört bei mir nicht dazu. Da staunen die Leute manchmal, aber das ist reine Gewohnheitssache.
Am 11. Mai absolvieren Sie Ihre letzte Wanderung des Mammutprojekts. Diese startet in Saas-Grund, führt nach Saas-Fee und endet in Saas-Almagell. Warum haben Sie diese Strecke als letzte auserkoren?
Ich zielte nicht von Anfang an auf diese Schlussetappe. Aber als sich das Ende abzeichnete, schaute ich mal, was mir noch fehlte. Das Saas-Tal gefällt mir extrem gut, darum entschied ich, dass das Projekt dort endet.
Und was folgt danach?
Es gibt so viele Orte, wo ich unbedingt nochmals hin will. Es ist bisschen verflixt. Je mehr man von der Schweiz gesehen haben will, umso mehr will man noch(mals) sehen. Ich könnte zum Beispiel auch noch die ehemaligen Gemeinden ergänzen, das habe ich schon mal etwas vorsondiert. Ich könnte mir auch vorstellen, Vorträge über meine Erlebnisse zu halten.
Zum Abschluss möchte ich noch wissen: Was bleibt? Oder anders gesagt:
Verraten Sie uns elf Ihrer schönsten Schweizer Orte, welche Sie in den letzten acht Jahren kennenlernen durften:
Der Gemeindewanderer empfiehlt diese 11 Schweizer Orte
«Das Bild zeigt die Brücke über die Calancasca in Arvigo. Ich kannte – wie wohl viele Deutschschweizer – das Tal überhaupt nicht und war sehr angetan, es zu entdecken. Bis 2014 war Arvigo eine eigene politische Gemeinde, seit 2015 gehört das Dorf zusammen mit Braggio, Cauco und Selma zur Gemeinde Calanca, eine der italienischsprachigen Bündner Gemeinden.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Zugegeben: Evolène ist ziemlich touristisch. Aber mir hat das ganze Eringertal (Val d'Hérens) einfach gefallen. Die vielen alten Holzhäuser im Dorf machen Eindruck und die Berge rundherum sind einfach wunderbar.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Die Wanderung am Lac de Joux Ende Januar 2017 war sicher eine der Speziellsten in meinem Projekt. Der zugefrorene See war für eine Begehung freigegeben. So konnte ich ihn zu Fuss überqueren. Eindrücklich waren dabei auch die Eisformationen am Ufer.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Die Linde von Linn ist einer der imposantesten Bäume, den ich in der Schweiz sah. Der oberhalb des Dorfes Linn (Gemeinde Bözberg) stehende Baum ist 25 Meter hoch und hat einen Stamm-Umfang von 11 Metern. Ihr Alter wird auf 800 Jahre geschätzt. Da spielt es auch keine Rolle, wenn das Wetter mal nicht so mitmacht.
Um die Linde drehen sich diverse Sagen. Zum Beispiel, dass die Welt untergehen müsse, wenn die Linde eines Tages nicht mehr einmal jährlich ihren Schatten auf das Schloss Habsburg, den Stammsitz der gleichnamigen Dynastie, werfe: ‹Leit d linde nüm ihres chöpfli ufs Ruedelis hus, so eschs met allne wälte us (mit ‹Ruedeli› ist Rudolf von Habsburg gemeint).»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Auf der 12. Etappe der Alpenpanorama-Route bestiegen wir den Napf, wo wir im Berggasthof übernachteten. Das Gebiet ist wunderschön, leider war aber nicht gerade Fotowetter. Drum zur Abwechslung keine Landschaft. Denn: Sowohl die Wegweiser als auch das Merengue kamen im XXL-Format daher.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Mutten und Obermutten gehören heute zur Gemeinde Thusis, bis 2017 war Mutten zusammen mit Obermutten eine eigene Gemeinde. Die Valsersiedlung Obermutten mit seinen hübschen Holzhäusern ist ein Ort, den ich sicher wieder einmal besuchen werde. Zum einen beeindruckte mich die Lage und die wunderschöne Aussicht. Besonders ist auch die Kirche, sie ist die einzige ganz aus Holz gebaute in der Schweiz. Obermutten wirkte wie ein Kraftort auf mich.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
Der Blick von knapp unterhalb des östlichsten Punktes der Schweiz.Bild: stefan brauchli
«Das Bild entstand unterhalb des Piz Chavalatsch. Der Gipfel des 2763 hohen Berges ist der östlichste Punkt der Schweiz. Allerdings deutet oben neben dem Grenzstein (der uns nicht mal auffiel) nichts darauf hin. Keine Infotafel oder so ist vorhanden. Allerdings steht in der Nähe des Gipfels ein altes Steinhaus, das früher als Zollhäuschen diente.»
>>> Hier gibt es die Strecke dieser Wanderung.
«Rue FR ist so ein Überraschungs-Ort, wie ich sie immer wieder antraf. Ich startete in Moudon und wanderte über Vuarmarens Richtung Pont. Plötzlich stand ich auf meiner Wanderung vor dem Hügel mit dem mittelalterlichen Dorf und dem Château obendrauf. Nie hatte ich vorher etwas von Rue gehört oder gelesen, deshalb erwartete ich ein normales Bauerndorf. Das war der totale Wow-Effekt.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Der Findling in Salvan (Pierre Bergère genannt) hat eine interessante Vergangenheit. Im Jahr 1895 machte der italienische Radiopionier Guglielmo Marconi auf dem Findling Versuche mit einem Sender und Empfänger. Nach vielen erfolglosen Versuchen gelang es ihm schliesslich, Signale drahtlos zu übermitteln. Damit war die drahtlose Telegrafie erfunden. Im Jahr 1909 wurde ihm der Nobelpreis für Physik verliehen.
Vor meiner Wanderung kannte ich weder diese Geschichte, noch wusste ich von diesem Findling. Wir sahen per Zufall den Wegweiser. Der Stein ist wirklich ein Riesending.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Hier erging es mir ähnlich wie in Rue. Valangin mit seinem Château ist einer von vielen Überraschungs-Orten auf meinen Wanderungen kreuz und quer durch die Schweiz. Statt einem Bauerndörfli mit 500 Einwohnern stand da einfach das Schloss und das kleine, malerische Altstädtchen mit dem Stadttor – wunderbar.»
>>> Hier gibt es den GPS-Track dieser Wanderung.
«Die 11. Etappe der Alpenpanorama-Route (Weg der Schweiz Nr. 3) führte von Luzern nach Wolhusen, über eine längere Distanz entlang der Kleinen Emme. In einer Flussschlaufe erblickten wir das Kloster Werthenstein. Wir kannten das Kloster schon vorher. Aber die Lage auf dem Fels ist grandios. Die Kirche kann man besichtigen, die Aussicht auf das Tal schön.»
>>> Hier gibt es die Strecke dieser Wanderung.
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In 358 Bildern durch die ganze Schweiz – das Best-of der «Tour dur d'Schwiiz»
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In 358 Bildern durch die ganze Schweiz – das Best-of der «Tour dur d'Schwiiz»
Vom 1. Juli bis 25. Oktober 2015 fuhr Reto Fehr mit dem Velo durch alle 2324 Gemeinden der Schweiz. Hier kommen die besten Bilder der Tour aus allen Ecken des Landes.
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Gut so, dann bleiben gewisse Orte im Appenzellerland weiterhin ein Geheimtipp.