In Europa ist die Anzahl von Geflüchteten so hoch wie schon lange nicht mehr. Das spürt auch die Schweiz. «Für viele Kantone ist die Belastungsgrenze schon jetzt erreicht», warnte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider kürzlich gegenüber der NZZ. Mit baldiger Entspannung kann nicht gerechnet werden: Das Staatssekretariat für Migration erwartet für das laufende Jahr noch bis zu 30'000 neue Asylgesuche. Für die Schweiz ist das eine Herausforderung – oder gar eine Überforderung?
Zum Asylwesen diskutierten in der «Arena»:
Ausserdem im Studio:
Dass sich im Asylwesen der Schweiz etwas ändern muss, da sind sich alle Gäste einig. Auch, dass der Status F mit Problemen verbunden ist, wird von allen einstimmig anerkannt. Den Ausweis F erhalten Geflüchtete, die sich nur vorläufig in der Schweiz aufhalten dürfen. Das sind diejenigen, die nicht persönlich verfolgt werden und deshalb in der Schweiz kein Asyl erhalten, gleichzeitig aber nicht zurückgeschickt werden können, weil im Land beispielsweise Krieg herrscht.
Während das linke Lager mit Ameti und Pult vorschlägt, solchen Geflüchteten einen neuen Status zuzuweisen, um sie besser integrieren zu können, hat sich Bircher eine ganz andere Lösung ausgedacht: Solche Menschen sollen Schweizer Boden schon gar nicht erst betreten. Erreicht werden könne dies durch das Schaffen von neutralen Zonen an der Schweizer Grenze.
Ihrer Meinung nach kommen nämlich die «Falschen» in die Schweiz. Man könne unter dem Deckmantel «Asyl» hierherkommen und sei eigentlich gar nicht an Leib und Leben bedroht, könne dann aber doch aus x-verschiedenen Gründen dableiben, wettert sie zunächst. Aus diesem Grund brauche man Zonen ähnlich wie beim Flughafen, die noch nicht als Schweizer Boden gälten.
Von Würth erntet sie für diesen Vorschlag ein ungläubiges Lachen, von Ameti und Pult Stirnrunzeln. Was denn die Leute dort machen würden, will der Moderator Mario Grossniklaus von Bircher wissen. Ihnen würde ein Verfahren gemacht werden und wenn dieses negativ sei, dann würden sie entsprechend ausgewiesen, erklärt die SVP-Politikerin.
Das Wort wird an Ameti übergeben, die zunächst gar nicht auf den Vorschlag Birchers eingeht und stattdessen zwei andere Lösungen vorschlägt: die Wiedereinführung des Botschaftsasyls und reguläre Fluchtrouten. Auf Nachhaken von Grossniklaus nimmt die Co-Präsidentin der Operation Libero dann doch noch Stellung zu Birchers Idee:
Die Leute seien nicht einfach weg, nur weil man sage, dass es neutraler Boden sei. Wenn man stattdessen das Botschaftsasyl wieder einführen würde, dann könnten die Leute den Antrag in ihrer Heimat stellen. Nach einer Vorprüfung könnten dann die vulnerabelsten Personen sicher in die Schweiz eingeführt werden.
Pult pflichtet Ameti bei. Sollte das Gesuch der Antragstellenden in ihrer Heimat abgelehnt werden, so spare ihnen das eine Hunderte oder Tausende von Kilometern lange lebensgefährliche Reise. Da verweist Mitte-Ständerat Benedikt Würth darauf, dass man damit ja bereits Erfahrungen gemacht habe und das entsprechende Gesetz 2013 abgeschafft worden sei. Lange verweilt er aber nicht bei diesem Thema, denn ihm brennt noch ein Kommentar zu Birchers Aussagen unter den Fingernägeln. Was sie vorher gesagt habe, müsse man schon noch ein bisschen deutlicher machen, so Würth. «Was sie will, ist im Prinzip eine Kasernierung von Asylsuchenden im St.Galler Rheintal. Das will sie.»
Würth, der sich in der bisherigen Sendung relativ gelassen gezeigt hat, redet sich plötzlich in Rage. Es sei eine unglaublich absurde Idee, weil es das austarierte System von Bund, Kantonen und Gemeinden völlig aushebeln werden würde. Die Lasten würden völlig einseitig auf die Grenzkantone verteilt werden. «Damit will man die Fehler, die in Europa passieren, quasi auch in der Schweiz implementieren. Das ist ja völliger Stumpfsinn!»
Martina Bircher, die während Würths Wutrede bloss den Kopf geschüttelt hat, ergreift das Wort, kann aber nicht kontern. Sie verweist bloss darauf, dass diese Transitzonen an den Grenzen nur eine von vielen Lösungen seien. So könne man etwa die Asylverfahren in einem Drittstaat abwickeln, wie das Grossbritannien in Ruanda tue.
Doch auch mit diesem Vorschlag stösst sie auf keine Zustimmung und diesmal geht Ameti direkt in den Gegenangriff über. Wenn man so «ein bitzli über den Nasenspitz hinausdenkt», so Ameti, dann sei das aus strategischen Gründen keine gute Idee. Ruanda könne eines Tages einfach sagen, dass sie keine Menschen-Deponie mehr für europäische gescheiterte Asylpolitik betreiben wolle. Dadurch mache sich die Schweiz erpressbar.
Dann setzt sie noch einen obendrauf: «Das ist eben schon ein bisschen ein kolonialistisches Herren-Menschendenken.» In einer Demokratie sei jeder irgendjemand, fährt sie fort. Doch: «Für eine Partei in unserem Land sind eben gewisse niemand. Und diese kann man diskriminieren und abschieben auf Ruanda.»
Das stimme überhaupt nicht, wirft Bircher kopfschüttelnd ein. Das Gegenteil sei der Fall, da dadurch das Schleppertum nicht mehr unterstützt werden würde. Einen Konsens finden die beiden Frauen in der «Arena» wenig überraschend nicht.
Enden tut die Sendung doch noch in Harmonie: Alle Gäste äussern sich positiv über den Finaleinzug von Remo Forrer im Eurovision Song Contest. Pult gesteht jedoch, keinen blassen Schimmer vom Event zu haben und auch Würth versteht zunächst nicht, was Grossniklaus mit der Abkürzung «ESC» meint. Umso optimistischer zeigt sich Ameti: Sie glaubt mehr an den Schweizer Sänger als an den Bundesrat.
Das mit Ruanda (oder anderen stabilen Ländern nahe den Hotspots) ist prüfenswert. Müsste aber wohl eine europäische Lösung, und keine Schweizer Lösung sein. Und ja, es würde das Problem allenfalls entlasten, aber nicht lösen.