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Den Lehrpersonen reicht es – jetzt soll ein Aktionsplan helfen

Den Lehrpersonen reicht’s – jetzt soll ein Aktionsplan helfen

10.08.2023, 12:0010.08.2023, 17:12
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Der Verband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz hat genug von den alljährlichen Notfallübungen gegen den Lehrermangel. Die Kantone hätten die Krise zu lange ignoriert, macht er geltend. Ein Aktionsplan soll nun den Bildungsdirektionen Beine machen.

Dagmar Roesler, Zentralpraesidentin, vom Dachverband Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) informiert an einer Medienkonferenz ueber den Personalmangel an den Schulen, am Donnerstag, 10. August 2023, i ...
Dagmar Rösler, Zentralpräsidentin von Lehrerinnen und Lehrer Schweiz am Donnerstag in Bern.Bild: keystone

Ihr Verband warne seit Jahren vor dem Personalmangel, sagte Dagmar Rösler, die Zentralpräsidentin von Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH), am Donnerstag an der Medienkonferenz zum Schulanfang in Bern. Spätestens seit dem Bildungsbericht 2018 wüssten die kantonalen Bildungsdirektionen von der Situation.

Die aktuelle Lage hätte sich durchaus verhindern lassen. Einmal mehr sind die Schulen in diesem Jahr auf pädagogisch unausgebildetes Personal oder pensionierte Fachkräfte angewiesen, wie Rösler erklärte. Auch an Personal in der Heilpädagogik mangelt es.

Druck auf Kantone

Der LCH und die kantonalen Lehrerverbände der Deutschschweiz akzeptieren das nicht länger. Sie sehen die Bildungsqualität und damit den Werkplatz Schweiz gefährdet. Darum lancieren die Verbände in einer Kampagne ab Herbst den «Aktionsplan Bildungsqualität».

Die Kampagne soll sich auf eine Bevölkerungsumfrage stützen. Letztlich soll eine sensibilisierte Öffentlichkeit die kantonalen Bildungsdirektionen zum Handeln zwingen, wie Rösler erklärte.

«Ohne Druck geht nichts», zog sie Bilanz aus den bereits vielfach geäusserten Warnungen. Die Kantone, in deren Kompetenz die Bildung liegt, dürften sich nicht mehr in «Pflästerlipolitik» üben. Es sei nicht damit getan, einfach Stellen zu besetzen. Die Schule brauche qualifizierte Lehrkräfte.

Gewalt an der Schule

In der Westschweiz ist der Lehrerinnen- und Lehrermangel nicht so dramatisch, wie David Rey sagte, der Präsident der Westschweizer Lehrergewerkschaft SER (Syndicat des enseignant-es romand-es). Allerdings sieht sich auch der französischsprachige Landesteil mit der Gewaltproblematik konfrontiert.

Gemäss Rey berichteten in einer aktuellen Erhebung zwei von drei Lehrkräften über physische oder psychische Gewalt gegen ihre Person. Dieses Problem müsse die Gesamtgesellschaft anpacken. Lösungsansätze zeigten sich in der Prävention und der Förderung eines gewaltfreien Umgangs. Dabei müssten auch Eltern einbezogen sein. Das wiederum brauche die nötigen Mittel, forderte Rey.

Kein KI-Verbot an Schulen

Die Künstliche Intelligenz (KI) beschäftigt auch die Schule. Wie Beat Schwendimann, Leiter Pädagogische Arbeitsstelle beim LCH, erklärte, bietet die KI sowohl Chancen als Herausforderungen. Die Probleme stellten sich bei Plagiaten, Konsumverhalten, Abwertung von Expertise, politischer Beeinflussung und anderem mehr.

Die KI lasse sich indessen auch pädagogisch zur Verbesserung des Lernens und Lehrens einsetzen. Ein Verbot wollen LCH und SER nicht. Der KI-Einsatz bedürfe aber sinnvoller pädagogischer Strategien und ethischer am besten internationaler Leitlinien.

Im wesentlichen geht es gemäss Schwendimann um eine Vorbereitung der Schülerinnen auf einen verantwortungsbewussten und kompetenten Umgang mit digitalen Technologien. Die beiden Verbände fordern, dass die Lehrerschaft die entsprechende Weiterbildung und fachkundige Unterstützung erhält. (sda)

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114 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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El fuego
10.08.2023 14:06registriert April 2023
Die Belastung des Lehrerjobs wird von vielen deutlich unterschätzt. Ich bin in der Industrie tätig und seit mehreren Jahren mit einer Lehrerin liiert, was man da alles mitbekommt ist einfach nur krank. Rotzfreche Kinder, welche sich anmassen die Lehrperson müsste sich gegenüber Ihnen rechtfertigen, für die Noten. Diese werden unterstützt von noch viel dreisteren Eltern, dazu noch Druck von der Gemeinde und null Unterstützung der Schulleitungen. Ich würde dies keinen einzigen Tag mitmachen und alle, welche die Lehrer kritisieren betreffend Ferien und Arbeitspensen, wahrscheinlich auch nicht.
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Atavar
10.08.2023 15:48registriert März 2020
Politiker vor der Wahl: "Bildung und Innovation ist unsere einzige Ressource. Deshalb ist die Förderung dafür wichtig..."
Politiker nach der Wahl: "Sorry, die Unternehmensteuerreform 27 reisst ein zu grosses Loch in die Kasse, wir müssen [bei der Bildung und Sozialem] sparen..."
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Frère Jacques
10.08.2023 15:47registriert Juli 2018
Den Kardinalfehler war mMn, dass man die Lehrerausbildung akademisiert hat. 9 Jahre obligatorische Schule, 4 Jahre Matura, dann noch 3 Jahre Bachelorstudium um sich dann mit frechen Goofen, Helikoptereltern und überbordender Bürokratie rumschlagen zum müssen. Kein Wunder wollen das immer weniger, wenn man mit gleicher Ausbildungsdauer einen tollen Job in der Privatwirtschaft erhält. Ein weiteres Problem sind die vielen Kleinpensen. Stand 2018 hatten im Schnitt knapp 30% der Primarlehrpersonen ein Pensum unter 50%. evtl. ist es mittlerweile besser, denke aber nicht.
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