Das jährliche Wehklagen geht jeweils vor den Sommerferien los: Es mangelt an Lehrerinnen und Lehrern, Stellen sind kurz vor Schulanfang noch offen, die Schulen suchen nach Lösungen. Da sind Meldungen erfreulich, wie sie kürzlich von mehreren Pädagogischen Hochschulen kamen: Es nehmen mehr Personen die Ausbildung zur Lehrperson in Angriff.
Zum Beispiel an der PH Zürich, der grössten Pädagogischen Hochschule der Schweiz. Sie meldete kürzlich, dass sich rund 1640 Personen für das kommende Herbstsemester angemeldet haben, 8 Prozent mehr als im Vorjahr. Das ist kein Einzelfall: Die PH Thurgau registriert ein Plus von 17 Prozent, die PH St.Gallen sogar von 21 Prozent, die PH Schwyz vermeldet einen Rekord bei den Anmeldungen, die PH Wallis berichtet von einer deutlichen Steigerung.
Noch laufen die Anmeldungen mancherorts, und nicht alle Hochschulen vermelden einen Anstieg. Bei der PH der Fachhochschule Nordwestschweiz etwa heisst es, in der Tendenz blieben die Zahlen dieses Jahr stabil, dafür seien sie im Vorjahr deutlich gestiegen. Die PH Luzern und die PH Zug melden, die Anmeldezahlen seien auf hohem Niveau stabil.
Auch an der PH Bern bewegen sich die Anmeldezahlen praktisch auf dem Level des Vorjahres, allerdings gingen erfahrungsgemäss weitere Anmeldungen ein, wie es auf Anfrage heisst. Nur die PH Schaffhausen berichtet von «im Vergleich zu den Vorjahren eher zögerlich eintreffenden Anmeldungen». Das Bild ist also nicht ganz einheitlich, die Tendenz aber klar: Die Ausbildung zur Lehrperson ist gefragt.
Dagmar Rösler ist Primarlehrerin und seit 2019 Präsidentin des Dachverbands der Lehrerinnen und Lehrer LCH. Die steigenden Studierendenzahlen seien sehr erfreulich, sagt sie. «Das ist genau das, was es braucht: möglichst viele Leute, die die Ausbildung absolvieren und in den Lehrerberuf einsteigen.»
Rösler nennt mehrere Gründe dafür, dass sich mehr Menschen für den Lehrerberuf entscheiden. Neue attraktive Angebote der PH – beispielsweise für Quereinsteiger – trügen dazu bei, ebenso die Berichterstattung über den Lehrkräftemangel und die guten Job-Perspektiven. «Lehrpersonen können sich den Job momentan aussuchen», sagt Rösler.
Hat der Lehrberuf auch wieder an Ansehen gewonnen? «Gemäss Umfragen anerkennt die Bevölkerung mehr als auch schon, welch wichtigen Beitrag die Lehrpersonen und Schulen leisten», sagt Rösler.
Auch Thomas Minder, Präsident des Verbands Schulleiterinnen und Schulleiter Schweiz, freut sich über die steigenden Anmeldezahlen. Er mahnt aber gleichzeitig: «Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.» In den nächsten Jahren werde sich zeigen, ob sich der Trend fortsetze.
Immerhin: Laut dem «Bildungsbericht 2023» haben die Eintritte an die Pädagogischen Hochschulen seit 2010 um über 30 Prozent zugenommen. Jährlich entscheiden sich demnach gut 4000 Studierende – etwa 10 Prozent aller Maturandinnen und Maturanden – für einen Studiengang an einer PH, wie es im Bericht heisst.
Nicht alle stehen danach tatsächlich vor einer Klasse. Ein Teil steigt während des Studiums aus, ein Teil verlässt den Job später. Das ist jedoch nur eine kleine Minderheit, wie Minder betont: «Es wird manchmal fälschlicherweise propagiert, dass viele Lehrpersonen aus dem Job ausstiegen. Das stimmt nicht.» Tatsächlich ist im Bildungsbericht von einer «hohen Verbleibquote im Lehrberuf» die Rede.
Doch so rasch löst das den Lehrkräftemangel nicht. Die Lage sei nach wie vor angespannt, sagt Rösler. «Sorgen macht uns, dass derzeit relativ viele ohne pädagogische Ausbildung unterrichten.»
Auch Minder sagt, die Situation sei schwierig. «Auf ausgeschriebene Stellen geht manchmal erst nach sechs, sieben Wochen eine Bewerbung ein – wenn überhaupt.» Minder beobachtet auch, dass Lehrpersonen kurzfristiger als früher eine Stelle suchen. Das sei keine gute Entwicklung, findet er: «Wer einen Job sucht, der zu ihm passt, sollte sich früh damit auseinandersetzen und sich an verschiedenen Orten bewerben.»
Entschärft wird die Lage dadurch, dass die grosse Pensionierungswelle gemäss Bildungsbericht langsam abebbt und die Studierendenzahlen steigen. Dennoch werde die Stellensituation angespannt belieben, sagt Minder. Geburtenstarke Jahrgänge würden die Nachfrage nach Lehrpersonen weiterhin auf einem hohen Niveau halten. «In den kommenden zehn Jahren müssen wir in den Schulen damit leben, nicht genügend ausgebildete Mitarbeitende zur Verfügung zu haben», sagt er.
«Das Problem wird uns noch eine Weile begleiten», sagt auch Dagmar Rösler. Das Wehklagen über den Lehrermangel: Es ist so bald nicht vorbei.
Im Kt. Zürich, dürfen nicht ausgebildete Personen nur für ein Jahr an der selben Schule eingesetzt werden (Schwachsinn). Ich kenne solche Lehrpersonen ohne Diplom. Einige haben sich nur an der PH eingeschrieben und zahlen die Studiengebühr, damit sie weiterhin als LP ohne Diplom an der Schule bleiben dürfen. Ich zweifle, dass alle die sich eingeschrieben haben auch wirklich in ein paar Jahren das Diplom abschliessen werden.